Zahlreiche Interessenten für die Welpen im Tierheim Großerlach

Die von der Polizei Backnang aufgesammelten Hundewelpen werden derzeit noch im Tierheim Großerlach behandelt, weil sie krank sind. Die Tierheimleiterin Marion Bentrup berichtet von einem Ansturm an Interessenten, welcher an den Nerven der Tierpfleger zerrt.

Für das Tierheim Großerlach waren die vielen Anfragen zu den Hundewelpen eine Last. Viel schwieriger zu vermitteln sind etwa die vielen Katzen, die zuhauf von Tierschützern von der Straße gerettet werden müssen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Für das Tierheim Großerlach waren die vielen Anfragen zu den Hundewelpen eine Last. Viel schwieriger zu vermitteln sind etwa die vielen Katzen, die zuhauf von Tierschützern von der Straße gerettet werden müssen. Foto: Alexander Becher

Von Anja La Roche

Großerlach. Vor über drei Wochen, hat eine Polizeimeldung viel Aufmerksamkeit im Rems-Murr-Kreis erregt: Gegen 23 Uhr ging ein Anruf ein, weil vier Hundewelpen in Allmersbach im Tal besitzerlos auf der Straße herumtapsten. Die Polizisten und Polizistinnen des Reviers Backnang eilten herbei, gabelten die Welpen auf und kümmerten sich über Nacht um die Findlinge mit Wasser, Futter und Streicheleinheiten. Am nächsten Tag brachten sie die Kleinen ins Tierheim in Großerlach. Das Polizeipräsidium Aalen postete am Tag darauf ein Foto der Beamten mit den süßen Vierbeinern. Es sei ein ganz besonderer Einsatz gewesen, hieß es. Das Foto wurde vor allem in den sozialen Medien schnell verbreitet. „Viele Leute teilen das, weil sie sich als Tierliebhaber darstellen wollen“, sagt die Tierheimleiterin Marion Bentrup.

Zu viel Aufmerksamkeit wird zur Last

Für das Tierheim war das in den vergangenen Wochen eine Last: Jeden Tag riefen mehrere Leute an, schrieben E-Mails, kamen sogar vorbei, weil sie den Welpen helfen oder sie zu sich nehmen wollten. Spenden seien hingegen keine eingegangen. „Es war gut, dass die Polizei Engagement gezeigt hat“, sagt Bentrup. „Aber es ist auch wichtig, jetzt aufzuklären.“

Während für die Hundewelpen eine regelrechte Flut an Anfragen eingegangen war, finden andere Fundtiere kaum Beachtung. „Das finden wir sehr, sehr schade, dass der Fokus in der Öffentlichkeit so stark auf den Hunden liegt“, sagt Bentrup. Die zwei Kaninchen und zahlreichen Katzen, um die sie sich derzeit kümmern, seien viel schwieriger zu vermitteln und bekämen auch in den sozialen Medien nur einen Bruchteil der Aufmerksamkeit.

Viele Menschen kontaktieren das Tierheim, bevor sie genauer nachdenken

Nichtsdestotrotz freut sich Bentrup natürlich, wenn die Welpen ein gutes Zuhause finden. Aber viele Anfragen seien offensichtlich einer Kurzschlussreaktion entsprungen und wenig hilfreich. Wenn die Mitarbeiter des Tierheims um Geduld und um das Ausfüllen eines Fragebogens gebeten haben, sind einige Interessenten schon wieder abgesprungen. Ob diese Menschen sich gut überlegt haben, was es heißt, sich um einen Hund zu kümmern, darf bezweifelt werden – zumal bei einem Tier aus dem Tierheim teilweise mit besonderen Herausforderungen gerechnet werden muss. Nicht selten wurden sie in ihrer Vergangenheit misshandelt oder vernachlässigt.

Die Welpen hatten eine Nacht in der Zelle bei der Polizei verbracht. Archivfoto: Polizei Aalen

Die Welpen hatten eine Nacht in der Zelle bei der Polizei verbracht. Archivfoto: Polizei Aalen

Sowieso ist das Tierheim dazu verpflichtet, Fundtiere mindestens 30 Tage zu behalten, falls sich doch noch der Besitzer meldet. Außerdem kommen aufgefundene Tiere erst einmal in Quarantäne, bis ihr Gesundheitszustand bekannt ist. Bei den vier Welpen aus Allmersbach stellte sich heraus, dass sie mit einem Hundecoronavirus und mit Giardien infiziert sind. Letztere lösen unter anderem Durchfall aus und können auch auf Menschen übertragen werden. Die kranken Tiere werden derzeit noch behandelt, des Weiteren wurden sie entwurmt und geimpft. Um keine anderen Hunde anzustecken, dürfen sich die Findlinge bislang nur im Innenbereich ihres Tierheimzwingers aufhalten.

Für Bentrup ist der schlechte Zustand der Welpen ein Anzeichen dafür, dass sie von einem illegalen Welpenhändler gekauft und schließlich ausgesetzt wurden – auch wenn sie dafür mit ihren fünf Monaten schon vergleichsweise alt sind. Solche illegal gehandelten Welpen würden unter schlimmsten Bedingungen im Ausland aufgezogen und ihrer Mutter früh entrissen, um sie dann mit möglichst geringen Eigenkosten zu verkaufen.

Die vier „Goldi-Welpen“ waren die ersten ausgesetzten Hunde, die abgegeben wurden

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Ein weiteres Indiz, das laut Bentrup für illegal gehandelte Welpen spricht, sind die Chips. Denn es handelt sich um andere Chips als sie normalerweise von deutschen Tierärzten eingesetzt werden. Zudem hatte sich niemand als Besitzer auf den Chips registrieren lassen, obwohl das kostenfrei möglich ist und dringend empfohlen wird.

Für das Tierheim Großerlach waren die vier „Goldi-Welpen“ die ersten ausgesetzten Hunde, die abgegeben wurden. Doch Bentrup weiß, dass das Problem an anderen Orten größer ist. In Nürnberg hat das Tierheim extra ein Welpenhaus bauen müssen, vermutlich, weil die Route der illegalen Händler dort vorbeiläuft. Auf der Website des Nürnberger Tierheims ist derzeit zu lesen: „Wir haben so viele Anfragen und können leider keine weiteren annehmen!“ Laut Bentrup würden dort teilweise sogar Drohungen eingehen, wenn sie Rassehunde bei sich aufgenommen haben.

Dass das Interesse an den geretteten Welpen so groß ist, dürfte wohl neben dem Niedlichkeitsfaktor vor allem am Geld liegen. Der Preis für einen reinrassigen Golden-Retriever-Welpen vom Züchter kann bei rund 2000 Euro liegen. Das Tierheim Großerlach verlangt hingegen 250 Euro für einen erwachsenen Hund (unkastriert), und 350 Euro für einen Welpen – obwohl das keinesfalls die Kosten deckt, die mit dem Futter, dem Aufwand und den ärztlichen Behandlungen einhergehen. Dass die Welpen aus dem illegalen Handel reinrassig sind, das bezweifelt die Tierheimleiterin sowieso. Und sie appelliert an die Hundefreunde: Ein Welpe vom Züchter, der kostet zwar was, der hat aber kein Leid erfahren.

Viel lieber erzählt Marion Bentrup, die im Dezember ihr 25-Jahr-Jubiläum als Tierheimleiterin hatte, aber von den vielen Katzen oder den beiden Kaninchen. „Das mit den Golden Retrievern passiert sehr selten“, sagt sie. Ausgesetzte Katzen oder auf der Straße geborene Katzenbabys hingegen würden ständig gefunden, oftmals mit schwerem Schicksal. Im Tierheim Großerlach werden sie dann mit viel Liebe gepflegt und auf ein besseres Zuhause vorbereitet (Beispiele siehe Infotext).

Fundtiere suchen eine Familie

Buzandi Unter den Katzen im Tierheim Großerlach befindet sich zum Beispiel ein schwarz-weißes Kätzchen namens Buzandi, inzwischen fünf Monate alt. Sie war noch im Bauch der Mutter, gemeinsam mit vier Geschwistern, als die Besitzerin in den Urlaub gefahren ist und ihr Haustier alleingelassen hat. Wegen der lauten Hungerschreie rief die Nachbarin die Polizei, gerade rechtzeitig, als die Kleinen mit Mangelerscheinungen zur Welt kamen. Die Geschwister von Buzandi haben bereits ein Zuhause gefunden. Sie ist zu einem zutraulichen, liebenswürdigen Kätzchen herangewachsen.

Maik und Fjella Die beiden Kaninchen Maik und Fjella würden laut Bentrup hervorragend in eine Familie passen. Fjella sei total zutraulich, das Albinokaninchen Maik etwas ängstlicher. Weil sie bereits aneinander gewöhnt wurden, werden sie nur gemeinsam abgegeben. Sie sind beide ungefähr ein knappes Jahr alt.

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Erstellt:
12. Januar 2024, 06:00 Uhr

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