Direkter Draht nach Stuttgart zahlt sich aus

Mit Gabriel Eichhorn und Marc Plieninger turnen in der am Samstag zu Ende gehenden Drittliga-Saison zwei Talente vom Bundesstützpunkt für die TSG Backnang. Geklappt hat es dank der intensiven Kontakte, die es seit über 20 Jahren gibt, und die weiterhin gepflegt werden sollen.

Die TSG wünscht sich, dass Gabriel Eichhorn auch seine nächsten großen Entwicklungssprünge noch in Backnang macht.Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Die TSG wünscht sich, dass Gabriel Eichhorn auch seine nächsten großen Entwicklungssprünge noch in Backnang macht.Foto: T. Sellmaier

Von Steffen Grün

Es sind mindestens fünf Namen, die für die engen Verbindungen zwischen der Turnabteilung der TSG Backnang und den Machern in der Landeshauptstadt stehen. Sebastian Krimmer, weil der mittlerweile 31-jährige, spätere Olympiastarter bereits mit sieben Jahren an den Bundesstützpunkt wechselte. Dessen Mutter Claudia Krimmer, weil sie bis 2019 rund zwei Jahrzehnte als ehrenamtliche Teammanagerin von Stuttgarts Bundesliga-Mannschaften fungierte und außerdem lange Zeit beim Schwäbischen Turnerbund arbeitete. Emelie Petz, weil die 18-Jährige denselben Weg wie Sebastian Krimmer ging und in den nächsten Jahren große Ziele verfolgt. Thomas Andergassen, weil Stuttgarts einstiges Aushängeschild durch die Ehe mit seiner Frau Melanie quasi auch in die TSG eingeheiratet hat. Und Karsten Ewald, weil er als langjähriger Geschäftsführer des MTV Stuttgart und als amtierender Vizepräsident die wohl engste Kontaktperson der Backnanger Fraktion in der Neckarmetropole ist.

Das komplette Quintett hatte in den vergangenen Jahren in unterschiedlichem Maße seinen Anteil daran, dass die Stuttgarter Bundesliga-Teams so viele deutsche Meistertitel holten. Zumindest das Erfolgskapitel der Männer wurde mit dem Rückzug vor drei Jahren geschlossen, für die Vereine in der Umgebung eröffnete dieser Schritt aber auch neue Türchen. Weil die Landesliga bei den Stuttgartern derzeit das Maximum ist, ist der MTV nicht mehr das automatische Sammelbecken für alle Jungs vom Bundesstützpunkt, die sich bei Mannschaftswettkämpfen in Ruhe weiterentwickeln wollen. „Ich hatte die Idee, auf Marc Plieninger zuzugehen“, erinnert sich TSG-Abteilungsleiter Rainer Böhle. Umgesetzt wurde sie vor dieser Runde, weil das Talent noch dieses Jahr den 16. Geburtstag feiert und deshalb erstmals für die drei höchsten deutschen Ligen startberechtigt war. Dasselbe galt auch für Gabriel Eichhorn, von daher sagten sich Backnangs Macher: „Wir könnten ihn doch auch fragen.“ Vor allem Claudia Krimmer ließ ihre Kontakte spielen, tatsächlich durfte sich die TSG über zwei Zusagen freuen.

Die TSG Backnang hofft aufs Bleiben von Gabriel Eichhorn und Marc Plieninger

Eichhorn entwickelte sich auf Anhieb zu einem der Topscorer in der Dritten Liga, bis er sich nach dem vierten von sechs Duellen vor zwei Wochen zu wichtigen Lehrgängen verabschiedete. Bei Plieninger war der Weg nach seiner Verletzungspause etwas holpriger, doch auch er wurde zuletzt an immer mehr Geräten eingesetzt. Stellt sich die Frage, ob beide Jungs auch 2022 für Backnang turnen? Bei Plieninger ist Coach Mark Warbanoff guter Dinge, bei Eichhorn ist die Lage nach den starken Leistungen etwas komplizierter. Die TSG würde ihn mit Kusshand erneut nehmen, denn „er hat uns unglaublich geholfen. Er hat sich sehr wohlgefühlt und seine Eltern fanden es toll, wie er integriert wurde.“ In Warbanoffs Augen müsste die Erste Bundesliga der nächste Schritt für ihn sein – aber nicht so rasch, „dafür ist es aus meiner Sicht noch einen Tick zu früh“. Vom Zwischenstopp bei einem Zweitligisten rät Warbanoff ab, doch am Ende muss Eichhorn die Entscheidung nach Rücksprache mit der Familie um seine große Schwester Elisabeth Seitz und seinem Trainer am Bundesstützpunkt fällen. Das Geld ist kein Argument für Backnang, denn hier gibt es für die Turner allenfalls ein gutes Vesper.

Sollten Plieninger und Eichhorn bleiben, sieht der TSG-Trainer keinen Bedarf, noch ein weiteres Talent aus Stuttgart ins Murrtal zu lotsen. Geht einer oder verabschieden sich beide, „würden wir wieder darüber diskutieren“. Die Entscheidung treffen Warbanoff, das Team und die Funktionäre zusammen. Den Jungs aus dem eigenen Stall, die das Zeug für die Dritte Liga haben, wird der Weg auf keinen Fall verbaut, auch die Routiniers sollen weiterhin ihre Einsätze kriegen. Es ist auf keinen Fall das Ziel, mit aller Macht den Sprung in die Zweite Bundesliga zu schaffen, solange die Trainingsmöglichkeiten in Backnang so unzureichend sind. „Es ist der Traum eines jeden Turners, aber nicht um jeden Preis“, sagt Warbanoff. „Wir würden uns gegen einen Aufstieg aber auch nicht wehren“, fügt Rainer Böhle hinzu. Etwas anderes ist dem Abteilungsleiter wichtiger – nämlich, „den Status quo zu halten“. Droht also der Abstieg aus der Dritten Liga, weil die eigenen Kräfte nicht ausreichen, wird definitiv Abhilfe in Stuttgart gesucht.

Saisonfinale am Samstag in der Karl-Euerle-Halle

Rückblick Fünf Wettkämpfe liegen in dieser Drittliga-Saison hinter den TSG-Turnern. Die Bilanz ist mit sechs Zählern recht erfreulich, obwohl Backnang mit Niederlagen gegen die Topteams startete – 27:45 beim MTV Ludwigsburg, 27:31 gegen die WTG Heckengäu. Davon erholten sich die Jungs von Trainer Mark Warbanoff rasch. Zuletzt gab es beim TV Bühl (39:22), gegen den TSV Grötzingen/Karlsruhe (33:23) und bei der TG Wangen-Eisenharz (32:23) drei Siege in Serie. Die TSG ist Dritter.

Ausblick Das Saisonfinale steigt am Samstag ab 18 Uhr in der heimischen Karl-Euerle-Halle gegen den Fünften TSV Unterföhring. Das ist zugleich der einzige Verein, der Backnang den dritten Platz noch streitig machen könnte. Denn während der Vierte aus Bühl die Runde bereits beendet hat, haben die Bayern mit bislang zwei Punkten noch zwei Wettkämpfe vor sich. Am 6. November gelten sie gegen das punktlose Schlusslicht Wangen-Eisenharz als klarer Favorit, deshalb hängt wohl alles vom Samstag ab. Der TSG würde es reichen, zwei Disziplinen für sich zu entscheiden, dann wäre ihr Rang drei mit Blick auf die Gerätepunkte sicher. Schöner wäre trotzdem ein Heimsieg.

Aufstieg Die Entscheidung, wer den Sprung in die Zweite Bundesliga schafft, fällt am Samstag ab 18 Uhr im direkten Duell zwischen der WTG Heckengäu und dem MTV Ludwigsburg. Beide haben die bisherigen fünf Wettkämpfe gewonnen, nun kommt es zum Showdown.

Zum Artikel

Erstellt:
21. Oktober 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Rems-Murr-Sport

Murrhardter Talente haben großes Vertrauen in die eigene Stärke

Fußball-Europameisterschaft Die C-Jugend-Fußballer der SGM Murrhardt haben keinen Zweifel am deutschen Weiterkommen im Achtelfinale gegen Dänemark. Auch für die eigene Mini-EM im Trauzenbachstadion in knapp einer Woche ist der Nachwuchs guten Mutes.

Rems-Murr-Sport

TSV Oberbrüden: Von der Spaßtruppe zum Meisterteam

Aufstiegsgeschichten Das Frauenteam bejubelt den Titelgewinn in der Kreisliga. Nächste Runde gehts in der Bezirksliga um Punkte. Die Freude am gemeinsamen Fußballspiel will die Elf um die Spielertrainerinnen Scarlett Berenz und Nathalie Hofmann auch dort bewahren.

Rems-Murr-Sport

Kunstradfahren: Im Weissacher Vorzeigesport rollt’s wieder

Der Radsportverein scheint seine Talsohle durchschritten zu haben. Dort, wo einst Weltklasse im Kunstradsport trainierte, ist derzeit aber vor allem Graswurzelarbeit angesagt. Die 16-köpfige Trainingsgruppe um Kreismeisterin Bianca Brandner besteht vor allem aus Einsteigern.