Zoo Karlsruhe
Eisbär-Nachwuchs fängt an zu krabbeln
„Oh wie süß!“ werden wohl viele beim Anblick der ersten Bilder denken. Gut zwei Monate ist das Eisbärchen alt. Der Karlsruher Zoo erklärt, warum es aber erstmal noch abgeschirmt bleibt.
Von red/dpa
Gut zwei Monate nach der Eisbären-Geburt hat der Karlsruher Zoo erste Fotos und ein Video vom Nachwuchs veröffentlicht. Der kleine Eisbär tapst darin durch das Stroh im Außenbereich der Wurfhöhle - gut behütet von Mutter Nuka, die ihn auch säugen lässt. Das Jungtier habe sich prächtig entwickelt, sagte Zoodirektor Matthias Reinschmidt einer Mitteilung zufolge. „Jetzt sind wir sehr viel optimistischer, dass es durchkommt.“
Nuka hatte am 2. November zwei Jungtiere zur Welt gebracht. Es war für die damals sieben Jahre alte Eisbärin die erste Geburt. Die ersten Bilder des Babys hat der Zoo nun unter anderem auf seiner Facebook-Seite präsentiert.
„Ich bin mir sicher, jeder findet diese Aufnahmen des kleinen Eisbären süß, nett und goldig“, sagt Reinschmidt darin. Der Zoo wolle jetzt die Chance nutzen, auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Eisbären seien dafür die idealen Botschafter. „Wir müssen alles dafür tun, dass der Klimawandel gestoppt wird“, appelliert Reinschmidt. „Damit’s eben dieses Eis in der Arktis auch noch in hundert Jahren gibt und somit den Lebensraum unserer Eisbären.“
Ein Jungtier tot
Lange war der Zoo in Sorge gewesen, weil Nuka für die Geburt nicht in die vorbereitete Innenhöhle gegangen war, sondern die Kleinen in einer Halbhöhle auf der Außenanlage zur Welt brachte. Eines der Jungtiere ist den Angaben nach wahrscheinlich in den ersten Tagen gestorben.
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Um Nuka und den Nachwuchs vor möglichen Störungen zu schützen, riegelte der Zoo die Anlage ab. Die Eisbärin hätte ihre Jungtiere in einer solchen Situation sonst womöglich aufgefressen. Der Zoo hatte vor Silvester auch appelliert, auf Knaller und Feuerwerk in unmittelbarer Nähe zu verzichten.
Zoo-Mitarbeiter verfolgten das Geschehen in dem Gehege nur über Webcams und schlossen vor allem von den Geräuschen darauf, dass ein Jungtier lebte. Auch Besucherinnen und Besucher konnten die Tiere bislang nicht sehen.
Eisbär-Baby bleibt abgeschirmt
Auch in den kommenden Wochen soll der Bereich rund um die Anlage abgesperrt bleiben, kündigte der Zoo an. „Wir geben Mutter- und Jungtier die notwendige Zeit“, erklärte Direktor Reinschmidt. „In der Natur kommen die Jungtiere erst nach drei bis vier Monaten aus der Schnee- und Eishöhle. Auch unser Jungtier verlässt die Halbhöhle auf der Außenanlage noch nicht.“
Die Tierpfleger hätten vor einigen Tagen angefangen, wieder direkt an die Anlage zu gehen und das Muttertier langsam wieder zuzufüttern. „Diesen Kontakt halten wir aber noch sehr gering“, sagte Reinschmidt. Nuka sei sehr entspannt. Während der Aufzucht können Eisbär-Mütter fasten und von Reserven zehren. Auf Facebook hatte der Zoo immer wieder über den Stand der Dinge informiert - soweit sich das aus den Videoaufnahmen ableiten ließ.
Weil die Mitarbeiter nicht näher an die Eisbären herangehen, kennen sie das Geschlecht des Jungtiers noch nicht, wie Sprecher Timo Deible sagte. Eine erste Untersuchung durch den Tierarzt sei frühestens in einigen Wochen möglich. „Erst dann wird es einen Namen geben.“
Geburt ist seltener Glücksfall
Vater Kap lebt seit Monaten in einer separaten Anlage, ihn können Zoogäste sehen. Da männliche Eisbären auch ihre eigenen Jungtiere töten, bleibe er weiterhin getrennt von Nuka und dem Nachwuchs. „Eisbären sind von Natur aus Einzelgänger, daher ist das kein Problem“, sagte Reinschmidt.
Der Zoo hatte immer wieder betont, dass eine Überlebenswahrscheinlichkeit eher gering sei. Eisbären hätten sowohl in der Natur als auch im Zoo eine sehr hohe Jungensterblichkeit, nicht jeder Wurf komme durch. Auch unter optimalen Bedingungen sterben nach früheren Angaben etwa 50 Prozent aller in Zoohaltung geborenen Eisbärbabys.
Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) hatte die Geburt eines Eisbären im Zoo als Glücksfall bezeichnet, weil sie selten sei. Zuletzt war etwa im April 2023 im Hamburger Tierpark Hagenbeck ein Junges zur Welt gekommen. 2021 hatte sich der Rostocker Zoo über die Geburt von gleich zwei der bedrohten Tiere gefreut. In Österreich, der Schweiz und Deutschland sind laut VdZ in den vergangenen zehn Jahren in neun Zoos 13 Eisbärbabys aufgewachsen.
In Deutschland halten zehn Zoos Eisbären. 2006 wurde Eisbär Knut als Handaufzucht im Zoologischen Garten in Berlin zum Publikumsliebling. Dass Menschen Eisbären-Junge in ihre Obhut nehmen und aufziehen, ist heute im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) jedoch nicht mehr vorgesehen.
Gute Gene
In der Natur gibt es weltweit noch etwa 20.000 bis 25.000 der Tiere. Der Eisbär gilt laut Roter Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „gefährdet“, wie der Karlsruher Zoo betonte. „In der Natur ist die Art durch den Klimawandel und das damit schwindende Eis, aber auch die verstärkte Förderung von Erdöl und Erdgas in den arktischen Regionen gefährdet“, hieß es dazu.
Nuka wurde 2016 im Aalborg Zoo in Dänemark geboren. Sie kam im März vergangenen Jahres im Rahmen des EEP aus Belgien nach Karlsruhe. Kap, der 2000 in Moskau auf die Welt kam, gilt der Mitteilung zufolge als einer der genetisch besonders wertvollen Eisbären in dem Zuchtprogramm. Er hatte sich zuvor nur einmal in Hamburg fortgepflanzt. Im April paarte er sich mit Nuka.
„Bei Eisbären nisten sich befruchtete Eizellen nicht gleich ein, es kommt zu einer sogenannten Keimruhe“, erklärte der Zoo. Erst im Herbst niste sich die befruchtete Eizelle in der Gebärmutter ein. Meist seien die Weibchen nur etwas mehr als zwei Monate trächtig, bis sie dann ein oder zwei noch sehr gering entwickelte Jungtiere zur Welt bringen, die etwa so groß wie Meerschweinchen seien.