Corona kostet Turner über 3300 Mitglieder

Nach gut zwei Jahren im Zeichen der Pandemie sehnen sich Gislind Gruber-Seibold und ihre Mitstreiterinnen im Turngaupräsidium danach, nun wieder richtig durchstarten zu können. Der Mitgliederschwund fällt bei den großen Stadtklubs deutlicher aus als bei den kleinen Landvereinen.

Sind durchaus optimistisch, dass in den Turnhallen und bei den Vereinen möglichst rasch wieder der altgewohnte Betrieb herrscht: Turngauvizepräsidentin Sabine Ruopp, Präsidentin Gislind Gruber-Seibold und Geschäftsstellenleiterin Sibylle Lentini (von links). Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Sind durchaus optimistisch, dass in den Turnhallen und bei den Vereinen möglichst rasch wieder der altgewohnte Betrieb herrscht: Turngauvizepräsidentin Sabine Ruopp, Präsidentin Gislind Gruber-Seibold und Geschäftsstellenleiterin Sibylle Lentini (von links). Foto: A. Becher

Von Uwe Flegel

„Es wäre schön, wenn wir das Fenster wieder ein Stückchen weiter öffnen könnten.“ Nach gut zwei Jahren Sport im Zeichen der Coronapandemie ist die Sehnsucht nach Normalität bei der Präsidentin des Turngaus aus Alfdorf und ihren Mitstreiterinnen Sabine Ruopp und Sibylle Lentini groß. Dabei sind die Turner an Rems und Murr bisher zwar nicht ganz ohne Macken, aber einigermaßen unversehrt durch die schwere Zeit gekommen. Wobei Geschäftsstellenleiterin Lentini aus vielen Gesprächen weiß: „Die großen Vereine haben die Folgen von Corona stärker getroffen als kleinere.“

Dazu gehört zum Beispiel ein Minus bei den Mitgliedern. Waren es zum 1. Januar 2020 noch 48731 Personen, hatten die 94 Vereine zum Jahresbeginn 45414 Turnerinnen und Turner in ihren Listen. Zu erkennen, so Präsidentin Gruber-Seibold, ihre Stellvertreterin Ruopp und Geschäftsstellenleiterin Lentini, sei gar ein richtiges Stadt-Land-Gefälle. In den Dörfern gebe es einfach eine viel engere Bindung zum Verein. Je größer die Orte und die Klubs, desto eher würde der Verein als Dienstleister wahrgenommen und umso einfacher falle dann offenbar die Entscheidung, die Mitgliedschaft im Verein zu kündigen.

Vor allem der Breitensport war von den Coronaregeln stark beeinträchtigt

Wobei das nur die eine Seite der Medaille ist, weiß das Führungstrio doch: „Uns fehlen auch die Kinder.“ Wobei sich den Verantwortlichen dort ein eher durchwachsenes Bild bietet, wie eine Umfrage bei den Klubs im Bereich Gerätturnen zeigt. Dabei habe sich gezeigt, dass der Wettkampfsport vergleichsweise gut davongekommen sei, erzählt Sabine Ruopp, seit etwas mehr als zwei Jahrzehnten und damit dienstälteste Vizepräsidentin im Turngau. Die Backnangerin weiß aber, dass es im Breitensport deutlich schlechter aussieht, da viele Kurse und Übungsabende zum Teil über längere Phasen nicht stattfinden konnten. Vor allem für die ganz jungen Jahrgänge gab es sehr wenig Möglichkeiten, überhaupt zum Sport zu finden. Ruopp nennt exemplarisch das Eltern-Kind-Turnen und fragt sich: „Kommen wir an diese Kids wieder, kommen wir überhaupt noch an sie ran?“

Gruber-Seibold setzt sogar noch eins drauf: „Bekommen wir auch die ganzen Übungsleiter wieder zurück?“ Denn klar ist, dass es einiges nachzuholen gibt. „Zwei Trainingsjahre sind weg“, weiß Ruopp und ihre Präsidentin hält das nicht nur aus wettbewerbstechnischen Gründen für problematisch. „Schon zuvor haben Studien immer wieder auf die Bewegungsarmut bei Kindern und Jugendlichen hingewiesen. Die hat sich noch verstärkt.“ Deshalb sei dem Turngau so wichtig, dass vergangenes Jahr Kindern bis zwölf Jahren mit den sechs sogenannten Tobetagen Bewegungsangebote gemacht werden konnten. Ein Programm, das dieses Jahr zwischen Juli und September wieder stattfinden soll – und für das die Aussichten angesichts der derzeitigen Coronaregeln eigentlich richtig gut sind. Sie sind jedenfalls so, dass es bei den Turngauoberen zu Optimismus reicht.

Überhaupt sieht Gislind Gruber-Seibold ihren Verband an Rems und Murr „gut besetzt und in den entscheidenden Bereich sogar sehr gut aufgestellt“. Auch der Turngautag in Oppenweiler zu Beginn des Jahres, der bereits als sogenannte Präsenzveranstaltung abgehalten wurde, sei positiv verlaufen. Rückenwind für die kommenden Aufgaben und die Versuche, das aufzuholen, was in den Coronajahren nicht getan werden konnte. Im Wettkampf- und im Breitensport. Wobei das nicht heißt, dass für die Frauen und Männer im Hintergrund in der Zeit Nichtstun angesagt war. Bei den Vereinen und den Verbänden, wie Lentini weiß und sagt: „Es war schon sehr viel Aufwand, immer wieder sich in die ständig veränderten Verordnungen einzulesen.“ Zudem zeige sich nun, wer trotz der verordneten Ruhe fleißig gewesen sei, so die Schorndorferin, die erzählt: „Vereine, die viel kommuniziert haben, die Online-Angebote gemacht haben, die zu ihren Übungsleitern viel Kontakt gehalten haben, melden mir im Regelfall wesentlich geringere Verluste als die anderen.“ Sowohl in den Städten des Kreises wie auch auf dem Land.

Überhaupt verspüren die Turngaupräsidentin und ihre Mitstreiterinnen keinerlei Grund zur Resignation. „Es ist eher so, dass wir uns sagen: Jetzt erst recht“, erzählt Sabine Ruopp und weiß: „Wir müssen schauen, dass wir den Vereinen helfen, wieder in Schwung zu kommen.“ Denn wer in schweren Zeiten Mitglieder verliert, der kann in guten auch wieder welche zurückgewinnen.

Für Kinder und Erwachsene

Neustart Bereits am kommenden Samstag steht im Turngau Rems-Murr die erste größere Veranstaltung an. In der Lauswiesenhalle in Schorndorf-Haubersbronn findet ab 13 Uhr ein STB-Kindercup Basis und Rhönrad statt. Als weitere Termine stehen der 22. Mai (Welzheim, Basis und Trampolin) sowie der 9. Juli (Remshalden, Basis und Rope Skipping) fest. Zudem sind weitere Veranstaltungen bereits geplant. Startberechtigt bei dieser Wettkampfform sind Kinder zwischen sechs und zehn Jahren.

Sommerangebot Als sogenanntes niederschwelliges Angebot für Erwachsene versteht sich das Sommerferienprogramm des Turngaus, das in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal stattfindet. „Dabei geht es darum, auch nicht sportaffine Menschen in Bewegung zu bringen, hier in unserem Kreis, Land, Leute sowie auch andere Vereine kennenzulernen und zusammenzubringen“, erklärt Gislind Gruber-Seibold

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Erstellt:
17. März 2022, 06:00 Uhr

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