„Fühle mich in der Handballwelt wohl“

Klaus Konrad ist im Bezirk der Unparteiische mit den meisten Einsätzen pro Saison und hofft, dass sich mehr Leute für dieses Hobby begeistern. Einst als Fußballschiri in ganz Württemberg unterwegs, leitet der Backnanger nun im Handball an manchen Wochenenden bis zu drei Spiele.

Klaus Konrad ist als Schiedsrichter ein gern und vor allem sehr oft gesehener Gast in den Sporthallen des Bezirks Enz-Murr. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Klaus Konrad ist als Schiedsrichter ein gern und vor allem sehr oft gesehener Gast in den Sporthallen des Bezirks Enz-Murr. Foto: A. Becher

Von Alexander Hornauer

Klaus Konrad ist an vielen Wochenenden gleich in mehreren Sporthallen unterwegs, um Spiele zu leiten. Der Handballschiedsrichter in Diensten der SG Weissach macht das, weil er daran viel Freude hat – aber auch, weil die Lage ernst ist: Ohne Dauerbrenner wie ihn wäre es noch schwieriger, alle Partien mit Unparteiischen zu besetzen. Der 52-Jährige sagt: „Ich fühle mich in der Handballwelt wohl.“ Als Schiedsrichter hat er seine Berufung gefunden.

Im Bezirk Enz-Murr ist Klaus Konrad der Unparteiische mit den meisten Einsätzen pro Saison. Bis zu 60 können es werden. An manchen Wochenenden leitet er drei Spiele. Er macht es, weil es ihm Freude bereitet. In jüngster Zeit hat die Zahl der Einsätze noch zugenommen. Wegen Corona haben Schiedsrichter aufgehört. Andere sind nicht geimpft, durften deshalb nicht. Also mussten die, die konnten, öfter ran. Den Backnanger zieht es gern in die Hallen. „Am liebsten pfeife ich so weit oben wie für einen Einzelschiedsrichter möglich, zum Beispiel in der Bezirksliga der Frauen.“ Dort sei das Level schon ansprechend.

Konrad fühlt sich in seinem Hobby akzeptiert und anerkannt. „Die Sportler honorieren, dass ich auch mal einen Fehler zugebe.“ Ein gutes Stellungsspiel sei wichtig, dann nehmen einem die Handballer die Entscheidungen eher ab. „Schlecht wäre, nur von der Mittellinie zu pfeifen.“ Und obwohl er ein intensives Pensum absolviert, nimmt er sich Zeit. Nach dem Spiel eilt der 52-Jährige meistens nicht gleich davon, sondern tauscht sich mit Trainern und Handballern aus, trinkt auch mal was. Das ist gut fürs Verständnis und fürs Miteinander. „Handball ist meine Leidenschaft und ich habe als Schiedsrichter gute Bekannte kennengelernt.“ In Steinheim haben sie ihn sogar zur Weihnachtsfeier eingeladen. Und auch sonst freuen sich die meisten Sportler, wenn Klaus Konrad in die Hallen kommt.

Meistens sind es unsachliche Zuschauer, die die Stimmung vermiesen

Ist das Klima einmal nicht so gut, dann geht das bei Spielen unter seine Leitung selten von den Aktiven aus. „Wir kommen gut aus, das habe ich im Griff.“ Es sind Zuschauer, die den Unparteiischen das Leben mit unsachlichen Rufen und Beleidigungen erschweren. „Das hat in der jüngeren Vergangenheit zugenommen“, bedauert Konrad. „Man nimmt das schon wahr, auch wenn man sich nach außen souverän gibt.“ Nicht alle können das. Er hat schon miterlebt, wie Eltern auf dem Parkplatz vor der Halle einer jungen Schiedsrichterin verbal zusetzten und diese in Tränen ausbrach. Da sei es kein Wunder, wenn diese die Pfeife wieder an den Nagel hängt. Zugleich ist ihm aufgefallen, „dass viele Vereine verstanden haben, dass der Schiedsrichter wichtig fürs Spiel ist“. Da werden notorische Unruhestifter – „oft sind es die Gleichen“ – durch Vereinsvertreter zur Mäßigung aufgerufen.

Weitere Gründe dafür, dass Schiedsrichter oft nach ein, zwei Jahren wieder aufhören, sind veränderte Lebensumstände, gerade bei den 16-, 17-jährigen Neulingen. Manche machen einen Auslandsaufenthalt, andere studieren auswärts. Und talentierte Unparteiische, die selbst aktiv spielen, tun sich schwer, beides unter einen Hut zu bringen. 15 Einsätze pro Jahr muss ein Schiri leisten, damit er nicht rausfällt. Gerade Unparteiische, die überredet wurden, damit ein Verein sein Schiedsrichtersoll erfüllt, gehen oft schnell wieder verloren.

Konrad, der als Jugendlicher bei der DJK Rimpar in der bayrischen Auswahl spielte, musste nicht überredet worden. Er war vor rund 15 Jahren bei einem Spiel seines Sohnes und sagte, mehr aus einer Laune heraus, zum Unparteiischen: „Das könnte ich eigentlich auch.“ Der Anfang von Konrads zweiter Schirilaufbahn. Ehe er sich (wieder) dem Handball verschrieb, war er als Fußballschiedsrichter in ganz Württemberg und als Linienrichter von Gerhard Klaiber in der Oberliga unterwegs. Der größte Unterschied beider Sportarten aus seiner Sicht: „Beim Handball muss man nicht so weit laufen.“

Dafür legt Klaus Konrad ein rekordverdächtiges Pensum an Einsätzen aufs Parkett. Die SG Weissach müsste für ihn eigentlich einen Bonus bekommen, schließlich übererfüllt er sein Pensum ums Drei- bis Vierfache. Dem Tälesklub geht es sonst aber wie vielen anderen Vereinen: Er kann nicht die Zahl an Schiris stellen, die der Verband vorgibt. Vergangenen Herbst hatte das Defizit an Unparteiischen sogar dazu geführt, dass Spiele abgesetzt wurden. Ein Umstand, der sich angebahnt und vor dem der Verband wiederholt gewarnt hatte.

Zuvor hatte es aber nur wenige Lösungsansätze gegeben, um die Schiedsrichtergewinnung zu erleichtern und Möglichkeiten zu finden, Novizen länger zu binden. Nun scheint ein Umdenken einzusetzen. Zuletzt wurde zum Beispiel ein Crashkurs für erfahrene Handballer angeboten, die sich mal als Unparteiische versuchen wollen. Konrad würde sich freuen, wenn’s funktioniert. Er kann das Schiedsrichteramt allen empfehlen, „es bringt junge Leute im Bereich der Persönlichkeitsbildung weiter“. Er selbst hilft Neulingen mit Tipps und Anregungen, „und wenn jemand Interesse hat, begleite ich ihn gern auch bei der Ausbildung“.

Zum Artikel

Erstellt:
2. April 2022, 11:30 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen