Viele Verfahren zu Daten von Kryptohandys am Landgericht

dpa/lsw Stuttgart. Nach der erfolgreichen Auswertung verschlüsselter Telefondaten ist die Zahl der Strafverfahren für Stuttgarter Richter in die Höhe geschnellt. Es seien allein in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres insgesamt 71 Prozent mehr Verfahren von den Strafkammern verhandelt worden als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, sagte Gerichtspräsident Andreas Singer am Freitag. „Diese Entwicklung ist maßgeblich auf zahlreiche Anklagen gegen die organisierte Kriminalität zurückzuführen“, erläuterte er den Trend.

Oft gehe es um „eilige Haftsachen“, regelmäßig seien gleich mehrere Menschen angeklagt. Bislang sind nach Angaben Singers schon 17 Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Provider Encrochat eingegangen, 39 Menschen wurden angeklagt. Singer zeigte sich überzeugt, dass das Landgericht noch viele Verfahren rund um die sogenannten Kryptohandys vor sich hat: „Das ist nur der Anfang“, sagte er.

Vorgeworfen werden den mutmaßlichen Tätern vor allem Rauschgift- und Waffendelikte in Kreisen der organisierten Kriminalität. Acht „Encrochat“-Strafverfahren gegen insgesamt 15 Angeklagte wurden nach Angaben des Landgerichts bislang abgeschlossen, die Kammern verhängten langjährige Haftstrafen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte im April vergangenen Jahres über Europol Encrochat-Daten mit einem Bezug zu Deutschland erhalten. Vorangegangen waren europaweite Ermittlungen zu den verschlüsselten Mobiltelefonen.

Singer bezeichnete die Provider als „Whatsapp der organisierten Kriminalität“. Die Polizei gehe davon aus, dass 90 Prozent der Nutzer von Enrcochat Kriminelle gewesen seien. „In der Kommunikation tun sich Abgründe auf. Sie öffnet einem die Augen und es stockt einem der Atem“, sagte Singer. Über die Chats würden den Ermittlern nun die Hintergründe des Marktes deutlicher, die Preise, Anteile und vor allem die Hierarchie und Hintermänner. „Gerade die saßen bislang normalerweise nicht auf unseren Anklagebänken“, sagte Singer.

Kryptohandys versprechen eine abhörsichere Kommunikation. Die Telefone haben oft nur eine spezielle Chat-App und einen Panikknopf, mit dem man alle Daten schnell löschen kann. Diese speziell präparierten Smartphones sollen über die App eine verschlüsselte und damit abhörsichere Kommunikation mit anderen Kryptohandys des gleichen Anbieters ermöglichen.

© dpa-infocom, dpa:210813-99-827456/3

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Erstellt:
13. August 2021, 10:03 Uhr

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