Felicitas Vogt erfüllt sich ihren großen Traum

Nachdem sich die 27-jährige Bantamgewichtlerin und Neubacknangerin im vergangenen Jahr zwei Europameisterschaftstitel gesichert hat, boxt die gebürtige Gmünderin nun am Samstagabend in Königsbrunn um die WM-Gürtel der beiden Verbände GBU sowie WIBF.

Felicitas Vogt hat ihren Fokus derzeit nur auf ein einziges Ziel gerichtet: Doppelweltmeisterin im Bantamgewicht werden. Foto: M. Vogt

© Maximilian Vogt

Felicitas Vogt hat ihren Fokus derzeit nur auf ein einziges Ziel gerichtet: Doppelweltmeisterin im Bantamgewicht werden. Foto: M. Vogt

Von Uwe Flegel

Was Felicitas Vogt am Sonntag macht? „Den ganzen Morgen schlafen.“ Wenn irgendwie möglich steht die 27-Jährige am Nachmittag dann allerdings in Korb auf dem Sportplatz, um ihrem Freund Denis Krug mit Unterweissachs Fußballern im dortigen Bezirksliga-Duell die Daumen zu drücken. Dann, so hofft die gebürtige Gmünderin, als frischgebackene Weltmeisterin. Schließlich erfüllt sich für sie am Samstagabend ein großer Traum. In Königsbrunn bei Augsburg boxt die Bantamgewichtlerin (bis 53,5 Kilogramm) um die WM-Gürtel der beiden Verbände Global Boxing Union (GBU) und Womens International Boxing Federation (WIBF).

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als die seit Kurzem im Backnanger Ortsteil Heiningen lebende Sportlerin ihren ersten Titel als Profiboxerin feierte. In einem von Ex-Weltmeister Firat Arslan in Göppingen veranstalteten Kampfabend sicherte sie sich die Europameisterschaftsgürtel der GBU und der WIBF. In Runde drei hatte die 1,50 Meter große Felicitas Vogt die fast einen Kopf größere Sonja Soknic aus Bosnien-Herzegowina am Boden und das Duell wurde abgebrochen. Für die frühere deutsche Juniorenmeisterin und ehemalige Fünfte der Junioren-EM war es ein riesiger, vermutlich gar der entscheidende Schritt auf dem Weg zu dem WM-Kampf in drei Tagen.

Eine Chance, für die die in Bargau aufgewachsene Athletin von jung an fleißig trainiert hat. „Als Fünfjährige habe ich beim JZ Heubach mit Judo begonnen“, erinnert sich Felicitas Vogt an die Anfänge bei Sven Albrecht, einst in Backnang verlässlicher Punktesammler im Bundesliga-Team der TSG. Mit zwölf Jahren wechselte sie die Sportart, schloss sich dem Box-Club Olymp Aalen an und geriet rasch in den Fokus der Verbandstrainer. „Vier Jahre lang war ich am Olympiastützpunkt in Heidelberg“, erzählt Vogt, die in der Kategorie bis 48 Kilogramm in ihrer Altersklasse in Deutschland und im Ländle dominierte, sich auch auf internationaler Ebene im Vorderfeld platzierte.

Die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro und in Tokio waren kein großes Thema

Im Gegensatz zum zwei Jahre jüngeren Backnanger Wladislaw Baryshnik, mit dem sie gemeinsam in Heidelberg trainierte, waren Olympische Spiele für die Bantamgewichtlerin aber kein großes Thema. Auch weil in ihrer angestammten Gewichtsklasse in Rio de Janeiro vor fünfeinhalb Jahren ebenso wie in Tokio nicht gekämpft wurde. In Brasilien und in Japan hätte sie deshalb runter ins Fliegengewicht (bis 51 Kilogramm) oder hoch ins Leicht- (bis 60) sowie in Tokio ins Federgewicht (bis 57) wechseln müssen. Kein einfaches Unterfangen in der Weltspitze, da das Gewichtmachen ja nicht nur fürs olympische Turnier selbst, sondern auch für die vorherigen Qualifikationen angestanden wäre.

Felicitas Vogt entschied sich jedenfalls vor nicht ganz vier Jahren, ihr Glück im Profilager zu versuchen. Ein offensichtlich guter Entschluss, gewann sie dort doch bislang alle ihre sieben Duelle. Die Mehrzahl durch K.o. oder nach Abbruch. „Ich bin ziemlich schnell und habe ein gutes Auge“, sagt die 27-Jährige, wenn sie gefragt wird, welche Eigenschaften sie auszeichnen. Hinzu kommt, dass die Neubacknangerin nicht nur verbal recht schlagfertig, sondern mit den Fäusten auch sehr schlagkräftig ist. „Zudem bringe ich technisch eine bessere Ausbildung mit als viele Gegnerinnen“, erzählt die Sportlerin und weiß, dass sie dabei vermutlich auch von ihren frühen Einheiten im Judo profitiert, zumal sie dort ebenfalls durchaus talentiert war und in jungen Jahren immerhin einen zweiten Rang bei der U-14-Landesmeisterschaft verbuchte.

Wobei das Talent wohl auch eine Frage der Gene sei, erzählt Felicitas Vogt und sagt: „Wir sind eine sportliche Familie.“ Daran haben ihre Eltern keinen geringen Anteil. „Sie haben uns ermutigt, dass wir Sport treiben oder Musik machen sollen. Und sie haben uns die Freiheit gelassen, selbst rauszufinden, was uns gefällt.“ In ihrem Fall ist es nicht nur bei der Freude geblieben, es ist auch der Erfolg dazugekommen. So viel, dass sie sich derzeit ganz darauf konzentriert. Zumindest bis zum Kampf am Samstag. „Danach überlege ich, wie ich weitermache, ob ich vielleicht ein Studium oder eine Ausbildung beginne. Ob sie sich hauptsächlich ums Berufliche kümmert oder es nebenher zum Boxsport macht.“ Dass sie sowohl das Abitur wie einen Trainerschein bereits in der Tasche hat, dürfte bei der Entscheidungsfindung sicher ebenso eine Rolle spielen wie die Frage, ob sie sich die WM-Gürtel erkämpft oder ob es für sie die erste Niederlage als Profi setzt.

Den Gang in die Zukunft will Felicitas Vogt jedenfalls so bestreiten wie den langen Weg in ihrer bisherigen Karriere. In der machte sie „Schritt für Schritt“, will nun „Weltmeisterin werden und ohne Verletzung aus dem Kampf rausgehen“. Das wäre gut. Vor allem für sie. Unter anderem aber auch für ihren Freund und den SVU. Schließlich müssen Denis Krug und sein Fußballteam sonst am Sonntagnachmittag in Korb vielleicht auf eine ihrer zuverlässigsten Daumendrückerinnen verzichten.

Livestream auf Youtube

Verbände Die Global Boxing Union (GBU) ist ein in Deutschland ansässiger Verband, der eng mit der Womens International Boxing Federation (WIBF) verbunden ist. Die WIBF zählt im Frauenboxen zu den wichtigen Verbänden, deren Titelträgerin einst unter anderem auch Regina Halmich war.

Gegnerin Als Kontrahentin steigt die 28-jährige Serbin Snezana Siljkovic in der Königsbrunner Sporthalle in den Ring.

Ausrichter Veranstalter Ab in den Ring präsentiert ab 17 Uhr insgesamt elf Kämpfe. Das WM-Duell von Felicitas Vogt bildet den Abschluss. Auf Youtube bietet Ab in den Ring einen Livestream vom Kampfabend an.

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Erstellt:
2. März 2022, 06:00 Uhr

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