Kollision zweier Schiffe

Zeit drängt: Droht eine Umweltkatastrophe in der Nordsee?

Nach der Kollision zweier Schiffe auf der Nordsee ist die Suche nach einem vermissten Crew-Mitglied eingestellt worden. Die Sorge vor einer Umweltkatastrophe ist groß.

Der Frachter „Solong“ steht nach der Kollision mit der „Stena Immaculate“ noch immer in Flammen und treibt führerlos in Richtung Süden.

© Dan Kitwood/Getty pool/AP/dpa

Der Frachter „Solong“ steht nach der Kollision mit der „Stena Immaculate“ noch immer in Flammen und treibt führerlos in Richtung Süden.

Von Markus Brauer/dpa

Als sich die ganz dichten Rauchschwaden über den riesigen Schiffswracks vor der englischen Nordseeküste verzogen haben, werden die Schäden sichtbar: An der Backbordseite des Öltankers „Stena Immaculate“ klafft ein riesiges Loch, Gas und Flüssigkeiten scheinen an verschiedenen Stellen auszutreten, wie auf Luftaufnahmen der BBC einen Tag nach dem Zusammenstoß mit dem Frachter „Solong“ zu sehen ist.

Der Brand auf dem Tanker sei wohl gelöscht, sagt der zuständige britische Unterstaatssekretär Mike Kane bei einer Erklärung am Dienstagnachmittag (11. März) im Parlament in London. Der Frachter stehe hingegen noch immer in Flammen und treibe führerlos in Richtung Süden.

„Modellrechnungen legen nahe, dass die ‚Solong‘, falls sie weiterhin schwimmt, in den nächsten Stunden nicht auf Land zutreiben wird“, berichtet Kane. Er fügt aber hinzu, die Küstenwache schätze es als unwahrscheinlich ein, „dass das Schiff schwimmfähig bleibt“. In Luftaufnahmen der BBC ist zu sehen, dass der Frachter weitgehend ausgebrannt war.

Vier Bergungsschiffe sind auf dem Weg

Das niederländische Bergungsunternehmen Boskalis ist mit der Bergung des brennenden Öltankers „Stena Immaculate“ vor der britischen Küste beauftragt worden. Vier Schiffe mit Löschmaterial seien unterwegs zur Unglücksstelle, teilt ein Sprecher von Boskalis mit. „Wir müssen erst kühlen und sorgen, dass die Temperatur auf dem Schiff unter ein bestimmtes Niveau sinkt, und dann können wir einen Versuch wagen, um zu löschen.“

Kollision nahe der englischen Hafenstadt Hull

Einen Tag nach der Kollision der beiden Schiffe ist das Feuer am Unglücksort weiterhin nicht gelöscht, wie der Chef der Hafenbehörde in Grimsby, Martyn Boyers, am Dienstag (11. März) mitteilt.

Der Zusammenstoß zwischen dem Öltanker und dem von einer deutschen Reederei Ernst Russ betriebenen Frachtschiff hatte sich am Montagmorgen (10. März) nahe der Hafenstadt Hull in der ostenglischen Grafschaft East Yorkshire ereignet.

Tanker von zahlreichen Explosionen erschüttert

Der Betreiber des Öltankers, die schwedische Reederei Stena Bulk, spricht nach dem Unglück von „zahlreichen Explosionen“, infolge derer die Crew das Schiff verlassen habe. Nach Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley mit Sitz in Florida wurde auch ein mit Kerosin gefüllter Tank durch den Aufprall beschädigt.

Der Öltanker hatte demnach vor der Nordseeküste nahe der Hafenstadt Hull geankert, als er von er von der „Solong“ gerammt wurde. Die britische Küstenwache leitete daraufhin einen Großeinsatz zur Rettung der Besatzungen und zur Löschung der Brände ein. Aus dem Tanker leckt weiterhin Kerosin.

36 Matrosen gerettet, einer vermisst

Die „Solong“ war auf dem Weg nach Rotterdam. Wie die britische BBC unter Berufung auf die Küstenwache berichtet, wurde die Suche nach dem einzigen vermissten Crew-Mitglied abgebrochen.

Insgesamt 36 Besatzungsmitglieder des Öltankers und des Containerschiffs seien sicher an Land gebracht worden, ein Mensch sei ins Krankenhaus gekommen. Die Sorge vor einer Verschmutzung der Nordsee bleibt derweil groß.

Tanker mit Treibstoff für US-Militär

Der BBC zufolge hatte der vor Anker liegende Tanker Treibstoff für das US-Militär geladen. Die „Stena Immaculate“ fährt unter US-Flagge, die „Solong“ unter portugiesischer. Nach Informationen der BBC war der Tanker eines von mehreren Schiffen, die im Rahmen eines sogenannten Tanker-Sicherheitsprogramms der US-Regierung sicherstellen sollen, dass das Militär Transporte durchführen kann.

Die „Solong“ soll mehrere Behälter mit Natriumcyanid geladen haben. Ob davon etwas ins Wasser gelangte, ist unklar. Natriumcyanid ist eine giftige Substanz, die das Ökosystem belasten kann.

Sorge vor schweren Schäden für die Umwelt

Sollte der Frachter auf Grund laufen oder sinken, wird befürchtet, dass Schiffsdiesel austreten und schwere Umweltschäden anrichten könnte. Die in Hamburg ansässige Reederei Ernst Russ, der das Schiff gehört, hatte inzwischen jedoch Berichte dementiert, wonach es mehrere Behälter mit dem giftigen Natriumcyanid geladen hatte. Unklar blieb, welche anderen Güter das Schiff transportierte.

Ungewiss war auch, wie viel der 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Flugzeugtreibstoff, die an Bord der «Stena Immaculate» waren, ins Meer gelangt sein könnten. Der Treibstoff war den Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley zufolge auf 16 Tanks verteilt, von denen mindestens einer bei dem Zusammenstoß beschädigt wurde.

Zum Artikel

Erstellt:
11. März 2025, 11:24 Uhr
Aktualisiert:
11. März 2025, 18:34 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen