Klare Worte und dennoch kaum Kritik
BKZ-WM-Talk: Der Weissacher Oberliga-Schiedsrichter Carl Höfer zieht in Sachen Unparteiische eine positive WM-Bilanz
Leichtes Spiel für Carl Höfer. Diesmal aber nicht auf dem Fußballplatz, sondern beim WM-Expertengespräch der Backnanger Kreiszeitung. Dass es für den Oberliga-Schiedsrichter eine angenehme Aufgabe war, hatte allerdings nichts mit den Fragen von Moderator Steffen Grün zu tun, sondern mit den Leistungen der Unparteiischen in Russland. Höfers Urteil: „Sehr gut.“

© Tobias Sellmaier
Hatte gegenüber Moderator Steffen Grün viel Lob für die Weltbesten seiner Zunft übrig: Oberliga-Schiedsrichter Carl Höfer (rechts). Foto: T. Sellmaier
Von Uwe Flegel
Diskussionen über Schiedsrichterentscheidungen? Kaum. Herummäkeln am Videobeweis? Eher selten. Was Wunder, dass der 29-jährige Weissacher zufrieden auf das Auftreten der großen Kollegen seiner Gilde beim Fußballspektakel in Russland blickt. Viel gibt es nicht, was ihm an Kritik einfällt. Vielleicht auch, weil ihm die großzügige Spielleitung gefällt, mit der die Schiris bei der Weltmeisterschaft zugange sind: „Sie gehen nur dort dazwischen, wo es nötig ist.“
Ein Urteil, das der von Steffen Grün als „Aushängeschild der Backnanger Schiedsrichtergruppe neben der Fifa-Schiedsrichterin Karoline Wacker“ bezeichnete Jurist für den Auftritt des entthronten Titelverteidigers in umgekehrter Weise ebenfalls fällt. „Ich fand es enttäuschend, dass man von einer deutschen Mannschaft so wenig Kampf gesehen hat.“ Soll heißen: Die DFB-Elf glaubte, auch nur so viel tun zu müssen, wie unbedingt notwendig ist – und scheiterte. Weil sich alle ihrer Sache vielleicht zu sicher gewesen seien, vermutet der Mann aus dem Täle und führt den neuen Zweijahresvertrag von Bundestrainer Jogi Löw kurz vor der WM als Beispiel an. Eigentlich seien solche Dinge nach den Großereignissen geregelt worden. Dann, wenn zuvor die Leistung gepasst hat.
Deutlich besser als die deutschen Starkicker kommt bei Carl Höfer der deutsche WM-Referee Felix Brych weg. Warum der mit dem Duell Schweiz gegen Serbien trotzdem nur eine Partie leiten durfte, wollte Tobias Sellmaier wissen? Richtig erklären konnte Höfer das nicht, war es doch auch für ihn „eine Überraschung“. Zum umstrittenen Dreikampf zwischen den Eidgenossen Stephan Lichtsteiner und Fabian Schär mit dem Serben Aleksandar Mitrovic, bei dem der Münchner Unparteiische keinen Elfmeter, sondern Stürmerfoul pfiff, sagte Höfer: „Das war kein klarer Fehler.“ Der Bann gegen den Weltschiedsrichter 2017 sei wohl eher eine politische Entscheidung. Was Höfer ärgert, ist das Urteil gegen Serben-Coach Mladen Krstajic, der empfahl, Brych vors Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu bringen: „Die 5000 Schweizer Franken Geldstrafe dafür treiben dem serbischen Trainer das Lächeln kaum aus dem Gesicht.“
Viel gibt es aber nicht, was dem Leiter des WFV-Pokalfinales 2017 zwischen den Stuttgarter Kickers und Dorfmerkingen bei der Weltmeisterschaft nicht behagt. Selbst der Videobeweis, dem er „als Fan des reinen Fußballs“ eher reserviert gegenübersteht, „hat funktioniert, da es meist schnelle Entscheidungen gab“. Anders als in der Bundesliga. Als Negativbeispiel in Russland benennt der Weissacher das Vorrundenspiel Iran gegen Portugal, in dem Enrique Caceres aus Paraguay immer wieder und teilweise mehrfach wegen einer Szene an den Schirm eilte. Schnell ging da wenig. Doch insgesamt passte es. Was nicht für die Schauspielkünste, das nervige Jammern und Reklamieren einiger Spieler sowie Trainer gilt. Höfer sagt zu solcher Theatralik: „Manche sehen das ja als Cleverness an, doch wer das tut, muss vielleicht halt damit leben, dass mal gegen ihn entschieden wird.“ Sein Tipp: „Wenn’s zu viel wird, muss es auch mal Gelb geben.“
Bei der Suche nach den Besten seiner Zunft muss der 29-Jährige nicht lange suchen: Der Niederländer Björn Kuipers, der Argentinier Nestor Pintana und der Iraner Alireza Faghani sind Höfers Top Drei. Eine Meinung, die er nicht alleine hat, wie Pintanas Nominierung fürs Finale zeigt. Wer gewinnt? „Frankreich, aber nur knapp. Und wenn es Elfmeterschießen gibt, dann packt es Kroatien vielleicht auch ein drittes Mal.“
Klare Worte, so wie Carl Höfer klare Entscheidungen trifft. Zum Beispiel, dass er sich mit 29 Jahren aus der Oberliga zurückzieht und sich künftig verstärkt als Lotse um den Schirinachwuchs sowie als Beobachter um die Qualität der Unparteiischen kümmern will. „Bewerten, schulen und entwickeln“ nennt er als Schlagworte für seine künftige Aufgabe. Zu der zählt auch, in der Jugend und bei Aktivenspielen bis zur Bezirksliga weiterhin selbst zur Pfeife zu greifen. Zurück zu den Wurzeln, wieder mehr an die Basis geht’s, und „das freut mich“.