12:2-Sieg, aber trotzdem noch nicht Tabellenführer
Backnangs Judo-Frauen gewinnen Erstliga-Heimwettkampf gegen Neuling Sindelfingen deutlich
Der amtierende Meister gegen den Aufsteiger: Auf dem Papier war es eine klare Sache, als die Judo-Frauen der TSG Backnang den VfL Sindelfingen zum zweiten Erstliga-Kampftag empfingen. Tatsächlich fiel das Ergebnis mit dem 12:2 standesgemäß aus, trotzdem reichte es dem Team von Trainer Jens Holderle nicht für die Tabellenführung. Der Grund: Speyer besiegte zeitgleich Karlsruhe mit 13:1 – und genau dieser eine Zähler ist es, der den Murrtalerinnen im Moment fehlt.

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Packte entschlossen zu und bezwang Julie Hölterhoff: Anna-Maria Wagner.Foto: A. Becher
Von Christoph Nesper
Vor dem Duell mit dem Neuling war Jens Holderle trotz der Favoritenrolle „etwas angespannt“ gewesen. Weil sich die Topathletinnen im vorolympischen Jahr für die Spiele in Tokio qualifizieren müssen, ist es nicht selbstverständlich, dass sie für Bundesliga-Einsätze zur Verfügung stehen. „Wichtig war für uns der Beginn der Begegnung“, stellte der TSG-Trainer klar. Und hier habe Sindelfingens Aufstellung seinem Team „schon ein bisschen in die Karten gespielt“. Anstatt die beiden Backnanger Spitzenkämpferinnen ins Leere laufen zu lassen, hatten die Gäste aus der Daimlerstadt starke Kämpferinnen gegen sie aufgeboten, die aber prompt verloren.
Den Anfang machte Mina Ricken in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm, die gegen Martyna Trajdos nach nur 43 Sekunden mit einem fulminanten Ko-Uchi-Gari (kleine Innensichel) unterlag. Ähnlich erging es Julie Hölterhoff (bis 78), die gegen Anna-Maria Wagner durch einen Konter zunächst mit Waza-Ari ins Hintertreffen geriet und dann nach etwas mehr als zwei Minuten durch einen Uchi-Mata, also einen Innenschenkelwurf, endgültig verlor. Dazwischen hatte es zwei zähe Fights gegeben, die jedoch beide ein besseres Ende für Backnang hatten. Im Schwergewicht über 78 Kilogramm behielt Lisa Dollinger gegen Regina Kristen dank dreier Bestrafungen die Oberhand. So machte es auch Eigengewächs Helena Grau im Leichtgewicht bis 48 Kilogramm gegen Larissa Meier, weshalb die TSG auf 4:0 enteilte.
Es kam aber noch schlimmer für den VfL Sindelfingen. Nathalie Rouvière (bis 52) setzte sich gegen Antonia Jursch nach lediglich einer Minute mit einem Haltegriff durch. Ines Beischmidt (bis 57) musste gegen Pleuni Cornelisse in die Verlängerung, siegte dort aber mit Waza-Ari für einen Schulterwurf. Der Fachbegriff lautet: Seoi-Nage. Mirjam Wirth lieferte bei ihrer Bundesliga-Premiere auf Anhieb eine ganz starke Leistung ab. Sie behauptete sich in der Kategorie bis 63 Kilogramm gegen Daniela Brenner in der letzten Minute mit einem Harai-Goshi (Hüftfeger) und einem anschließenden Haltegriff. Zur Pause stand es deshalb 7:0 für Backnang, die Begegnung war so gut wie gelaufen. Es wird aber wohl darauf hinauslaufen, dass am Ende die Unterwertung über den Meistertitel in der Südstaffel entscheidet.
Es könnte demnach auf jeden einzelnen Punkt ankommen, für den zweiten Durchgang wechselte Holderle trotzdem gleich an fünf Positionen. Und bereits im ersten Kampf gab’s dann auch den ersten Zähler für Sindelfingen. Anne Lisewski hatte gegen Mira Ricken einmal nicht aufgepasst, war mit Seoi-Nage geworfen und danach im Haltegriff besiegt worden. Aber schon im zweiten Duell machte Alina Böhm den Sack endgültig zu. Sie bezwang Aylin Mill mit einem perfekt angesetzten Knierad, einem Hiza-Guruma. Danach erhöhte Helena Grau kampflos auf 9:1. Für die Gäste galt es nun, ein Debakel zu verhindern, aber selbst Leistungsträgerin Julie Hölterhoff unterlag der TSG-Kämpferin Lisa Dollinger. Chiara Serra legte gegen Antonia Jursch nach und erst Caroline Fritz musste gegen Pleuni Cornelisse den zweiten Punkt für Sindelfingen zulassen.
Den krönenden Schlusspunkt unter den einseitigen Heimwettkampf in der Mörikehalle setzte Mirjam Wirth, die Bianca Schmidt nach knapp einer halben Minute mit einem fulminanten Uchi-Mata auf die Matte beförderte. Mehr als über das reine Ergebnis freute sich Trainer Jens Holderle aber über „die geschlossene Mannschaftsleistung“. Dort, wo erfahrene Kämpferinnen nicht zur Verfügung standen, hatten Debütantinnen für die Punkte gesorgt. Und zudem hatten mit Vera Dworazcyk und Antoinette Hennink zwei Leistungsträgerinnen hochschwanger den Weg nach Backnang auf sich genommen, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Hennink war sogar extra aus Holland angereist und machte mit einem Augenzwinkern gleich klar: „Wenn alles normal läuft, bin ich im September beim Finale wieder dabei.“