Bahnradfahrerin Isabel Kämpfert hat Olympia 2024 als Ziel

Die 19-jährige Isabel Kämpfert aus Kirchberg/Murr hat im Ausscheidungsfahren ihren ersten Deutschen Meistertitel bei den Frauen gewonnen. Sie trainiert emsig, um in zwei Jahren in Paris in die Pedale treten zu können. Eine Option wäre nach dem Abitur die Sportfördergruppe.

Isabel Kämpfert durchfährt die Steilkurve in Öschelbronn mit der einzig überdachten Bahn in Baden-Württemberg. Foto: Simon Granville

© Simon Granville

Isabel Kämpfert durchfährt die Steilkurve in Öschelbronn mit der einzig überdachten Bahn in Baden-Württemberg. Foto: Simon Granville

Von Lars Laucke

Es war einer dieser „Jetzt oder nie“-Momente: Isabel Kämpfert befand sich ein paar Meter hinter und über ihrer letzten verbliebenen Gegnerin auf der Radrennbahn in Büttgen. „Ich dachte, wenn sie den Sprint jetzt nicht anzieht, dann mach ich es eben“, erinnert sich die 19-jährige Kirchbergerin. Sie stürzte sich von oben herab, fuhr unterhalb ihrer Gegnerin vorbei und trat mit aller Macht in die Pedale. Nach wenigen Metern war der Konkurrentin klar, dass sie nicht mehr hinterherkommen würde. Isabel Kämpfert stand als Deutsche Meisterin im Ausscheidungsfahren fest.

Große Überraschung

In der Jugend hatte sie schon mal einen Titel im Punkterennen geholt. Dass sie nun auch Deutsche Meisterin bei den Frauen geworden ist, hat viele überrascht. „Das Ausscheidungsfahren ist meine beste Disziplin. Ich wusste, dass die Chance auf eine Medaille hier am größten ist. Aber es war schon sehr überraschend. Doch dann waren nur noch fünf Fahrerinnen dabei, dann vier, und plötzlich ging es um die Medaillen“, berichtet die Kirchbergerin. Im Ausscheidungsfahren muss nach jeder zweiten Runde die jeweils Letzte das Rennen beenden. „Bei den Deutschen Meisterschaften waren 24 Athletinnen am Start, es ging also über 48 Runden“, erklärt Kämpfert.

Training vor der Haustür

Sie hat sich auf die Ausdauerwettbewerbe spezialisiert, das Omnium. Dies ist ein Mehrkampf aus vier Disziplinen, zu denen eben auch das Ausscheidungsfahren gehört. Wobei sie gar nicht so oft auf der Bahn trainiert, wie man es als Laie vermuten würde. „Die meiste Zeit trainiere ich eigentlich vor der Haustür. Ich bekomme von meinem Trainer vorgegeben, welche Distanz in welcher Zeit ich absolvieren soll. Und dann suche ich mir eine Strecke raus, die ich mit dem Rennrad absolviere. So hole ich mir die Ausdauer. Und für die Kraft geht es in den Kraftraum.“ Da können schon mal bis zu 20 Stunden pro Woche herauskommen.

Ist hoffnungsvoll: Isabell Kämpfert. Foto: Simon Granville

© Simon Granville

Ist hoffnungsvoll: Isabell Kämpfert. Foto: Simon Granville

Das Bahntraining selbst macht da aber einen eher geringeren Anteil aus – was allein schon daran liegt, dass die Bahnen rar gesät sind. „Es gibt in ganz Baden-Württemberg nur eine überdachte Radrennbahn“, erklärt Isabels Vater Uwe Kämpfert. Die befindet sich in Gäufelden-Öschelbronn südlich von Herrenberg. Mit dem Auto braucht man von Kirchberg rund eine Stunde. „Jetzt habe ich zum Glück einen Führerschein. Früher bin ich oft mit der Bahn hergefahren. Das war schon ein ziemlicher Aufwand“, erinnert sich Isabel Kämpfert. Und auch unterm Dach sind die Trainingsbedingungen nicht immer komfortabel, denn an den Seiten ist die ehemalige Freiluftbahn nach wie vor offen. „Im Winter pfeift hier schon mal heftig der Wind durch und es ist dann richtig kalt.“

Keine EM-Nominierung

Nach dem Deutschen Meistertitel hatte Isabel Kämpfert eigentlich damit gerechnet, für die Europameisterschaft nominiert zu werden. Doch der Bundestrainer entschied anders. „Eine Begründung gab es nicht“, ist die Kirchbergerin schon etwas enttäuscht. Am langfristigen Ziel ändert sich dadurch aber nichts: „Ich möchte 2024 in Paris bei den Olympischen Spielen starten“, sagt Isabel Kämpfert, die gerade ihre Fachhochschulreife absolviert hat. „Ich gehe jetzt noch ein Jahr zur Schule, um mein Abitur zu machen. Und danach wäre es sicher eine Option, in die Sportfördergruppe bei der Bundeswehr zu kommen“, sagt die 19-jährige Sportlerin. So könnte sich Isabel Kämpfert eine Weile komplett auf den Sport konzentrieren, vielleicht dann auch im Leistungszentrum in Frankfurt/Oder. „Anders ist das im Bahnradfahren eigentlich nicht möglich. Aber dafür muss ich in den Nationalkader kommen.“

England eine Option

Und wenn das nicht klappt, könnte es noch eine andere Möglichkeit geben: Isabel Kämpferts Mutter ist Engländerin, daher hat die Tochter auch einen britischen Pass. „Es wäre tatsächlich eine Option, für Großbritannien zu starten.“ Doch momentan passt noch alles: „Ich habe hier einen guten Trainer und gute Bedingungen.“ Und für mindestens ein Jahr fährt sie nun erst mal im Trikot der Deutschen Meisterin.

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Erstellt:
14. Juli 2022, 06:00 Uhr

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