Die nächste Runde im Ringer-Streit
Der TSV Musberg besitzt das Hausrecht des Ringerraumes – und sperrt von Juni an den Nachwuchs des KSV Musberg aus
Posse - Hier der TSV Musberg, dort der KSV Musberg um Weltmeister Frank Stäbler. Der Zwist bei den Ringern um Hallenrechte nimmt absurde Züge an. Nun gibt es sogar eine Demo.
Stuttgart Es könnte ein entspanntes Frühjahr werden für Deutschlands Paraderinger Frank Stäbler. Der dreifache Weltmeister ist fit, freut sich auf die WM im September in Kasachstan und zehrt emotional noch von dem großen Bahnhof, den man ihm nach seinem dritten WM-Triumph vor ein paar Monaten auf den Fildern bereitet hatte. Allerdings nicht in seinem Wohnort Musberg im Kreis Esslingen, sondern in der Sporthalle im benachbarten Leinfelden, wo Innenminister Thomas Strobl (CDU) ihn als glänzendes Vorbild für die Jugend und als herausragenden Athleten lobte. Baden-Württemberg sei stolz auf ihn, sagte Strobl.
Sein Heimatdorf wohl eher weniger. Nach wie vor kann Stäbler nur an vier Vormittagen und zweimal in der Woche abends in den Musberger Ringerraum, wobei ihm die Vormittagstermine nicht viel nützen, da seine Trainingspartner berufstätig sind. „Zweimal abends Mattentraining mit Partnern ist zu wenig für eine gute WM-Vorbereitung“, sagt Stäbler, „ich werde mir etwas einfallen lassen müssen.“ Was, weiß er noch nicht, Stäbler hofft immer noch auf eine Öffnung der städtischen Trainingsräume wie früher für sich und seinen neuen Verein, den KSV Musberg.
Das ist aber in weiter Ferne. Die langjährige Provinzposse, ob die Ringer des Vereins KSV Musberg ein Zugangsrecht zu städtischen Trainingsräumen haben sollen, ist entschieden. Sagen wir so: mal wieder. Aktuell hat die Stadtverwaltung zum wiederholten Mal zugunsten des TSV Musberg entschieden, aus dessen Reihen nach heftigen Streitereien zuerst ums Geld und dann um persönliche Eitelkeiten 2018 der KSV mit seinen aktuell 200 Mitgliedern entstanden ist.
Dem TSV wird das alleinige Belegungsrecht für städtische Räume durch die Verwaltung bestätigt, getreu der ungeschrieben Regel: Altverein vor Neuverein. Andere Räumlichkeiten könne man aber auch nicht anbieten, ließ die Stadt den KSV wissen. Der Ringerstreit hat sich mittlerweile zu einer erbitterten persönlichen Fehde zwischen dem TSV-Vorstand um den Vorsitzenden Joachim Beckmann und den Ringern um Frank Stäbler und dessen Trainer Andreas Stäbler (nicht verwandt) entwickelt. Mit allen Zutaten einer Schmierenkomödie, wie abgehängte Plakate, verweigerte Handschläge oder Schmähbriefe. Um was es fachlich mal ging, ist längst vergessen und auch erledigt. Gewonnen hat Beckmann, verloren das Ringen und viele junge Sportler.
Merkwürdig an der Entscheidung der Stadt zugunsten des TSV ist eines: Die Verwaltung hatte in der Vergangenheit erklärt, das Belegungsrecht des Ringerraums durch den TSV müsse durch die Zukunft des Ringens im Verein legitimiert werden. Über seine Pläne mit dem Ringen musste deshalb der TSV bis zum 15. Dezember 2018 der Stadt ein Konzept präsentieren. Das soll es auch geben, über den Inhalt ist aber nichts zu erfahren. Joachim Beckmann lässt mehrfache Anfragen unserer Zeitung zum Stand des Ringens in seinem TSV unbeantwortet, die Stadt verweist wiederum auf den TSV. Dort haben sich die Mitglieder des Gesamtvereins bei einer Abstimmung mehrheitlich zwar für eine Zukunft des Ringens im TSV ausgesprochen, wahrnehmbar findet der Sport allerdings nicht mehr statt. Es waren in der vergangenen Saison keine Mannschaften gemeldet, auf der Homepage des Vereins datiert die letzte Eintragung der Ringerabteilung vom 16. Juli 2017, in der Vereinszeitschrift und im Amtsblatt sucht man seit Monaten Ringen vergeblich.
Fakt ist dagegen, dass der KSV im Sportbetrieb funktioniert und bereits eine Saison im Ligen- und Turnierbetrieb gemeistert hat. In die neue Saison wird man mit mindestens zwei Mannschaften gehen, weiter Training, Jugendarbeit und den Ringerkindergarten anbieten und versuchen, ein leistungsförderndes Umfeld samt Trainern und guten Trainingspartnern für Frank Stäbler und die Jugend zu schaffen. Das Ganze in Ausweichquartieren. Die Kleinsten haben im katholischen Kindergarten St. Martin Unterschlupf gefunden. Für die städtischen Räume gilt künftig: Die Aktiven des KSV haben seit 31. März Hausverbot, für die Kinder und Jugendlichen gilt das von 1. Juni an. Ob man im Rathaus davon abrückt, falls sich herausstellt, dass der TSV weder ein schlüssiges Konzept fürs Ringen noch aktive Ringer hat, war nicht zu klären.
Auf eine Anfrage zum Thema verwies die Stadt auf ihren Brief an den KSV, in dem steht, dass der TSV sein Konzept nicht habe umsetzen können, weil die KSV-Ringer die Räume blockiert hätten. Es sieht also nicht gut aus für das Ringen in Musberg. Allerdings formiert sich jetzt doch Widerstand im Gemeinderat gegen die Entscheidung der Stadtverwaltung. Die CDU-Fraktion sowie die Fraktionsgemeinschaft L.E. Bürger/FDP und ein Mitglied der Freien Wähler wollen einem Konzept zur Raumbelegung zum Durchbruch verhelfen, das beide Vereine leben lässt, keine Kinder aussperrt und das Ringen in Musberg sichert. Damit stellt sich die CDU gegen ihren Parteifreund und Oberbürgermeister Roland Klenk. Der ist Mitglied im TSV (Fußballabteilung) und trägt den Rauswurf des KSV mit. Das Thema dürfte jetzt angesichts der nahen Kommunalwahl auch die anderen Parteien im Gemeinderat beschäftigen.
Am kommenden Samstag werden die KSV-Ringer mit ihren bald sportlich heimatlosen Kindern und Jugendlichen vor dem Rathaus in Leinfelden für ein Bleiberecht demonstrieren und Unterschriften sammeln. Und Frank Stäbler wird sich weiter gegen den strammen Gegenwind stemmen und versuchen, sich auf die WM 2019 und vor allem die Olympischen Spiele 2020 vorzubereiten. In seinem Dorf hoffen indes manche, dass er scheitert. Sonst müsste man am Ende noch den Raum nach just dem Mann benennen, den einige am liebsten für immer rauswerfen würden.