Der Königstransfer

Die ganze Liga beneidet den BVB um Axel Witsel, der sein Team in Leipzig zum nächsten Sieg führt

Borussia Dortmund - Nach dem Ausfall von Marco Reus hat bei Borussia Dortmund Axel Witsel die Führungsrolle übernommen. Kein Zufall, dass der Belgier beim 1:0-Sieg in Leipzig das entscheidende Tor erzielte und den FC Bayern auf Distanz hielt.

Leipzig (StN). War da irgendwas? Hatten die Bayern etwa zur großen Aufholjagd geblasen und versucht, ihren Rivalen Borussia Dortmund nervös zu machen? Der Mann, der die Verhältnisse an der Tabellenspitze wieder zurechtrückte, blieb ganz gelassen und schüttelte nur milde seinen Lockenkopf. „Mir ist völlig egal, was die sagen“, erklärte Axel Witsel und stellte klar: „Wir denken nur an uns, an unser Spiel.“

Und dennoch: Der Druck war nach dem Sieg des FC Bayern in Hoffenheim gewaltig, die Sorgen im Sturm durch den Ausfall von Marco Reus groß – doch ließ sich Borussia Dortmund nicht unterkriegen. Der Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga trat beim 1:0 (1:0) bei RB Leipzig dank Torschütze Witsel und Keeper Roman Bürki enorm ­abgezockt auf und stellte den alten Sechspunktevorsprung auf die Münchner im Stil eines echten Champions wieder her.

„Wir sind extrem zufrieden, das war ein schweres Spiel“, sagte BVB-Trainer Lucien Favre und atmete nach dem Abpfiff tief durch. Immerhin hatte seine Mannschaft dem Champions-League-Aspiranten RB Leipzig die erste Heimniederlage in dieser Saison beigebracht. „Wir haben das Tor ­gemacht, deshalb war der Sieg verdient“, meinte der starke Keeper Bürki, der die Leipziger Offensivkräfte um Torjäger Timo Werner verzweifeln ließ.

Überragender Akteur auf dem Feld war BVB-Mittelfeldstratege Áxel Witsel. Der Belgier übernahm nach dem Ausfall von Reus wie selbstverständlich die Führungsrolle und glänzte sowohl als Abräumer als auch als Spielmacher. Beeindruckend auch sein Treffer zum entscheidenden 1:0 (19.): Nach einer Ecke donnerte der 30-Jährige den Ball per Dropkick unter die Querlatte.

„Ein schönes und wichtiges Tor. Ich freue mich sehr, dass wir so in die Rückrunde gestartet sind“, sagte Witsel. Der Belgier formte nach seinem Tor wie üblich mit den Händen einen Vogel, so wie es früher Frankreichs Skandalstürmer Nicolas Anelka tat – ein Idol von Witsels Vater, der aus dem karibischen Übersee-Departement Martinique stammt. „Er ist ein echter Stratege, wie man ihn sich wünscht, Axel lenkt das Spiel“, lobte BVB-Manager Michael Zorc – und klopfte sich damit auch selbst auf die Schultern.

Mehrere Glücksgriffe haben die Dortmunder Verantwortlichen im Sommer ­gelandet – den spanischen Torjäger Paco Alcácer zum Beispiel oder Witsels Mittelfeldpartner Thomas Delaney. Doch ist es Axel Witsel, der als Königstransfer gilt. „Er ist das Herzstück dieser Mannschaft, er hat eine natürliche Autorität“, sagt Matthias Sammer, der seit Ende März externer BVB-Berater ist und sich vehement für die Verpflichtung des Routiniers aus Lüttich eingesetzt haben soll.

Immerhin 20 Millionen Euro ließen es sich die Dortmunder nach wochenlangen Verhandlungen kosten, Witsel vom chinesischen Erstligisten Tianjin Quanjian ins Ruhrgebiet zu holen. Längst weiß man: Besser hätte der BVB das Geld nicht investieren können. Die ganze Liga beneidet den Tabellenführer um Witsel, der auf seiner Position zu den besten Spielern im Weltfußball zählt.

Es ist die große Kunst des 1,88 Meter langen Schlaks, Schwieriges ganz einfach aussehen zu lassen. Mit einer Genauigkeit von 93,5 Prozent ist Witsel der Passkönig der Bundesliga – kein anderer Spieler bringt so viele Zuspiele an den Mann.

Dabei denkt der 101-malige Nationalspieler meist offensiv – nur 15 Prozent seiner Pässe spielte er nach hinten. Kein Wunder also, dass er beim BVB als absolut unverzichtbar gilt. In 26 Pflichtspielen, die Dortmund in dieser Saison absolviert hat, fehlte Witsel nur einmal – im letzten Champions-League-Gruppenspiel beim AS Monaco (2:0), als der Einzug ins Achtelfinale bereits feststand.

Eine weitere Verschnaufpause dürfte der Stratege so bald nicht bekommen. Denn die Bayern werden kaum lockerlassen.

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Erstellt:
21. Januar 2019, 16:11 Uhr

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