In Auenwald geht’s in die zweite Runde

Bürgermeisterwahl Auenwald: Im ersten Wahlgang erhielt keiner der vier Kandidaten die absolute Mehrheit. Amtsinhaber Karl Ostfalk ist mit seinen 41 Prozent zutiefst enttäuscht, Kai-Uwe Ernst und Matthias Bacher machen sich in 14 Tagen Hoffnungen.

Auenwalds Schultes Karl Ostfalk musste erkennen, dass ihm zu viele Bürger im ersten Wahlgang die Gefolgschaft verweigerten. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Auenwalds Schultes Karl Ostfalk musste erkennen, dass ihm zu viele Bürger im ersten Wahlgang die Gefolgschaft verweigerten. Foto: J. Fiedler

Von Florian Muhl

AUENWALD. Die Überraschung bei der gestrigen Bürgermeisterwahl in Auenwald ist groß. Zwar hatten viele Gemeinderäte einen zweiten Wahlgang für möglich gehalten. Aber dass Amtsinhaber Karl Ostfalk so wenige Stimmen auf sich vereinigen konnte, damit hätte in der Gemeinde kaum jemand gerechnet.

Es ist 19.06 Uhr, als Hauptamtsleiterin Yvonne Bader, die gleichzeitig auch stellvertretende Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses ist, ans Mikrofon tritt und das Ergebnis verkündet, das auch per Livestream in die Wohnstuben der Gemeinde übertragen wird. Von den 5583 wahlberechtigten Bürger haben 3666 abgestimmt. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 66,7 Prozent. Das ist ordentlich, aber nicht überragend.

Für Karl Ostfalk stimmten 1508 Wähler und damit 41,1 Prozent, verkündet Bader. Der Bürgermeister, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in die Auenwaldhalle gekommen war, ist geknickt. Überrascht sind auch die Bürgermeister aus den Nachbargemeinden, die eigentlich zum Gratulieren gekommen waren. Es folgen die beiden Herausforderer Kai-Uwe Ernst 1107 Stimmen) und Matthias Bacher (1004 Stimmen). Die beiden Kandidaten schauen zufrieden aus. Unter ferner liefen schnitt Jux-Kandidat Samuel Speitelsbach ab.

„Klar, keine Frage, ich bin enttäuscht, weil ich ganz offensichtlich die Wählerinnen und Wähler nicht davon überzeugen konnte, dass ich der am besten geeignete Kandidat bin“, sagt Ostfalk in einer ersten Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung. Es brauche jetzt mehr denn je einen Verwaltungsfachmann, der in der Lage sei, angesichts der unsicheren Zukunftsaussichten die Gemeinde zu einer erfolgreichen Entwicklung zu führen, so der 62-Jährige. Mit Blick auf seine beiden Herausforderer meinte der Verwaltungschef, dass jemand, ohne jemals im Gemeinderat gesessen zu sein oder in einem Rathaus, diese Aufgabe höchstens bei besten Rahmenbedingungen erledigen könne, aber aktuell sei die Zeit eben sehr unsicher, wegen der finanziellen Situation und auch wegen der Pandemie. Was er geleistet habe, sei offensichtlich nicht angekommen. „Es ist ja richtig, dass man dem Bürgermeister einen Denkzettel verpasst, wenn er’s verdient hat, das wäre vor acht Jahren vielleicht noch was anderes, aber die letzten acht Jahre habe ich meine Arbeit – meine ich – ganz gut gemacht.“ Und Ostfalk fügt hinzu: „Ich hoffe, dass sich die Menschen jetzt schon besinnen.“

„Ich bin zufrieden, das ist schon mal ein Teilerfolg, dass man einen gestandenen Bürgermeister mit 16 Jahren in die zweite Runde schickt“, kommentiert Kai-Uwe Ernst das Wahlergebnis selbstbewusst. „Für mich geht’s jetzt erst richtig los“, kündigte der 26-jährige Finanzwirt an. Er werde jetzt noch Wahlplakate aufhängen lassen und er werde weiter vor Ort in den Ortsteilen sein, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.

Matthias Bacher sieht zufrieden, aber nicht richtig glücklich aus. „Ich hätte für mich ein bisschen mehr erwartet im ersten Wahlgang und hab mich eigentlich über das schlechte Abschneiden von Herrn Ostfalk gewundert“, sagt der 58-Jährige. Der Diplom-Ingenieur kündigt an: „Ich werde definitiv weitermachen.“ Er will seine Zuhörtour fortsetzen, das Verteilen von Flyern intensivieren und weitere Sprechstunden und Infostände anbieten.

Die Fraktion der Bürgerlichen Wählervereinigung hat fast damit gerechnet, dass es zu einem zweiten Wahlgang kommen wird. „Wir gehen auch davon aus, dass sich die drei ernsthaften Kandidaten wieder zur Wahl stellen werden. Es bleibt sehr spannend“, kommentiert Barbara Hirzel den Ausgang des gestrigen Wahlabends.

Für Nicole Birkenbusch war das Wahlergebnis keine Überraschung: „Es ist genau das eingetreten, was wir prognostiziert haben“, sagt die Fraktionssprecherin, die für die Neue Liste Auenwald spricht. Übereinstimmend sagen Nicole Birkenbusch und Wolfram Gruner von der Freien Wählervereinigung: „Wir wünschen uns für den zweiten Wahlgang, dass der gewinnt, der die Bürgernähe hat und Transparenz schafft und die Verwaltungserfahrung hat, die unsere Gemeinde dann auch weiterbringt.“ Auf die Nachfrage, ob mit dieser Aussage der jüngere Herausforderer, sprich Kai-Uwe Ernst, gemeint sei, sagen die beiden Listensprecher: Ja, so können Sie es auslegen.“

Auch Franz Karl Matyas hat für sich bereits den Ausgang der Wahl analysiert: „Das Ergebnis zeigt ganz genau, dass bei Herrn Ostfalk Selbstreflexion und Fremdbeurteilung nicht übereinstimmen. Er hat von sich ein ganz anderes Bild, wie er in der Bürgerschaft gesehen wird, als sich das jetzt im Wahlergebnis widerspiegelt.“ Wenn sich beide Herausforderer wieder zur Wahl stellen würden, hätten es beide schwer, dann sei es beim zweiten Wahlgang wieder „eine knappe“, sagt Matyas, „dann haben wir Stuttgarter Verhältnisse. Er persönlich wünscht sich einen Generationswechsel, „ich bin für die Jugend“.

In einer Sache waren sich aber alle einig: Großer Dank gebührt den Organisatoren der Wahl, die reibungslos verlaufen ist, so wie die Kandidatenvorstellung auch schon, als auch den Mitarbeitern in der Verwaltung und den Wahlhelfern.

Die Neuwahl findet am 28. März statt. Bis Mittwoch, 17. März, 18 Uhr können die bisherigen Kandidaten sich entscheiden, ob sie ihre Kandidatur aufrechterhalten wollen oder nicht. Es dürfen sich auch andere weitere Interessenten bewerben.

Kommentar
Mehr als eine Ohrfeige

Von Florian Muhl

Wenn ein Bürgermeister nach zwei Amtsperioden noch einmal für weitere acht Jahre antritt, wird sich – wenn er seinen Job gut gemacht hat – kaum ein anderer ernsthafter Bewerber seinen Hut mit in den Ring werfen. Dass es die beiden Herausforderer Kai-Uwe Ernst und Matthias Bacher doch gewagt und damit ihren Mut bewiesen haben, dafür gebührt ihnen aufrichtige Anerkennung und auch Respekt.

Ihre jeweils über 1000 Stimmen, die sie gestern bei der Wahl erhalten haben, sind ein klares Zeichen dafür, dass sie viele Bürger mit ihrem Auftreten und Argumenten, Ideen und Visionen haben überzeugen und auch begeistern können.

Gleichzeitig ist das Wahlergebnis aber auch eine schallende Ohrfeige, um nicht zu sagen eine Klatsche für den Amtsinhaber. Ostfalk hat gestern die Rechnung für seine manchmal offensichtlich nachlässige Arbeit erhalten. Bei allen Erfolgen, die er ohne Zweifel in seinen beiden Amtszeiten nachweisen kann, die Bürger haben ihm durch ihre Abstimmung klar zu erkennen gegeben, dass sie ernst genommen und respektiert werden wollen.

Ostfalk ist gestern mit keinem blauen Auge davongekommen. Er ist angezählt. Es ist jetzt an ihm, dieses Signal zu erkennen, entsprechend zu handeln und die Bürger doch noch zu überzeugen.

Die Herausforderer werden ihm jetzt, und jetzt erst recht, das Leben schwer machen. Sie wollen im Wahlkampf und später im Amt mit Transparenz und Bürgernähe punkten. Es bleibt spannend.

f.muhl@bkz.de

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Erstellt:
14. März 2021, 22:54 Uhr

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