Germanwings-Absturz in den Alpen

Zwei unterschiedliche Erzählungen des Unglücks

Am 24. März jährt sich der tragische Absturz des Germanwings-Flugs 9525 in den französischen Alpen zum zehnten Mal. Zum Jahrestag des Unglücks rollen zwei Doku-Reihen die Ereignisse erneut auf. Eine der beiden Serien setzt dabei allerdings fragwürdige Schwerpunkte.

Unfallstelle oberhalb der Stadt Seyne-les-Alpes: Im kontrollierten Sinkflug steuerte der Flug 9525 in ein Bergmassiv in Südfrankreich.

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Unfallstelle oberhalb der Stadt Seyne-les-Alpes: Im kontrollierten Sinkflug steuerte der Flug 9525 in ein Bergmassiv in Südfrankreich.

Von Jannik Hiddeßen

Es ist einer der tragischsten Vorfälle der jüngeren Luftfahrtgeschichte. Am 24. März 2015 kollidiert ein Passagierflugzeug der Lufthansatochter Germanwings in den französischen Alpen mit einem Bergmassiv. 150 Menschen kommen dabei ums Leben. Untersuchungen des Vorfalls ergeben, dass der Co-Pilot Andreas Lubitz das Flugzeug auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich in den Sinkflug und damit auf Kollisionskurs gebracht hatte.

Zum Jahrestag des Unglücks beschäftigen sich nun zwei neue Dokuserien mit den Umständen des Absturzes. Bereits Ende Januar widmete die ARD dem Ereignis eine Staffel ihres True Crime-Formats „Crime Time“. In vier Folgen erzählt die WDR-Produktion die Geschichte des Unglücks und seiner Aufarbeitung. Ein ähnliches Format wählt auch der Privatsender Sky für seine dreiteilige Dokureihe „Germanwings – Was geschah an Bord von Flug 9525?“, die ab diesem Freitag bei Sky und auf dem Streamingdienst Wow zu sehen sein wird.

ARD und Sky mit unterschiedlichen Schwerpunkten

Die Ausgangslage der beiden Serien ist ein ähnliche, die Ergebnisse allerdings sehr unterschiedlich. Die ARD-Dokumentation „Der Germanwings-Absturz. Chronologie eines Verbrechens“ macht das, was der Titel vermuten lässt. Ziemlich nüchtern erläutert sie, was am 24. März 2015 geschehen ist und wie das Unglück von den Behörden aufgearbeitet wurde. Viel Raum nimmt dabei die Sicht der Angehörigen der Opfer ein, die über ihre Wut und Trauer sprechen und erklären, wo sie Lücken in der Aufarbeitung der Ereignisse sehen. Auf Letzteres geht auch die Sky-Produktion ausführlich ein, lässt dabei aber wichtige Aspekte aus und verläuft sich in der Suche nach einer alternativen Ursache des Absturzes.

Worum geht es? Im März 2017, am zweiten Jahrestag des Absturzes, präsentierte der Luftfahrtjournalist Tim van Beveren gemeinsam mit dem Vater des Co-Piloten Lubitz ein Gutachten, in dem er Zweifel an der offiziellen Erklärung des Vorfalls formulierte. Laut van Beveren sei nicht zu beweisen, dass Andreas Lubitz das Flugzeug in suizidaler Absicht in den Berg gelenkt hätte. Als alternative Erklärung sieht das Gutachten einen technischen Defekt des Flugzeugs. Die allermeisten Flugfahrtexperten lehnen diese Argumentation aber ab.

Dennoch konzentriert sich die Doku-Serie von Sky auf diese alternative Erklärung des Vorfalls. Neben Tim van Beveren kommt auch der Luftfahrtjournalist Simon Hradecky ausführlich zu Wort. Der Herausgeber des Branchenmagazins „Aviation Herald“ wird begleitet, wie er nach einer möglichen technischen Ursache des Absturzes sucht. Sein Szenario ist jedoch zumindest unwahrscheinlich: Nach einer Verkettung verschiedener technischer Defekte, hätte der Co-Pilot just in dem Moment ohnmächtig werden müssen, in dem der Pilot das Cockpit verließ.

Aspekte die gegen das Narrativ der Doku sprechen, sparen die Produzenten großzügig aus. So fand zum Beispiel die Erkenntnis der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, dass Andreas Lubitz in den Tagen vor seiner Tat im Internet zunächst nach Suizidmethoden und dann nach der Funktionsweise der Cockpittür gesucht hatte, kaum Aufmerksamkeit.

Die Doku-Serie der ARD hingegen beschäftigt sich intensiv mit der Vorgeschichte des Co-Piloten, spricht mit Menschen, die an der Aufklärung des Unglücks beteiligt waren und zweifelt letztlich nicht daran, dass der erweiterte Suizid von Andreas Lubitz die einzig plausible Erklärung des Absturzes ist.

Dabei geht auch diese Doku-Reihe durchaus kritisch mit der Aufarbeitung durch die Behörden und die Lufthansa um. Anstatt sich in Verschwörungstheorien zu verstricken, wirft sie einen Blick auf systemische Probleme, wie den Umgang der Flugbranche mit dem Thema Mental Health.

Außenseitermeinung zu Germanwings-Absturz

Die Theorien von van Beveren und Hradecky werden in der Doku zwar zu keinem Zeitpunkt als bewiesen dargestellt, durch ihre prominente Erwähnung werden sie dennoch legitimiert. Es entsteht der Eindruck, man habe es hier mit einer umstrittenen Frage zu tun, zu der es eben zwei Meinungen gebe. Hradecky und van Beveren sind mit ihren Annahmen allerdings Außenseiter. Der Großteil der Luftfahrtexperten hegt keine Zweifel am Suizid von Lubitz.

Im Abspann der Sky Doku-Reihe wird erwähnt, dass die ermittelnden Behörden, sowie Airbus und die Lufthansa nicht zu Statements gegenüber den Produzenten bereit gewesen seien. Liegt das daran, dass den Organisationen die Schwerpunktsetzung der Produktion bekannt war? Die Serie hätte von ihren Perspektiven aber sicherlich profitiert.

Zwei Dokus zum Jahrestag des Absturzes

Das Schicksal von Flug 9525Die ARD-Dokureihe „Der Germanwings-Absturz. Chronologie eines Verbrechens“ lässt sich in der ARD Mediathek streamen. „Germanwings – Was geschah mit Flug 9525?“ ist ab dem 14. März bei Sky und auf dem Streamingdienst Wow zu sehen.

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Erstellt:
13. März 2025, 10:16 Uhr
Aktualisiert:
13. März 2025, 11:06 Uhr

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