Auf der Welle des Superbowls surfen

Von Steffen Grün

Der Superbowl gehört zu den größten Einzelsportereignissen der Welt und ist vor allem in den USA selbst ein echter Straßenfeger. Davon, dass sich die ganze Nation vor den Fernsehgeräten versammelt, kann hierzulande zwar nicht die Rede sein, doch auch in Deutschland sorgt das Endspiel der National Football League längst für ordentliche Einschaltquoten. Das wird in der Nacht auf kommenden Montag wieder so sein, wenn im kalifornischen Inglewood die Cincinnati Bengals und die Los Angeles Rams um den Titel kämpfen und zudem die spektakuläre Halbzeitshow mit Spannung erwartet wird.

„Das ist die wichtigste Zeit für unseren Sport“, sagt Martin Häuser über den Superbowl und die vorherigen Tage und Wochen, in denen die zwei Finalisten ermittelt werden. Auch in Deutschland, wo das Spiel mit dem Lederei sonst immer noch eher ein Nischendasein fristet, wächst in dieser Phase das Interesse der Medien gewaltig. Es ist eine Welle, auf der auch die Wolverines surfen wollen, aus diesem Vorhaben macht der Spielleiter und Linebacker in Personalunion keinen Hehl. „Es gibt viele junge Leute, die wir noch erreichen können“, glaubt Martin Häuser, dass das Potenzial in Backnang und Umgebung nicht einmal annähernd ausgeschöpft ist. Das Ziel des Klubs, der vor mittlerweile 37 Jahren gegründet wurde, ist es, möglichst viele Kinder und Jugendliche zumindest einmal für ein Probetraining zu begeistern. „Damit sie sehen, ob es etwas für sie ist“, sagt das Vorstandsmitglied. Ältere Quereinsteiger sind ebenfalls stets willkommen, „gerade auch die schweren Jungs“, ergänzt Häuser und lacht. Es geht ihm darum, „dass wir in der Breite gut aufgestellt sind“, denn das ist die Basis, um mit dem Männerteam vielleicht mal wieder an die alten Zeiten anknüpfen zu können. Des Öfteren, zuletzt 2018, kämpften die Wolverines in der Oberliga um Punkte. Anfang der 90er waren die Murrtaler sogar für zwei Spielzeiten in der Zweiten Bundesliga beheimatet.

Was für ein krasser Kontrast zur Vorsaison, in der Backnangs Footballer nach dem freiwilligen Rückzug aus der Landesliga in der niedrigsten Klasse antraten. In der Retrospektive war’s die richtige Entscheidung, denn in der Kreisliga sammelten die vielen Rookies und das neue Spielertrainerduo – bestehend aus Defensive Coordinator Fabian Lieb und Offensive Coordinator Dennis Rieger – wertvolle Erfahrungen. Obendrein passten die Resultate, denn trotz der Pleite im Play-off-Finale schafften die Wolverines den Bezirksliga-Aufstieg. Dort sieht Martin Häuser seinen Klub „fürs Erste gut aufgehoben. Es wird eine knackige Saison mit vielen engen Spielen.“ Ein wenig offensiver gehen seine beiden Coaches an die Sache heran. „Wir werden den ein oder anderen Gegner überraschen und ärgern und müssen uns nicht verstecken“, prophezeit Lieb. Gleichwohl will er „das Wort Aufstieg nicht in den Mund nehmen“. Sein Mitstreiter Rieger hält einen Platz im oberen Drittel für „machbar, das dürfen wir anpeilen. Es braucht aber auch immer ein Quäntchen Glück.“

Erst recht, weil Backnang nächste Saison auf den Topscorer Tim Döringer verzichten muss, der bei den Stuttgart Scorpions seine Chance sucht. Zudem konzentrieren sich Rieger und der zweitligaerfahrene Lieb auf ihre Rollen am Spielfeldrand. Ein wohlüberlegter Schritt des Duos, denn unter der alten Doppelrolle „leidet alles. Du machst alles, aber nichts richtig“, stellt Lieb fest und Rieger pflichtet bei. Noch mehr Verantwortung lastet auf den beiden, weil die Wolverines seit dem Rücktritt von Michael Müller im Oktober 2020 keinen Headcoach haben. „Sollte sich ein passender Kandidat finden, würden wir es wohl machen“, verrät Martin Häuser, aber es müsste einer sein, der mit den momentanen Trainern und deren Stab, dem noch Matti Burkhardt, Carsten Kemmler und Oliver Jauß angehören, harmoniert.

Klar ist, dass die beiden Coaches auf dem Platz schmerzlich vermisst werden. In Liebs Augen wiegt Riegers Wegfall noch deutlich schwerer, als es sein eigener tut, „er war unser langjähriger Quarterback und damit unser Spielmacher“. Seine Rolle als Defensive Back sei dagegen „ein Zahnrädchen, das mit einem anderen kompensiert werden kann“. So will es Rieger aber nicht stehen lassen, sondern es sei vielmehr „immer ein Problem, wenn Erfahrung wegbricht“. Ein paar Routiniers gebe es im Kader aber noch, am Altersschnitt ändere sich nicht einmal allzu viel. Zudem sind die Rookies der Vorsaison einen Schritt weiter, vier bis fünf Neueinsteiger kommen wieder dazu. Mitsamt einem Talent, das zu den Aktiven stößt, und zwei Rückkehrern sollte der Kader gut genug besetzt sein. Zumindest fürs vorrangige Ziel, sich in der Bezirksliga zu etablieren.

Arbeiten wollen die Wolverines auch an dem Rahmenprogramm, das zum American Football gehört. Für eine Halbzeitshow wie beim Super Bowl reichen die Finanzen logischerweise nicht, „noch mehr Eventcharakter für die Zuschauer im Karl-Euerle-Stadion“ soll es allerdings schon sein. Für Martin Häuser zählen leckeres Essen und kühle Getränke, ein bestens informierter Stadionsprecher und starkes Cheerleading dazu.