Zwischen Arzthaube und Wasserballmütze
Karrieren abseits des Sports (14): Im Sport und im Beruf ist der Backnanger Jan Luca Friedemann von der Familie geprägt.
Von Uwe Flegel
Bei Jan Luca Friedemann ist sehr viel eine Sache der Gene. Das Faible für den Sport und das für den Beruf. „Bei mir kann man durchaus behaupten, dass ich durch die Familie geprägt bin“, sagt der Backnanger schmunzelnd. Das gilt fürs Hobby Wasserball und für die Arbeit als Arzt. Wobei in seinem Fall beide Elternteile großen Anteil daran haben, Mutter Nicolette Friedemann wie Vater Jürgen Sigwarth.
Der Name Friedemann hat im Sport der Murr-Metropole seit vielen Jahren einen guten Klang. Jürgen Friedemann zählte zum Beispiel zu den Mitbegründern des Backnanger Silvesterlaufs, sein Sohn Jochen war als Handballer einst beim TVO in der Regionalliga am Ball, Tochter Nicolette war dort Physiotherapeutin und als Triathletin aktiv. Hinzu kommt das Erbe vom Herrn Papa, der ein bekannter Chirurg sowie Orthopäde ist und zur Elite der deutschen Altersklassenschwimmer zählt. Dass Jan Luca Friedemann ein begeisterter Sportler sein würde, war schlichtweg vorprogrammiert. Wobei seine Heimat zunächst nicht das Wasser, sondern eine Sporthalle war, denn: „Mit Sechs habe ich bei der TSG mit Handball begonnen.“
Als Zwölfjähriger kam er dann über seinen Opa Jürgen zum Wasserball. Dabei „war ich nie in einem Schwimmverein, sondern habe mir alles selbst beigebracht“. Vermutlich ohne größere Probleme. Der Gene wegen, schließlich sahnt der Vater im Ländle auch mit 60 Jahren noch einen Altersklassentitel nach dem anderen ab. Für den Filius brauchte es aber einen Ball dazu, um im kühlen Nass richtig Spaß am Wettkampf zu haben. Zunächst bei der TSG Backnang, dann beim SV Ludwigsburg, bei dem er es gar zum Zweitliga-Spieler brachte. Seit Herbst ist er zurück bei seinem Heimatverein. Zum zweiten Mal nach der Saison 2016/2017. Bisher war die Rückkehr aber noch nicht vom Glück begünstigt, verhindert doch das Corona-Virus seit Monaten einen Spielbetrieb.
Langweilig ist es Jan Luca Friedemann trotzdem nicht. Als Assistenzarzt hat er genug zu tun. Gut, dass er lernen musste, sich die Zeit zwischen Sport und Medizinstudium richtig einzuteilen. Nur so sei beides vernünftig machbar gewesen, sagt der gebürtige Schorndorfer. Wobei ihn das Studium auch im Wasserball weiter brachte. Denn bis zum Physikum studierte er im ungarischen Pecs und spielte dort im Uni-Team: „Das war ein richtig hohes Niveau. Da waren sogar Jungs aus der ersten Liga dabei.“ Aus der Eliteklasse des Landes, das mit neun Goldmedaillen Rekord-Olympiasieger ist, in dem die deutsche Randsportart Wasserball eine nationale Angelegenheit ist. Viel besser hätte der junge Schwabe Sport und Studium nicht verbinden können.
„Für mich hat sich ein Kindheitstraum erfüllt“, sagt der 27-Jährige. Er spricht dabei vom Ziel, wie der Vater in der Chirurgie und Orthopädie zu arbeiten. „Mit 13 oder 14 Jahren stand ich im Rahmen eines Schulpraktikums das erste Mal in einem Operationssaal“, erzählt Friedemann und gesteht schmunzelnd: „Bei meiner ersten OP ist es mir allerdings schlecht geworden.“ Abgehalten hat ihn das aber nicht und nach dem Studium in Ungarn sowie Tübingen arbeitet er mittlerweile als Assistenzarzt in Winnenden.
Aufgrund der Corona-Zwangspause läuft er dort derzeit nicht Gefahr, zufällig einen seiner Gegenspieler vor sich auf dem Tisch liegen zu haben, ist Wasserball doch nichts für Zartbesaitete. Wobei Friedemann relativiert: „Blutergüsse, blaue Flecken und solche Dinge gibt es auch bei anderen Kontaktsportarten.“ Im Wasserball sind vor allem die Schultern, die Nase und die Ohren besonders gefährdet. Der Mediziner weiß das: „Im Studium wird einem schnell klar, wie rasch man sich verletzen kann.“ Kenntnisse, die vielleicht auch mal dazu verlocken, in der Hitze des Gefechts den wunden Punkt des Gegners zu suchen? Friedemann schmunzelt und sagt: „Wenn man die richtigen Stellen trifft, könnte das durchaus was bringen, doch diese Tricks lernt man bereits als Jugendlicher und nicht erst im Medizinstudium.“
Gelernt und selbst erfahren hat er dort auf jeden Fall, dass Schwimmen, dass Wassergymnastik sehr gesund sind. Deshalb zieht er in normalen Zeiten fünf Mal pro Woche für sich ein paar Bahnen. Oft schon morgens um 6 Uhr und obwohl „ich eigentlich nicht der typische Langstreckenschwimmer bin, sondern eigentlich immer einen Ball beim Sport brauche.“ Glück für ihn, dass es Wasserball gibt. Überhaupt lebt Jan-Luca Friedemann derzeit fast schon seinen persönlichen Traum, denn: „Die Verbindung Sport und Medizin, das ist das, was ich mir für meine Zukunft vorstelle.“ Rein von den Genen her spricht ja ohnehin nichts dagegen.
In dieser Serie stellen wir Athleten in ihrem Berufsalltag vor. Dabei geht es um bekannte Sportler und um solche, die ungewöhnliche Jobs haben oder bei der Arbeit besonders erfolgreich sind. Weitere Kandidaten können sich unter sportredaktion@bkz.de melden.