Zugvögel in Umzugskartons: Hilfe für Waldrappe gen Süden
dpa Überlingen/Bozen. Trotz Kälte und Schnee wollen sich die Waldrappe am Bodensee nicht auf den Weg in ihr Winterquartier machen. Also helfen ihre Betreuer nach: Gut verpackt im Auto geht es gen Süden.
Den Abflug nach Süden hat die Waldrapp-Kolonie am Bodensee verpasst - nun sind einige der Zugvögel in Umzugskartons mit dem Auto über die Alpen gebracht worden. „Die kann man stapeln, und es ist genügend Platz für die Tiere“, sagte der Projektleiter des für die Wiederansiedlung zuständigen Waldrappteams, Johannes Fritz, am Montag. In einem Van habe er 18 Waldrappe am Wochenende nach Bozen in Südtirol gebracht, von dort aus sollen die Tiere selbstständig weiter gen Süden in ihr Winterquartier fliegen.
„Wir sind auf Nummer sicher gegangen“, sagte Projektleiter Fritz. Aus allen anderen Brutkolonien hätten sich Waldrappe auf den Weg nach Süden gemacht, nur in Überlingen hätten die 30 Tiere den Abflug nicht geschafft. Nachdem im Jahr 2014 ein heftiger Wintereinbruch zum Tod mehrerer Waldrappe in der Salzburger Kolonie geführt habe, habe das Team dieses Mal nichts riskieren wollen, sagte Fritz. Dass die Überlinger Waldrappe nun Starthilfe bräuchten, sei zwar „unverhofft“. „Aber wir erleben damit hautnah die Effekte des Klimawandels.“
Diese Woche sollen weitere zwölf Waldrappe mit dem Auto nach Süden gebracht werden, darunter sechs Jungtiere. „Die können wir aber nicht ohne Equipment einfangen, weil sie nicht wie die erwachsenen Tiere auf die menschliche Ziehmutter geprägt sind“, sagte Fritz. Für den Fang vor dem Transport komme daher eine Expertin an den Bodensee.
Die gänsegroßen Waldrappe lebten bis ins 17. Jahrhundert im Alpen- und Mittelmeerraum, unter anderem auch an Felswänden in Überlingen. Dann wurden ihnen Vogeljäger zum Verhängnis. Heute sind die Zugvögel in freier Wildbahn praktisch ausgestorben. Das Waldrappteam hat sich die Wiederansiedlung der Tiere in vier Brutkolonien zum Ziel gesetzt.
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