Yoga und Wein in Allmersbach am Weinberg – das geht gut zusammen
Am Samstag geben die beiden Yogalehrerinnen Jana Späth und Anna Bauer zum ersten Mal den Kurs Weinyoga in Allmersbach am Weinberg. 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer probieren dort verschiedene Weine, üben sich in Achtsamkeit und praktizieren zusammen Yoga.
Von Heidrun Gehrke
Aspach. Gaumenfreude, Genuss, Geselligkeit und Gymnastik stehen am Samstagnachmittag rund um das Wengertschützenhäusle in Allmersbach am Weinberg im Mittelpunkt. Die zwei Yogalehrerinnen Jana Späth und Anna Bauer haben dort zum ersten Mal den Kurs Weinyoga angeboten. Damit möchten sie einen Raum für Lebensfreude im Freien schaffen. „Wein verbindet Menschen“, so Anna Bauer. „Und die Weinbergkulisse ist einfach traumhaft.“
Zweimal ist der Kurs wegen Regens schon ausgefallen. Nun können die 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer endlich erleben, was es bedeutet, Yoga und Wein zu verbinden. Ob diese beiden Zutaten wirklich so gut zusammenpassen?
Der Kurs startet mit achtsamem Barfußgehen. Auf den Wein müssen die Yogis aber auch nicht lange warten. Die Achtsamkeitsübung kommt sehr gut an bei Katharina (31) und Tina (33), die ihre Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchten. Die beiden wohnen in Kleinaspach. Hier in den Weinbergen gehen sie regelmäßig spazieren, aber normalerweise nicht mit Weingläsern in der Hand. „Mit den Kindern und den Hunden sind wir viel unterwegs “, sagen sie. Doch ihre Hausstrecken einmal ganz bewusst wahrzunehmen und nicht wie sonst einfach nur abzulaufen, das ist neu für sie. „Ich lerne die Gegend gerade mit einem ganz neuen Blick kennen“, sagt Katharina.
Als sie erfahren haben, dass vor ihrer Haustür ein Weinyogaevent stattfindet, haben sie noch eine gemeinsame Freundin eingeladen: Rebecca (34) aus Murrhardt. Alle drei sind barfuß durch das Waldstück am Wengertschützenhäusle gegangen. Wie war es? „Feucht“, sagt Rebecca und lacht. „Aber nicht eklig feucht, sondern angenehm weich.“ Der Waldboden gibt nach dem vielen Regen noch an einigen Stellen nach.
„Die Natur eignet sich perfekt für Achtsamkeitsübungen mit allen Sinnen“, erklärt Kursleiterin Jana Späth. Sie ist Sozialarbeiterin, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Yogalehrerin und wohnt in Sulzbach.
Bei den drei Weinproben richtet sich die Aufmerksamkeit auf den Geruchssinn
„Konzentriert euch mal nur auf die Geräusche – versucht, fünf verschiedene Geräusche wahrzunehmen“, leitet sie das achtsame Gehen an. Und so sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erst einmal ganz still. Sie hören, wie kleine Ästchen beim Drübergehen unter den Füßen knacken, wie die Vögel in den Bäumen zwitschern und wie sich die anderen um sie herum bewegen. Gleichzeitig riechen und schmecken sie den Wein in seinen verschiedenen Nuancen. Dabei spüren sie das Gras zwischen den Zehen – oder auch mal das kurze, fiese Zwicken eines stupfigen Brombeerzweigs, der in den Weg hineinragt.
Im Hier und Jetzt von einer der drei Weinproben angekommen, richtet sich der Fokus auf den Geruchssinn. Karin Schäfer, Mitarbeiterin der Weingärtnergenossenschaft Aspach, die den Kurs begleitet, sagt etwas zu den Weinen und den alkoholfreien Varianten, lässt Aromen erraten. Als Erstes wird an einer halbtrockenen Weißweincuvée geschnuppert. „Fruchtig“, kommentiert eine Teilnehmerin die Kombination aus Riesling und der Piwi-Sorte Muscaris. „Duftig, blumig“, nimmt eine andere Frau wahr.
Das Anstoßen aktiviert bei einem Teilnehmer wieder den Hörsinn, der von der Waldübung noch ganz auf Empfang sei. Zum feinen klirrenden Ton, den die Gläser machen, sagt er: „Jetzt riecht man den Wein nicht nur, man hört ihn auch.“ Hörbar ist während der ganzen Fußtour auch das Motorknattern eines Weinmachers bei der Weinbergarbeit, der sich während der Achtsamkeitswanderung mit seinem Traktor durch die Reben bewegt. Zur Achtsamkeit gehört an diesem Tag auch die Erkenntnis, dass die geräuschvolle Arbeit im Weinberg das ganze Jahr über getan werden muss, damit die feinen Erzeugnisse aus der unmittelbaren Umgebung entstehen können.
„Bei uns darf Yoga außerdem auch lustig sein“
„Bei sich bleiben“, gibt Jana Späth als Losung aus – auch bei solchen Störgeräuschen. Um mehr gehe es gar nicht. Für manche der Anwesenden ist aber gerade das eine Herausforderung. Sie sei hier, „um mal durchzuatmen und langsamer zu tun als im Alltag“, sagt Corinna Friederich aus Weissach im Tal. „Bei mir geht alles immer full power“, erklärt die körperlich aktive Triathletin. Sie sei das krasse Gegenteil vom „Couch-Potato“ – von jemandem, der am liebsten auf dem Sofa hockt. „Hier so durch den Wald schlendern, das ist normal gar nicht mein Ding“, erklärt sie und lacht. Doch seit einem Jahr macht sie Yoga bei Anna Bauer. Die Yogalehrerin und Physiotherapeutin lebt in Backnang. „Es ist für mich ein schöner Ausgleich, der mir guttut“, sagt Corinna Friederich.
Weitere Themen
Es gebe viele verschiedene Arten, Yoga zu praktizieren und die Haltung dazu anzupassen, sagen Jana Späth und Anna Bauer. „Und das Genießen wird dabei nicht ausgeklammert“, sagt Anna Bauer. „Bei uns darf Yoga außerdem auch lustig sein.“
Lustig anzuschauen ist denn auch eine Partnerübung, bei der manche plötzlich einen Rechts- oder Linksdrall haben oder merkwürdige Schlangenlinien laufen. Aber nein, gewiss nicht wegen der maßvollen Weinprobiermenge. Das schwankende Gangbild erklärt sich mit der Aufgabe, den Partner oder die Partnerin „blind“ zu führen und mit geschlossenen Augen ein Wegstück zurückzulegen. Beim wieder Öffnen der Augen wird immer wieder die traumhafte Fernsicht gelobt.
Neu ist diese Perspektive für Marion und Ralf aus Rommelshausen, die ebenfalls nicht mit ganzem Namen in der Zeitung stehen möchten. „Wir kennen das Remstal gut, dort hat’s auch schöne Aussichtspunkte, aber hier öffnet sich der Weitblick noch mal ganz anders“, meinen sie.
Beim Kreisen des Glases passen alle auf – niemand will etwas verschütten
Und es wird immer schöner: Vor dem Wengertschützenhäusle werden die Yogamatten ausgerollt, zum weiten Blick kommt nun noch die Abendsonne. Entspannung kehrt ein, als Anna Bauer und Jana Späth im Wechsel durch die Übungen führen. Die Yogis lockern und dehnen sich – jede Muskelgruppe ist mal an der Reihe.
Für eine Übung wird das Rotweinnippen eingebunden. Und spätestens beim Kreisen mit dem Glas über dem Kopf in einer sitzenden Yogaposition ist man garantiert bei sich – man will ja nichts verschütten.
Dann ist es wieder an der Zeit, um in die Wahrnehmung hineinzugehen. Wie fühlt sich das Liegen an? Was brauchen die Füße jetzt, nach viereinhalb Stunden Achtsamkeit, Weintrinken und Yogaübungen? „Welcher Bedarf regt sich in euch?“, fragen die Yogalehrerinnen. Die Runde ist sich schnell einig: Appetit und Hunger. Niemand muss lange in sich reinhören, als alle rund um ein liebevoll hergerichtetes Fingerfoodpicknick am Tisch sitzen. Selbstverständlich gibt es dazu ein weiteres Glas Wein.