Zwei Jahre und acht Monate Haft für geplanten Amoklauf

Die Oberbürgermeisterin von Fellbach kritisiert das Urteil des Stuttgarter Landgerichts als zu schwach.

Das Landgericht Stuttgart hat jetzt das Urteil gesprochen.Symbolfoto: Alexander Becher

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Das Landgericht Stuttgart hat jetzt das Urteil gesprochen.Symbolfoto: Alexander Becher

Von Heike Rommel

Fellbach/Waiblingen. Zwei Jahre und acht Monate Gefängnis, so lautet das Urteil des Stuttgarter Landgerichts über die mutmaßliche Amokläuferin (wir berichteten). Am Ende konnte keiner sagen, ob es tatsächlich zu Anschlägen auf das Fellbacher Rathaus und das Waiblinger Amtsgericht gekommen wäre.

Bei der schriftlichen Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten ist es im Fall der 25-Jährigen nicht geblieben, denn sie hat als Bewohnerin einer Fellbacher Sozialunterkunft auch noch Waffen gekauft und Schwarzpulver für Rohrbomben hergestellt. Dahinter kamen zwei Umzugshelferinnen, welche die 25-Jährige wegen Problemen mit Mitbewohnern auf Geheiß der Stadt Fellbach in einer Containerunterkunft unterbringen sollten.

Nicht psychisch krank und damit voll schuldfähig: Mit diesem psychiatrischen Gutachten schloss Hermann Ebel eine Einweisung der 25-Jährigen in den Maßregelvollzug aus und in diesem Sinn erging auch das Urteil der 18. Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Kathrin Lauchstädt. Die Kammer hatte eine junge Frau vor sich, die erst gegen Ende des Prozesses ihr Schweigen brach. Richterin Lauchstädt blickte bei der Urteilsbegründung auf sehr schwierige Familienverhältnisse zurück, die dazu führten, dass die Verurteilte schon in der Kindheit in sozialen Einrichtungen lebte. Ohne Familie und Freunde, als Einzelgängerin in der Schule gemobbt, schaffte sie den Realschulabschluss, fand aber keine Berufsausbildung und keine Arbeit.

Viel Zeit, keine Tagesstrukturierung, keine Beschäftigung: So baute sich bei der 25-Jährigen immer mehr Wut gegen Behörden auf. Über einen weitaus älteren Fellbacher Rathausmitarbeiter, der wegen Stalkings aus verschmähter Liebe vor dem Waiblinger Amtsgericht Gewaltschutz erwirkt hat und der in Stuttgart als Belastungszeuge auftrat, verlor die 25-Jährige kein Wort. Was das Landgericht jedoch vom Waiblinger Strafgericht in sein Urteil einbezogen hat, war, dass die Frau unter Bewährung einer Seniorin in den Rücken gesprungen ist, nur weil diese zu viel Platz auf dem Gehweg in Anspruch genommen hatte. Auch bei einem Diebstahl in einem Laden war es körperlich geworden. Die Kammer schloss auf eine sich entwickelnde Gewaltbereitschaft.

Zwei Schreckschusswaffen, zwei Gaspistolen, Harpunen, eine Machete, Hieb- und Stichwaffen, eine Zielscheibe zum Üben und Schutzwesten für den eigenen Körper hatte sich die 25-Jährige schon zugelegt – neben allem, was sich zum Bau von Rohrbomben eignet –, als sie im Oktober im Zentrum für Psychiatrie Winnenden festgenommen wurde. In die Psychiatrie hatte sie sich damals selbst eingewiesen.

„Nutzen Sie die Möglichkeit, sich in der Haft weiterzubilden“, zeigte Richterin Lauchstädt der Verurteilten Hilfsmöglichkeiten im Frauengefängnis Schwäbisch Gmünd auf. Sie habe eine überdurchschnittliche Intelligenz, die für Besseres genutzt werden könne, als rechtsextreme Literatur zu lesen und mit Amokläufern wie Pekka-Eric Auvinen zu sympathisieren. Alles in allem sei für die Verurteilte alles noch einmal glimpflich abgegangen. Vor dem Hintergrund eines „phantastgeprägten Bildes“ über das Rathaus Fellbach und Amtsgericht Waiblingen sei es zu keiner Tat gekommen. Keiner könne sagen, ob aus den zahlreichen Notizbüchern mit akribischen Eintragungen und einem „Tag X“, der immer wieder verschoben wurde, tatsächlich ein Anschlag geworden wäre.

Kritik am Urteil

Zu geringe Strafe Die Oberbürgermeisterin der Stadt Fellbach, Gabriele Zull, kritisiert das Strafmaß als zu gering. „Wir begrüßen, dass das Landgericht die Voraussetzungen zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat als erfüllt angesehen hat und der Haftbefehl damit weiter besteht. Allerdings bleibt das Strafmaß angesichts dessen, was als Straftat sehr konkret geplant war, deutlich hinter unseren Erwartungen zurück.“

Sorge um Sicherheit Die Straftäterin habe sich in den Verhandlungen nicht von ihrem Vorhaben distanziert, so Zull. „Wir müssen in der Stadtverwaltung und auch mit der Polizei klären, wie mit der Situation umzugehen ist, wenn die Straftäterin wieder auf freien Fuß kommt. Zum Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen haben wir bereits verschiedene Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt, die wir weiterentwickeln werden.“

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Erstellt:
6. Juni 2024, 06:00 Uhr

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