Zeichen setzen gegen den Wegwerftrend
Serie: Unser ökologischer Rucksack (5) Klimafamilie Sator versucht im Repair-Café kaputte Geräte zu reparieren
Kaputte Elektrogeräte reparieren oder neu kaufen? Klimafamilie Sator versucht Ersteres, besucht ein Repair-Café in Weissach im Tal und bringt ein Nachtlicht, einen Verstärker und eine Nähmaschine zu den Reparateuren.
Von Silke Latzel
BACKNANG/WEISSACH IM TAL. Reparieren statt wegwerfen – das ist das Motto der sogenannten Repair-Cafés. Den Menschen dort geht es darum, Laien mit ihren kaputten Geräten zu helfen, wenn eine Reparatur im Fachgeschäft entweder zu teuer wäre oder gar nicht erst angeboten wird, weil sie zu aufwendig ist. Die häufige Folge dieser Praxis ist nämlich, dass Geräte, bei denen vielleicht nur ein minimaler Schaden entstanden ist, weggeworfen werden, die Kunden kaufen ein neues Gerät – und zurück bleibt ein immer größer werdender Haufen Elektroschrott (siehe Infokasten).
Für die fünfte Folge der Serie „Unser ökologischer Rucksack“, die sich mit dem Thema Konsum befasst, besucht Klimafamilie Sator deshalb mit mehreren kaputten Geräten das Repair-Café im Klima-Kultur-Zentrum in Weissach im Tal. Viele Dinge repariert Benedikt Sator zwar schon selbst, aber eine Nähmaschine, ein Verstärker und ein Nachtlicht von Tochter Jule haben auch ihn an seine Grenzen gebracht.
„Es ist gut, eine Anlaufstelle zu kennen, wenn etwas kaputt geht“
Wer ins Repair-Café kommt, muss zunächst einmal eine Nummer ziehen – denn wer zuerst da ist, dem wird zuerst geholfen. Die insgesamt sieben ehrenamtlichen Reparateure im Café haben größtenteils einen technischen Hintergrund, sie sind Ingenieure, Elektriker oder auch Nachrichtentechniker. „Jeder bringt seine Fähigkeiten und sein Werkzeug mit“, sagt Silke Müller-Zimmermann, eine der Ansprechpartnerinnen im Café. Die Reparateure schauen sich die kaputten Geräte an, geben Tipps, nehmen selbst Schraubendreher, Zange und Co. in die Hand und bestellen in speziellen Fällen sogar Ersatzteile – die dann beim nächsten Treff am entsprechenden Gerät ausgetauscht werden. „Unsere Erfolgsquote liegt für elektronische Probleme bei 20 bis 30 Prozent, bei mechanischen Defekten können wir über 50 Prozent lösen. Von einem Häcksler bis zu einer Heißmangel hatte wir schon alles. Und oft kostet ein Ersatzteil nur ein paar Euro, während eine Neuanschaffung viel teurer wäre“, so Müller-Zimmermann.
Während Benedikt Sator und Reparateur Helmut Streibich die kaputten Geräte der Klimafamilie begutachten, zieht es Michaela Sator mit Tochter Jule zunächst einmal in den Secondhand- und Upcycling-Bereich des Klima-Kultur-Zentrums. Die beiden Männer nehmen sich als Erstes den Verstärker vor. „Er schaltet sich immer wieder von allein ab. Und man hört es klackern. 15 Jahre lang war alles okay und dann hat es plötzlich angefangen“, beschreibt Benedikt Sator das Problem. Streibich hat einen Verdacht, kann das Problem allerdings nicht nachstellen, da keine Lautsprecherboxen im Repair-Café stehen, an die man den Verstärker anschließen könnte.
Das Nachtlicht hingegen wird mit einer – im wahrsten Sinne des Wortes – Handumdrehung so weit repariert, dass nur die abgefallene Klappe wieder angeklebt beziehungsweise die Öffnung überklebt werden muss, und schon leuchtet es wieder.
Schwieriger wird es bei der Nähmaschine. „Der Motor läuft, aber die Nadel verklemmt sich einfach immer nach ein paar Sekunden“, sagt Benedikt Sator. Ein Versuch von ihm, sie daheim zu reparieren, ist schon gescheitert. Die Maschine ist schon einige Jahre alt, eine Betriebsanleitung nicht mehr vorhanden – auch nicht online. „Das macht das Ganze natürlich ungleich schwerer“, so Streibich. Die Männer nehmen die Maschine auseinander, setzen sie wieder zusammen – doch das Problem besteht nach wie vor. Nach über einer Stunde geben sie auf. Benedikt Sator nimmt es mit Humor: „Ich bin eigentlich ganz froh, dass das keine schnelle und einfach Sache ist, sonst hätte ich mich jetzt echt blöd gefühlt“, sagt er lachend. Und immerhin: Sie haben es versucht.
Familie Sators Fazit: „Auch wenn unsere beiden großen Geräte nicht repariert werden konnten, ist das Café als Treffpunkt eine super Sache, und wir finden es faszinierend, wie viel Zeit, Energie und Herzblut die Ehrenamtlichen da reinstecken. Außerdem ist es gut, eine Anlaufstelle zu kennen, falls etwas kaputt geht und wir Hilfe benötigen.“ Michaela Sator lobt ausdrücklich ihren „Ausflug“ in den Secondhand- und Upcycling-Bereich. „Zwar achten wir darauf, Jules Klamotten, die zu klein geworden sind, an Freundinnen weiterzugeben oder ins Soziale Warenkaufhaus in Backnang zu bringen und bekommen auch häufig von meiner Cousine die abgelegten Kleider ihrer Tochter, aber dennoch gibt es hier sicher noch Potenzial. Alte Pullis und Hemden von uns wurden schon häufig zu Kleidern oder Röcken für Jule umgenäht. Aber im Upcycling-Café gab es wahnsinnig viele kreative Ideen zu bewundern, etwa Obstnetze aus alten Gardinen, Weinverpackungen aus den Ärmeln eines Hemdes... Echt spannend.“
In der Serie „Unser ökologischer Rucksack“ beleuchten wir die einzelnen Komponenten der CO2-Bilanz genauer und suchen nach alltagstauglichen Möglichkeiten, die persönliche Klimabilanz zu verbessern.
Laut des „Global E-waste Monitors“ entstanden im Jahr 2017 rund 44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott. Diese enthalten laut UN Rohmaterialien im Wert von schätzungsweise 55 Milliarden Euro.
Pro Kopf werden weltweit etwa sechs Kilo Elektromüll jährlich produziert, allerdings zeigt sich hier von Kontinent zu Kontinent ein sehr unterschiedliches Bild. Ein Mensch in Deutschland produziert im Durchschnitt 22,8 Kilo Elektromüll, ein Mensch auf dem afrikanischen Kontinent weniger als zwei Kilo.
Die Europäische Kommission will deshalb jetzt bei den Herstellern ansetzen. Verbraucher sollen ihre Geräte leichter reparieren lassen können.
Weitere Infos zum Weissacher Repair-Café, zum Secondhand-Bereich und dem Upcycling-Café gibt es unter www.klimaschutzweissachimtal.de.
Unter www.klik-co2.de/html/repair-cafes.html gibt es eine Auflistung von Repair-Cafés im Rems-Murr-Kreis.