Zehntausende protestieren gegen Rechts

Unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“ kamen am Samstag Menschen auf dem Stuttgarter Schlossplatz zusammen. Sie protestierten gegen die Entscheidung von CDU-Chef Friedrich Merz, mit den Stimmen der AfD eine Verschärfung der Migrationspolitik zu erreichen.

Wie viele Demonstranten in die Landeshauptstadt kamen, ist letztlich unklar. Aber der Stuttgarter Schlossplatz war voller Menschen.  Viele bunte Schilder und Zehntausende Teilnehmer waren bei der Demonstration auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

© Lichtgut/Christoph Schmidt

Wie viele Demonstranten in die Landeshauptstadt kamen, ist letztlich unklar. Aber der Stuttgarter Schlossplatz war voller Menschen. Viele bunte Schilder und Zehntausende Teilnehmer waren bei der Demonstration auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Von Julika Wolf

Stuttgart - Rollatoren, Kinderwagen und Rollstühle, verschiedene Sprachen, Familien, Kinder und Senioren – am Samstagabend hat sich auf dem Stuttgarter Schlossplatz eine bunte Mischung aus Zehntausenden Menschen versammelt, um gegen den Rechtsruck in der Politik und eine Zusammenarbeit mit der AfD zu demonstrieren.

Damit wollten die Veranstalter vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Baden-Württemberg „ein Zeichen für Demokratie, Zusammenhalt und den Schutz unserer Lebensgrundlagen“ setzen. Auch die Geschehnisse im Bundestag in Berlin in der vergangenen Woche spielten eine wesentliche Rolle – allen voran die Entscheidung von CDU-Chef Friedrich Merz, mit den Stimmen der AfD eine Verschärfung der Migrationspolitik zu erreichen.

Der BUND Baden-Württemberg sprach von 44 000 Teilnehmern. Die Stuttgarter Polizei äußerte sich zu den Zahlen nicht. Zur Demonstration aufgerufen hatte ein Bündnis aus mehr als 20 Organisationen und Verbänden, darunter neben dem BUND im Land der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Verdi, IG Metall, die evangelische und die katholische Kirche sowie das Bündnis Demokratie und Menschenrechte.

Gefolgt sind Menschen aus der Region Stuttgart und darüber hinaus. Frederic Greber kam mit seiner Frau Sylvia aus Remseck (Kreis Ludwigsburg). Kreativ mit selbst gebasteltem Schild. „SchMerz hör auf“, steht auf der einen Seite, „Braun im blauen Deckmäntelchen“ auf der anderen, darüber ein Bild von der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel. „Für mich war das ein sehr schwerer Tabubruch diese Woche“, sagte der 53-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auch Mira, Lisa, Alina und Desron zeigten sich wegen der aktuellen Ereignisse besorgt – und fanden deutliche Worte dafür. „Im Januar ist schon so viel Mist passiert“, sagte Lisa, die an der Universität Hohenheim studiert. „Die Demokratie hat einen Merz-Infarkt“, steht auf ihrem Plakat. Die 22-jährige Alina hat inzwischen Angst um Freunde, die keinen deutschen Pass haben oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung fürchten müssen, angefeindet zu werden. „Wir müssen ein Zeichen setzen“, sagte die 24-jährige Mira, ebenfalls Studentin in Hohenheim. „Und zeigen, dass wir viele sind.“

Ronja aus Stuttgart brachte ihre fünfjährige Tochter zur Demo mit. Der Mutter war es wichtig, dass die Kleine mitbekommt, dass so viele verschiedene Menschen friedlich zusammenkommen können. „Meine Tochter hat Migrationshintergrund“, sagt die 33-Jährige. „Ich will, dass sie weiß, dass sie kein Mensch zweiter Klasse ist“, so Ronja über ihre Hintergründe, auf die Demo zu gehen.

Auf der Bühne wiesen Rednerinnen und Redner auf die Bedeutung von Menschenrechten hin und sprachen sich für Zusammenhalt und den Schutz der Demokratie aus. Dass ausgerechnet die Naturschutzorganisation BUND zur Demonstration gegen den Rechtsruck aufgerufen hatte, erklärte die Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch so: „Nur im Rechtsstaat können Umwelt und Natur geschützt werden.“ Durch Rechtspopulismus und die Missachtung des Rechtsstaats seien die Würde des Menschen und seiner Lebensgrundlage massiv bedroht.

Furkan Yüksel, der als Bildungsreferent zu Antisemitismus und Rassismus arbeitet, stand vor einem Jahr schon mal bei einer Demonstration vor der Bühne. „Wir leben immer noch in einer Gesellschaft, in der man sich eher die Frage stellt, wie man rechtsextreme Wähler zurückgewinnt, als zu fragen, wie man Betroffene von Rechtsextremismus schützen kann“, sagte er. Und fügte hinzu: „Das muss sich ändern.“

Auch Vertreter der Kirchen äußerten sich auf der Bühne. „Unser Kreuz hat keine Haken“, sagte Karin Schieszl-Rathgeb, Ordinariatsrätin Diözese Rottenburg-Stuttgart. Kai Burmeister, Vorsitzender des DGB im Land, appellierte an alle in der CDU: „Sie haben Verantwortung in diesem Land. Bekennen sie sich zur Brandmauer und seien sie nicht Brandstifter.“

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Erstellt:
2. Februar 2025, 22:12 Uhr
Aktualisiert:
3. Februar 2025, 21:58 Uhr

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