Felix Loch sucht seine Ideallinie

In den vergangenen sieben Jahren gewann der Thüringer sechsmal den Rodel-Weltcup – in dieser Saison ist er aber nur noch Statist

Der einstige Dominator des Rodel-Weltcups findet in dieser Saison überhaupt nicht in die Spur und fährt in Sigulda hilflos hinterher – woran es liegt, weiß der 29-Jährige selbst nicht ganz genau.

Stuttgart/Sigulda Felix Loch und die verwinkelte Kunsteisbahn in Sigulda werden keine Freunde mehr. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, hätte es des Weltcuprennens am Sonntag nicht mehr bedurft. Schon bei den Weltmeisterschaften 2015 hatte es für den zwölfmaligen Weltmeister nur für Silber gereicht. Gestern war der 29-jährige Rodler noch schlechter auf der schwierigen Bahn in Lettland unterwegs, wurde gar nur Neunter. Damit war er zwar noch bester Deutscher, Bundestrainer Norbert Loch sprach von einem nicht zufriedenstellenden Ergebnis. Immerhin konnte Johannes Ludwig als Elfter beim Sieg des Russen Semen Pawlitschenkow seine Weltcup-Führung noch verteidigen.

„Natürlich habe ich mit mehr gerechnet, keine Frage“, sagte Felix Loch ein wenig zerknirscht. Er kennt diese Situation. Das Resultat in Lettland fügt sich nahtlos ein in die Ergebnisse dieser Saison. Nicht einmal in seinem Wohnzimmer, der Kunsteisbahn am Königssee, gelang ihm ein ordentliches Ergebnis. Zehnter war der Rodler aus Schönau vor Wochenfrist auf seiner Heimbahn geworden. Damit geht Loch ohne Erfolgserlebnis in die Titelkämpfe in Winterberg (25. bis 27. Januar) – etwas völlig Ungewöhnliches, etwas ganz Neues für ihn.

Auch ein Blick auf den Zwischenstand im Weltcup ist komplett ungewohnt. In der Wertung, die Loch in den vergangenen sieben Jahren nur einmal nicht gewonnen hat, liegt er auf Platz drei. Nicht ein Mal stand der Schönauer, der 38 Einzelrennen gewonnen hat, ganz oben auf dem Podest. Ein zweiter Platz war in dieser Saison seine bislang beste Platzierung. Von Krise will Loch nichts wissen. „Ich kenne das aus all den Jahren. Der Loch, der muss immer gewinnen oder zumindest aufs Podest fahren. Wenn das mal nicht so läuft, dann ist in der Wahrnehmung schon ein vierter oder fünfter Platz schlecht“, sagt er. Dann beschwichtigt der zwölfmalige Weltmeister: „Es schaut von außen schlechter aus, als es tatsächlich ist.“ Bundestrainer Norbert Loch sagt zur Leistung seines Sohnes: „Felix hat einige Fahrfehler bei dem ein oder anderen Rennen gemacht.“ Beim Auftakt in Innsbruck-Igls, in Calgary und in Lake Placid – also bei drei von sechs Rennen.

Genau dies ist die eigentliche Überraschung. Denn Loch war dank seiner Körpergröße von 1,91 Metern bislang der Ästhet und Perfektionist in der Eisrinne, auch an seiner Athletik kann es nicht liegen. Dies bestätigt auch der Trainer. „Er hatte eine sehr gute Vorbereitung“, sagt Norbert Loch. Und dies bestätigen auch die Startzeiten. Felix Loch kann dabei mit den Besten mithalten. „Was gut geht, sind die Startzeiten. Damit bin ich zufrieden“, hob er in Sigulda deshalb hervor. Denn dies war nicht immer so. Zudem sorgt sein Gewicht von mehr als 100 Kilogramm für eine optimale Hang­abtriebskraft.

Steckt Felix Loch in der Krise? Sind die schwachen Ergebnisse die Nachwirkungen von seinem Olympia-Patzer? Nach drei Läufen hatte er in Pyeongchang die Konkurrenz überlegen angeführt, mit einem Bein stand er schon auf dem obersten Podest. Es wäre das dritte Mal hintereinander gewesen. Doch dann war ihm vor Kurve neun ein Fahrfehler unterlaufen – der Kurve, von der er seit Saisonbeginn als der Schlüsselstelle gesprochen hatte. Statt Gold blieb Platz fünf. „Ich würde nicht sagen, dass mir Olympia noch nachhängt“, sagt er, „ich war bei Olympia auch sehr gut unterwegs.“

Bleibt als Ursache für das ungewohnt schlechte Abschneiden noch das Material. Felix Loch gilt als versierter Tüftler, der mindestens so viel Zeit in der Werkstatt wie im Kraftraum verbringt. „Rodeln ist einfach ein ständiges Ausprobieren“, erläutert er, „aber genau das macht es ja so faszinierend.“ Gemeinsam mit der deutschen Rodelikone Georg Hackl sucht er seinen Schlitten permanent zu optimieren. Dabei, so hört man aus dem Umfeld, seien sie ein wenig vom richtigen Weg abgekommen – ganz im Gegensatz zu den Österreichern, die gewaltig aufgeholt haben.

Die Experten haben einen Grund für Lochs schwache Saisonbilanz ausgemacht. Im Mai war er zum zweiten Mal Vater geworden. Zu Sohnemann Lorenz gesellte sich Filius Ludwig. Und aus einem Bild, das er vor der Abreise nach Lettland gepostet hatte, schlossen sie, dass er sich nicht mehr mit letzter Konsequenz auf den Sport konzentriere. Zutreffend? Schwer zu sagen. Noch agiert Felix Loch nicht hektisch. „Fehlendes Selbstvertrauen sehe ich bei ihm nicht“, sagt Vater Norbert Loch.

Zudem hat Felix Loch ein klares Ziel vor Augen. Bei den Titelkämpfen in Winterberg möchte er wieder Gold holen. Dann wäre seine Sammlung komplett. 2008 hatte er in Oberhof seinen ersten WM-Titel geholt. Die Championate in Altenberg und am Königssee verließ er ebenfalls mit Gold. Fehlt von den deutschen Bahnen also nur noch die im Hochsauerland. Und die mag er lieber als die in Sigulda. In Winterberg kann er seine Stärken besser ausspielen.

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Erstellt:
14. Januar 2019, 03:14 Uhr

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