Hockeyspieler vom Mannheimer HC
Der argentinische Deutsche – warum Gonzalo Peillat nun wieder um Gold spielt
Gonzalo Peillat hat 2016 mit der argentinischen Hockey-Nationalmannschaft Olympia-Gold gewonnen. Acht Jahre später in Paris spielt er wieder um den Sieg. Diesmal mit Deutschland. Wie kam es dazu?
Von Dirk Preiß
Kürzlich, als die deutsche Hockey-Nationalmannschaft ihr Viertelfinale der Olympischen Spiele in Paris gegen Argentinien gewonnen hatte, gab es ja eine nicht zu übersehende Besonderheit: Beim 3:2 der „Honamas“, wie das deutsche Team sich selbst nennt, traf unter anderem Gonzalo Peillat – der in Buenos Aires geboren ist. „Ein Argentinier hat gegen Argentinien getroffen“, sagte ein Reporter danach zu Mats Grambusch, dem deutschen Kapitän. Der schlagfertig und mit Blick auf das Halbfinale antwortete: „Ja, und jetzt brauchen wir einen Inder – haben wir aber nicht.“
Aber, wie gesagt: Sie haben ja Gonzalo „Gonzo“ Peillat – und das ist schon eine ganze Menge. Denn: Als einziger der deutschen Nationalspieler weiß der 31-Jährige bereits, wie es ist, eine olympische Goldmedaille um den Hals hängen zu haben.
2016 holte der Strafeckenspezialist als Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft in Rio den Olympiasieg. Auf dem Weg dorthin räumte seine Mannschaft unter anderem das deutsche Team aus dem Weg. 5:2 im Halbfinale – Peillat traf dreimal. Im selben Jahr passierte aber noch etwas anderes Wegweisendes im Leben des Hockeyspielers.
Gonzalo Peillat und seine heutige Frau Florencia Habif, ebenfalls eine argentinische Hockeyspielerin, wechselten gemeinsam zum Mannheimer HC. Die Kurpfalz wurde zur zweiten Heimat des Paares. „Buenos Aires ist riesig, Mannheim dagegen klein“, sagte Peillat in einem Beitrag des SWR, „aber es gefällt uns, wir können vieles mit dem Rad erreichen.“ Zum Beispiel das Trainingsgelände des MHC.
Seit Februar 2022 mit deutschem Pass
Die Heimatgefühle wurden irgendwann so groß, dass Peillat, der inzwischen sehr gut Deutsch spricht, die deutsche Staatsbürgerschaft beantragte. Was wiederum Auswirkungen auf seine Hockeykarriere hatte.
„Eigentlich hatte ich damit abgeschlossen, noch einmal international zu spielen“, erinnert er sich. Denn nach Unstimmigkeiten im argentinischen Verband hatte er seine Karriere in der dortigen Auswahl nach 153 Länderspielen 2019 beendet. 2020 nahm dann der damalige deutsche Bundestrainer Kais al Saadi erstmals Kontakt zu Gonzalo Peillat auf. Der fand die Idee durchaus reizvoll.
Im Februar 2022 hielt er seinen deutschen Pass (er besitzt auch einen argentinischen und einen italienischen) in den Händen, meinte: „Ich wohne und arbeite seit über sechs Jahren in Deutschland, wo ich die meiste Zeit des Jahres verbringe. Daher plane ich meinen Lebensmittelpunkt weiter in Mannheim.“ Beim MHC nennen sie ihn wegen seiner eher typischen deutschen Wesenszüge schon „Günther“. Wenige Wochen später debütierte er für die deutsche Nationalmannschaft.
Hier ist er nicht „Günther“, sondern „Gonzo“ – und „voll in die Mannschaft integriert“, wie Mats Grambusch sagt. Der Kapitän wohnt im Olympischen Dorf innerhalb eines Achter-Appartements mit Peillat zusammen – und schätzt den Kollegen sehr. „Er ist eigentlich ein sehr ruhiger Typ, der aber wahnsinnig gerne lacht“, erklärt er. Aus dem Nichts komme dann oft „ein blöder Spruch“, und das sei dann „immer herrlich“. Grambusch jedenfalls ist „froh, dass er sich entschieden hat, für Deutschland zu spielen. Er ist ein top Typ“.
Anfeindungen aus der alten Heimat
Der vor seinem Debüt für die „Honamas“ aber klargestellt hatte, dass eine Einbürgerung nicht gleichbedeutend mit einer Nominierung sein muss. „Damit ich wirklich spielen kann“, sagte er vor über zwei Jahren, „muss ich ein Mehrwert für die Mannschaft sein und mir meinen Platz verdienen.“ Der Bundestrainer André Henning sah diesen Mehrwert schnell und holte den Mann aus Buenos Aires in sein Team. Gemeinsam wurden sie 2023 Weltmeister.
Ein emotionaler und tränenreicher Moment für Gonzalo Peillat, der in seiner Heimat aber auch angefeindet wurde. Nach seinem Treffer in Paris gegen das Team der Heimat erst recht. Im argentinischen TV konterte er mit einem frechen und nicht ganz jugendfreien Spruch, den schon der große Diego Maradona mal gesagt hatte – und kümmert sich seitdem nicht mehr darum. Es gibt schließlich wichtigeres.
An diesem Donnerstag (19 Uhr) spielen die deutschen Hockey-Herren gegen die Niederlande um Gold. Klappt es nach acht Jahren noch einmal mit dem Olympiasieg, diesmal für seine zweite Heimat? „Das“, meinte Gonzalo Peillat, „wäre krass.“ Und erneut absolut besonders.