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Drittligisten gehen mit DFB hart ins Gericht
Durcheinander um Regionalligareform und Neuregelung des Aufstiegs bringt die SG Sonnenhof und alle Rivalen auf die Palme
Der DFB und seine Landesverbände kriegen die Regionalligareform und die neue Aufstiegsregelung nicht gebacken. Eine Weile guckten sich die Fußball-Drittligisten das Schauspiel an, nun haben sie die Nase voll. In einer Erklärung betonen die SG Sonnenhof und alle 19 Rivalen, die Glaubwürdigkeit des DFB in dieser Sache sei „endgültig verloren gegangen“, und fordern für ihre Liga die „schnellstmögliche Rückkehr“ zu nur drei Absteigern.

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Das Ja zur Regionalligareform beim DFB-Bundestag im vergangenen Dezember ist mittlerweile zu einem Muster ohne Wert geworden.Foto: Imago
Von Steffen Grün
Um das Durcheinander zu verstehen, muss der Blick anfangs auf die vorherige Regionalligareform gerichtet werden. Zur Saison2012/2013 wurden aus drei Staffeln fünf, wofür als Hauptargumente kürzere Fahrten und sinkende Kosten genannt wurden. Böse Zungen behaupten aber, das Hauptanliegen des damals wie heute mächtigen und für die Amateure zuständigen DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch sei es gewesen, in seiner Funktion als Boss des Bayerischen Verbandes eine eigene Regionalliga für sein Bundesland zu zimmern. Sollte es so gewesen sein, hätte er es geschafft, denn aus den Staffeln Süd, West und Nord wurden Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern. Zudem ging die Zuständigkeit für die Regionalligen vom DFB an die Regional- und Landesverbände über, die seither sehr sorgsam darüber wachen.
Die Krux, die 2012 entstand: Die Meister der fünf Regionalligen konnten fortan nicht mehr automatisch vom Aufstieg ausgehen, weil in der Dritte Liga nur drei Absteiger vorgesehen waren. Der Titel bedeutete nur noch das Ticket für die Relegation, bei der als sechster Klub der Vizemeister aus dem Südwesten starten durfte und für die drei Duelle – jeweils mit Hin- und Rückspiel – ausgelost wurden. So ergab sich ein Nadelöhr, durch das 2014 die Aspacher schlüpften, das vielen Klubs aber das Ende der Aufstiegsträume bescherte. Meister, die nicht den Weg nach oben antreten? Von Anfang an ein zweifelhaftes Modell, an dem sich immer wieder heftige Kritik entzündete.
Um beim DFB-Bundestag im Dezember 2017 einen Schritt in die richtige Richtung zu ermöglichen, bewiesen die Drittligisten Kompromissbereitschaft. Sie boten an, die Zahl der Absteiger bereits in den Spielzeiten 2018/2019 und 2019/2020 von drei auf vier zu erhöhen, um wenigstens schon einmal vier von fünf Regionalligameistern den Aufstieg zu sichern. Es war eine Übergangslösung mit dem Ziel, ab 2020 vier Regionalligen und eine faire Auf- und Abstiegsregelung zu haben, die der Logik folgt: Alle Meister dürfen hoch. „Wir wollten den Lösungsweg mitgehen und sind den Regionalligisten entgegengekommen, damit sich die Situation sofort verbessert“, erinnert sich Thomas Deters an die Linie der Drittligisten: „Wir hatten aber auch Forderungen an den DFB.“ Als Beispiele nennt das Vorstandsmitglied der SG Sonnenhof Großaspach drei zusätzliche DFB- Pokal-Startplätze, eine verstärkte Präsenz der Dritten Liga in den Verbandsgremien oder die sogenannten Fallschirmzahlungen für den Abstieg in die Regionalliga. „Davon ist bislang nichts umgesetzt.“
Wenig produktiv war auch die nach dem Bundestag gebildete Ad-hoc-Arbeitsgruppe, die geeignete Vorschläge für eine viergleisige Regionalliga ab 2020 erarbeiten sollte. „Es hat sechs Monate gedauert, bis sie zum ersten Mal getagt hat“, ärgert sich Deters. Wie der „Kicker“ am Montag als Erstes berichtete, wurde die Runde wieder aufgelöst, ohne Brauchbares entwickelt zu haben. DFB-Vize Koch soll die vom Bundestag verabschiedete Lösung für faktisch nicht umsetzbar erklärt haben, weil keines der Modelle für eine Reduzierung auf vier Regionalligen mehrheitsfähig sei. Als Vorschlag steht aktuell im Raum, dem Westen und Südwesten je einen festen Aufstiegsplatz zu geben. Die Regionalverbände Nordost und Nord sowie der Landesverband Bayern als Vertreter der anderen Regionalligen sollen sich auf ein Verfahren für die beiden weiteren Plätze einigen.
Einziges denkbares Szenario für vier Regionalligen wäre wohl die Zerschlagung des Nordostens, dessen Vereine dem Norden und Bayern zugeordnet würden. Dagegen wehren sich die dortigen Macher, wozu Koch in der „Sportbild“ sagt: „Wir werden uns in Bayern – und die Kollegen im Norden auch nicht – keinesfalls gegen den Willen des Nordostens stellen und sind auch gegen einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss, der die Regionalliga Nordost aufteilen würde.“ Den Schwarzen Peter schiebt er im Prinzip aber doch dem Nordosten zu, wenn er ergänzt: Sollten die dortigen Klubs die Aufteilung wollen, seien „alle anderen sofort einverstanden“ – sonst „müssen sie das klar sagen und gegebenenfalls einen anderen Vorschlag machen“. Koch geht noch weiter und haut eine völlig andere Idee raus: „Wäre die Dritte Liga zweigleisig, hätten wir eine echte pyramidale Ligenstruktur und mit der Bildung der dann fünf oder sogar sechs Regionalligen überhaupt keine Probleme.“
Ein Affront für die Drittligisten, die den DFB in einer Erklärung hart kritisieren (siehe Info-Kasten). Für SG-Vorstandsmitglied Deters ist die Lage eindeutig: Gibt es keine Lösung mit vier Regionalligen, „ist der Bundestagsbeschluss nicht umsetzbar gewesen und kann nicht einfach durch etwas anderes ersetzt werden.“ Stattdessen „wollen die Drittligisten den Ursprungszustand schnellstmöglich wieder hergestellt haben“. Im Klartext: Ohne den sicheren Aufstieg aller Meister ist auch die Bereitschaft der Drittligisten hinfällig, einen vierten Absteiger zu akzeptieren. Logisch, wäre für sie doch die Rückkehr erschwert.
Die Idee, die Landkarte zu nehmen und so die Regionalligen Nord, Süd, West und Ost zu etablieren, scheint beim DFB sowie den Regional- und Landesverbänden auch nicht mehrheitsfähig zu sein. Thomas Deters’ Appell: „Man sollte sich von den Landesverbandsstrukturen etwas lösen und im Sinne des deutschen Fußballs denken.“

© Sportfotografie Alexander Becher
Thomas Deters