Harter Kampf im Schlamm von Martinique

Gerhard Unger und Manfred Küster aus Heiningen trotzen beim 134-Kilometer-Rennen auf der Karibikinsel widrigen Bedingungen

Erschöpft, aber glücklich: Gerhard Unger (links) und Manfred Küster nach dem Rennen. Foto: privat

Erschöpft, aber glücklich: Gerhard Unger (links) und Manfred Küster nach dem Rennen. Foto: privat

Von Steffen Grün

An verrückten Ideen mangelt es Gerhard Unger wahrlich nicht. Zumindest, wenn man es aus dem Blickwinkel des Durchschnitts- oder sogar Fernsehsportlers betrachtet. Der 55-Jährige trommelt zum Beispiel in der Nacht auf Heiligabend einige Freunde und Verwandte zusammen, um mit ihnen um 3 Uhr in Heiningen zu einem gemütlichen Lauf aufzubrechen. In diesem Jahr brachten sie es auf 21 Kilometer und 483 Höhenmeter, den verdienten Glühwein und ein Stück Hefezopf gab es nach 2:26 Stunden. Das ist aber so gut wie gar nichts im Vergleich zu den Ultra- Wettkämpfen, die der Backnanger bereits bestritten hat: Der Tor des Géants mit 339 Kilometern und 31000 Höhenmetern sowie der Ultratrail in Verbier mit 111 Kilometern und 8450 Höhenmetern sind lediglich zwei der extremsten Beispiele.

Und trotzdem sagte Unger, nachdem er kürzlich den Trans-Martinique bewältigt hatte, er habe „etwas Brutaleres bei meinen ganzen Läufen noch nicht erlebt“. Es waren nicht einmal unbedingt die nackten Zahlen (134 Kilometer, 5000 Meter bergauf und 5020 Meter bergab), die ihn zu diesem Fazit veranlassten, sondern die Bedingungen auf der Karibikinsel. Auf dem Weg durch den Regenwald war „überall Schlamm, Schlamm, Schlamm“, berichtet der Schwabe, echte Wege hatten Seltenheitswert und an so manchen Berghängen mussten sich die Sportler sogar abseilen.

Nach dem Startschuss um Mitternacht in Grand Rivière ging’s sofort den Vulkan Montagne Pelée mit einer Höhe von etwa 1400 Metern hinauf. Im weiteren Verlauf wechselten sich Regen und Sonne ab und es ging durch Mangrovenwälder, ehe die letzten rund 40 Kilometer am Strand entlang führten. Das Ziel in Saint Anne erreichte Unger nach 35:23,46 Stunden auf dem 75. Platz unter den 166 Zielankömmlingen sowie als 68. Mann, als 12. der M 55 und als zweitbester Deutscher. Schneller war lediglich Erwin Bauer aus Alfdorf in 30:08,03 Stunden, zudem waren Jürgen Zach aus Waiblingen (38:30,37) und Ungers Heininger Nachbar Manfred Küster (38:30,38) dabei. „Wir haben alle miteinander ausgemacht, dass wir dort hinfliegen“, erzählt Unger, der insgesamt zehntägige Trip mit Zwischenstopp in Paris kostete etwa 2000 Euro. Knapp 200 Euro betrug die Startgebühr, die laut dem Backnanger Extremsportler in den Erhalt des Naturparks auf Martinique fließen. Die Strapazen auf der Strecke waren schnell vergessen, „die Insel ist ein Traum“.

Das Quartett hat übrigens bereits den nächsten Plan geschmiedet. 2020 soll es der Ultramarathon im Oman mit 11000 Höhenmetern sein. Und warum das Ganze? „Weil es Spaß macht, an die Extreme zu gehen“, entgegnet Gerhard Unger.

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Erstellt:
31. Dezember 2019, 11:30 Uhr

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