Bewegende Handballgeschichte des HCOB und des TVO

Der HC Oppenweiler/Backnang bestreitet am Samstag sein 1250. Spiel auf Verbands- und DHB-Ebene. Willy Friz ist von Beginn an dabei und erinnert sich an Höhen und Tiefen sowie an einige interessante Episoden aus den 42 Jahren.

Philipp Maurer, Erich Maier, Ruben Sigle, Willy Friz und Florian Frank (von links) freuen sich auf das 1250. Spiel. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Philipp Maurer, Erich Maier, Ruben Sigle, Willy Friz und Florian Frank (von links) freuen sich auf das 1250. Spiel. Foto: Alexander Becher

Von Alexander Hornauer

Es ist ein bemerkenswertes Jubiläum: Die Handballer des HC Oppenweiler/Backnang bestreiten am Samstag ab 20 Uhr ihr 1250. aufeinanderfolgendes Pflichtspiel auf Verbands- oder DHB-Ebene in Serie. Einer hat diese beeindruckende Serie von Beginn an begleitet: Willy Friz aus Oppenweiler – als engagierter Mitarbeiter, als Handballexperte und als begeisterter Fan. Es folgt eine Reise durch 42 Jahre Handballgeschichte mit dem TVO und dem HCOB.

1. Spiel HVW-Pokal, 1. Runde: SV Vaihingen – TV Oppenweiler 9:22, Rembrandthalle in Möhringen, 7. September 1980. Das erste von 1249 Spielen auf und über Verbandsebene, eine eher kleine Angelegenheit vor schmaler Kulisse in einer ziemlich großen Halle, morgens um 11 Uhr. Willy Friz kann sich an das Spiel konkret nicht mehr erinnern. Der Fokus lag seinerzeit auf dem Punktspielstart eine Woche später bei der SG Neckarsulm. Für den TVO war die Teilnahme in der Bezirksliga, damals eine Spielklasse auf Verbandsebene, eine große Sache. Ein paar Jahre zuvor hatte der Club noch in den unteren Kreisklassen gespielt. Ende der 70er-Jahre ging es mit Triebfedern wie Helmut Wurst aufwärts.

Willy Friz hatte den früheren Ludwigsburger Bundesliga-Wasserballer Jürgen Friedemann im Schwimmbad angesprochen, ob der sich nicht als Trainer engagieren wolle. „Er hat die Mannschaft konditionell auf Trab gebracht.“ Als Glücksgriff erwies sich die auch die nächste Trainerverpflichtung von Wolfgang Klein, einem Lehrer aus Waiblingen. „Er hatte viel Erfahrung und war auch sonst eine echte Kapazität.“ Klein verstand es, eine hervorragende A-Jugend-Mannschaft um Martin Frank bei den Aktiven zu integrieren.

Auf der Verbandsebene lief es klasse. 1982: Aufstieg in die Landesliga. 1984: Aufstieg in die Oberliga. 1986: Aufstieg in die Regionalliga. Die Feier sei legendär gewesen, erinnert sich Willy Friz. Malermeister Peter Angerbauer hatte ein Banner gefertigt: „Oppenweiler grüßt den württembergischen Meister.“ Gemeinsam mit Weggefährten wie Erich Maier, Adolf Ulbrich, Hartmut Scheib, Willi Bauer, Ernst Wolf oder dem in den 80ern innovativen Ansager Heinrich Bohn wirbelte Willy Friz im Hintergrund. „Seinerzeit habe ich mich mit Rainer Böhle zusammen um die Werbung gekümmert.“ Die ersten Sponsoringverträge tippte er auf der Schreibmaschine.

250. Spiel Regionalliga Süd, 18. Spieltag: TV Oppenweiler – TSV 1846 Nürnberg 16:19, Gemeindehalle in Oppenweiler, 10. März 1990. Der kleine Turnverein war in der Regionalliga angekommen. Und nicht nur das: Er etablierte sich als feste Größe, spielt vorne mit. Ans Spiel gegen die Franken erinnert sich Willy Friz, „die Nürnberger hatten mit Peter Stulle einen Nationalspieler dabei“. Die einige Jahre zuvor eröffnete Gemeindehalle platzte in dieser Zeit regelmäßig aus allen Nähten. „Einmal haben wir gegen den TSV Scharnhausen gewonnen, Rolf Brack ist schier durchgedreht“, freut sich Willy Friz noch heute über den Coup.

Beim Schlagerspiel gegen die CSG Erlangen wurden Turnhallenbänke auf die Tribünen geschleppt, damit man in der dritten oder vierten Stehplatzreihe auch noch ein bisschen was sah. „Wenn wir da gewonnen hätten, wären wir in die zweite Liga aufgestiegen. Matze Herb hatte kurz vor dem Ende die Chance zum Ausgleich“, erinnert sich Friz. Auch im DHB-Pokal gab es Highlights: Siege gegen die Zweitligisten TSV Rot, TuSpo Nürnberg und ThSV Eisenach.

Bei einem Pokalspiel in St. Leon wollten die Fans der Einheimischen dem Schiedsrichterteam an die Gurgel. Die Delegation aus Oppenweiler half, die Bundesliga-Unparteiischen in die Kabine zu bringen. Einer davon, Roland Muser, hat es nicht vergessen: „Als wir uns beim letzten Mal in einer Halle im Südbadischen begegnet sind, hat er Erich Maier und mir gleich zwei Runden ausgegeben.“ Solche Bekanntschaften sind im Laufe der Jahre viele entstanden.

Ein anderes Spiel blieb auch in Erinnerung, eine SHV-Pokal-Partie in Gilching bei München. „Rainer Böhle hat mir vor dem Spiel den Auftrag erteilt, mich mal nach einer Wirtschaft für die Einkehr zu erkundigen.“ Dabei geriet der Rathausmitarbeiter aus Oppenweiler an den einheimischen Bürgermeister, der gleich mit ins Wirtshaus einmarschierte und bayerisches Bier für die ganze Mannschaft ausschenkte. „Morgens um 4 Uhr sind wir im Schneetreiben nach Hause gekommen“, hat Willy Friz noch genau im Gedächtnis behalten.

500. Spiel HVW-Pokal, 2. Runde in Turnierform: TV Oppenweiler – SC Vöhringen 19:15, Spielzeit: zweimal 20 Minuten, Sporthalle in Alfdorf, 19. Dezember 1998. „Da war ich eher nicht dabei“, sagt Willy Friz. Ein Pokalturnier kurz vor Weihnachten, da setzte selbst einer der fleißigsten Mitreisenden mal aus. „Und wir sind wirklich weit herumgekommen“, erinnert sich Friz zum Beispiel an ein Pokalspiel unter der Woche, in tiefschwarzer Nacht, mitten im nebligen Donautal beim TV 05 Fridingen. Da waren am Ende alle froh, als sie wieder zu Hause waren. In der Punktrunde ging es bis nach Sachsen – Hoyerswerda, Leipzig, Dresden, Freiberg im Erzgebirge, Zwickau. Die Rote Wurst für eine Mark, aber mit Toast statt Brötchen. „Anfangs haben wir das oft mit Wochenendreisen verknüpft“, erinnert sich Willy Friz.

Interessant sei es gewesen, auf Dauer aber auch weit, obwohl der Allmersbacher Gastronom Werner Hägele manches Weinfass auf die Fahrten mitgab. Sportlich gab es zunächst weitere Erfolge. Bernhard Scheib wurde mehrmals Regionalliga-Torschützenkönig, 1994 fehlte nicht viel zum Zweitliga-Aufstieg. Die späten 90er-Jahre waren zunehmend vom Kampf gegen den Abstieg geprägt, 2000 musste der TVO, weil der Verband die Ligen reformierte, den Abstieg in die Baden-Württemberg-Oberliga hinnehmen. Zwei Jahre später ging es nochmals für drei Jahre zurück in die Regionalliga, dann ging es erneut ein Level abwärts – und dieses Mal für geraume Zeit.

Packende Handballspiele wie hier 1991 gegen die TSG Oßweil gab es in der Gemeindehalle in Oppenweiler zu sehen. Foto: HCOB-Archiv

Packende Handballspiele wie hier 1991 gegen die TSG Oßweil gab es in der Gemeindehalle in Oppenweiler zu sehen. Foto: HCOB-Archiv

750. Spiel Baden-Württemberg-Oberliga, 27. Spieltag, Königshofen/Sachsenflur – TV Oppenweiler 33:32, Tauber-Franken-Halle in Königshofen, 1. April 2005. Nach dem Abstieg setzte der TVO auf die Jugend, Akteure wie Tobias Hold, Benjamin Röhrle, Kai Sonnenburg, Sven Schröder, Philipp Nentwich, Sebastian Forch oder Jonas Frank rückten auf. Manuel Diederich, ihr Jugendtrainer, übernahm viele Jahre auch das Traineramt der ersten Mannschaft. „Ihm haben wir viel zu verdanken, er hat eine wichtige Phase mitgeprägt“, findet Willy Friz. Es gab Rückschläge wie an jenem Abend in der spärlich ausgeleuchteten Turnhalle in Tauberfranken, aber die Mannschaft wuchs zusammen, etablierte sich in der BWOL im Vorderfeld. Willy Friz sagt: „Zum damaligen Zeitpunkt war die Baden-Württemberg-Oberliga für einen Verein wie den TVO die richtige Liga.“ Anspruchsvoller Sport, aber kein Übermut.

Allerdings zeigte die Tendenz etwa ab 2008 in die falsche Richtung, am Ende stand (2011) ein Abstieg, nach 25 Jahren kehrte der TVO in eine Spielklasse auf Verbandsebene zurück. „Da waren wir ganz unten“, sagt Willy Friz. Fast wäre es in die Landesliga gegangen. „Wir waren in der Württembergliga ganz hinten. Zum Glück haben wir am vorletzten Spieltag bei der SG Lauter gewonnen. Kai Sonnenburg hat damals ein ganz großes Spiel gemacht. Sonst hätten wir ein Endspiel um den Ligaverbleib gehabt“, sagt Willy Friz und spekuliert: „Wenn wir damals abgestiegen wären, würden wir mit der Ersten heute vielleicht in der Verbandsliga spielen.“ Aber der Schock über den sportlichen Misserfolg sorgte auch für frischen Wind. Schon im Jahr darauf ging es aufwärts: Meisterschaft in der Württembergliga, Aufstieg in die Oberliga.

1000. Spiel Baden-Württemberg-Oberliga, 12. Spieltag, TV Oppenweiler – SG Lauterstein 27:21, Gemeindehalle in Oppenweiler, 23. November 2013. Wieder eine randvolle Gemeindehalle. Beim 1000. Spiel des TVO auf Verbandsebene oder höher herrschte Aufbruchstimmung. Auch Willy Friz spürte, dass beim Traditionsverein nach dürren Jahren wieder etwas geht. „Seit dieser Zeit hat sich unheimlich viel zum Positiven verändert“, sagt Friz und denkt dabei an langjährige Akteure wie Dirk Hail als Abteilungsleiter oder Thomas Bühler als Finanzminister, die dem Verein auch nach dem Ende ihrer sportlichen Laufbahn in ähnlicher Art und Weise treu blieben, wie es seinerzeit Willy Friz und seine Mitspieler taten. Dass sich Jonas Frank mittlerweile stark einbringt, findet er ebenfalls klasse, „er ist ein ganz wichtiger Mann für uns“.

Für Willy Friz ist eines der Erfolgsrezepte für den Handball im Murrtal, „dass wir sowohl auf dem Spielfeld wie auch daneben immer wieder die richtigen Leute gefunden haben, um in diesen hohen Ligen mitzuspielen“. Die Bildung der Spielgemeinschaft mit der TSG Backnang zum HC Oppenweiler/Backnang habe dem ganzen zusätzlichen Auftrieb gegeben. Willy Friz ist auch mit 84 Jahren fast bei jedem Spiel dabei. Zu vielen Spielern hat er einen guten Draht. Er lobt, wenn es zu loben gibt, und er hat für jeden ein aufbauendes Wort parat, wenn es mal nicht so läuft. Wenn es mal zeitlich nicht zur Auswärtspartie klappt, verfolgt er die Begegnungen im Fernseher. Mittlerweile kommen alle Begegnungen live, wer hätte das 1980 gedacht. Viel hat sich im Laufe der 42 Jahre geändert. Aber nicht alles.

1250. Spiel Dritte Liga, 11. Spieltag, HC Oppenweiler/Backnang – SG Köndringen/ Teningen, Gemeindehalle in Oppenweiler, 12. November 2022. Nichts geändert hat sich zum Beispiel daran, dass sich die Handballer aus dem Murrtal mit der SG Köndringen/Teningen duellieren. Dieses Match ist eines der am häufigsten wiederkehrenden in all den Jahren, in denen der TVO und der HCOB im höherklassigen Handball unterwegs sind. „Anfangs sind wir da gar nicht gern hingefahren“, sagt Willy Friz zu den Duellen mit den Breisgauern. „Dort haben sie dem Schiedsrichter mit dem Bierkrug gewunken.“

Die Zeiten sind vorbei, mittlerweile freut man sich hüben wie drüben auf das Aufeinandertreffen auf hohem Level. Dass die HCOB-Handballer zuletzt zwei von drei Spielen verloren, lässt Friz nicht daran zweifeln, „dass wir zur Spitze gehören und wir am Ende der Saison unter den ersten drei unserer Staffel landen können“. Für Samstag wünscht er sich einen Sieg, und er freut sich aufs Wiedersehen mit Sportlern und Weggefährten aus vielen Jahrzehnten Handball. „Mit manchen bin ich fortwährend in Kontakt“, sagt Willy Friz und denkt dabei an den langjährigen Spielleiter Helmut Wurst, mit dem er fast jeden Sonntag die Ergebnisse vom Wochenende telefonisch bespricht – wenn man nicht eh schon am Abend zuvor gemeinsam in der Gemeindehalle auf den Rängen gesessen hatte.

Ein paar Gäste kommen aber von weiter her, waren vielleicht schon eine Weile nicht mehr da. Da gibt es am Samstag bestimmt eine Menge Gesprächsstoff. Denn bei allen sportlichen Ambitionen findet Willy Friz: „Entscheidend für unseren Erfolg war und ist, dass wir auch kameradschaftlich immer gut aufgestellt waren und sind.“

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Erstellt:
9. November 2022, 17:00 Uhr

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