Mountainbike in Paris 2024
Luca Schwarzbauer hadert, Tom Pidcock siegt – und macht sich unbeliebt
Die Entscheidung über Gold im Mountainbikerennen der Männer fiel erst wenige Meter vor Schluss – zugunsten von Tom Pidcock. Der fuhr kürzlich noch bei der Tour de France – und machte sich nun in Paris nicht unbedingt beliebt.
Von Dirk Preiß
Es war nicht mehr weit – und es gab nicht mehr viele Möglichkeiten. Vielleicht war auch diese eine keine wirkliche für ein Überholmanöver. Aber Tom Pidcock nutzte sie. Im olympischen Mountainbike-Rennen lagen der Brite und der Franzose Victor Koretzky kurz vor dem Ziel nahezu gleich auf. Sie erreichten eine Passage mit einem Baum in der Mitte des Weges. Rechts herum war die gängige Variante – die Koretzky wählte. Pidcock fuhr nach links, zog an – und als er auf die Ideallinie zurückkehrte, kam es fast zu einer Kollision. Koretzky bremste, Pidcock zog durch. Das Ding war entschieden.
Zugunsten eines Mannes, dessen erneuter Triumph nicht allen gefällt. Klar, die französischen Fans buhten den Briten, der an diesem Dienstag 25 Jahre alt wird, aufgrund seines harten Manövers gegen ihren Landsmann erst einmal kurz aus. Koretzky gab sich hinterher versöhnlich: „Das ist Teil des Rennens, wir haben alle um Gold gekämpft.“ Aber auch ohne jene Aktion sehen sie in der Szene eigentlich andere lieber vorne. Weil Tom Pidcock nur Gelegenheits-Mountainbiker ist. Aber eben der Beste.
Olympiasieger 2021, Europameister 2022, Weltmeister 2023, Olympiasieger 2024 – „er ist einfach supergut, das muss man ihm lassen“, sagte Luca Schwarzbauer aus Nürtingen. Und Julian Schelb ergänzte: „Wenn er gewonnen hat, dann war er der Schnellste. Und der Cleverste.“
Deutsche Fahrer sind enttäuscht
Für die beiden deutschen Starter war das Rennen eher bescheiden gelaufen. Luca Schwarzbauer, der eigentlich die Spitzengruppe angreifen wollte, wurde am Ende nur 16., fand das „einfach enttäuschend“ und gab zu: „Vor dieser Kulisse ist es eine Riesenchance, unseren Sport gut zu präsentieren. Das ist mir leider nicht gelungen.“ Allerdings berichtete er auch von einem rätselhaften Ausschlag, der im Rennen einen Juckreiz hervorrief und den Nürtinger „gequält“ hatte. Ein technisches Problem habe ihn zudem begleitet.
Julian Schelb aus dem Schwarzwald kam nicht gut weg, startete dann aber noch eine Aufholjagd – und überholte am Ende sogar noch den Teamkollegen. Als er von Pidcocks Manöver hörte, meinte er nur: „Er probiert es eben immer auf der letzten Rille.“
Manche im Feld der Mountainbiker, so auch Luca Schwarzbauer, finden das ab und an auch etwas „respektlos“ vom Briten. Der Erfolg gibt dem nun zweimaligen Olympiasieger aber recht. Und besonders ist es ohnehin, was er in verschiedenen Disziplinen leistet.
Den Großteil des Jahres verbringt er im Straßenradsport, fährt seit 2021 für das Team Ineos Grenadiers. In diesem Jahr holte er sich den Sieg beim Amstel Gold Race, vor zwei Jahren einen Etappensieg bei der Tour de France. Die Frankreich-Rundfahrt hatte der frühere Cyclocross-Spezialist (in dieser Disziplin wurde er 2022 Weltmeister) auch in diesem Jahr absolviert. Aufgrund einer Corona-Infektion war er am 12. Juli aber ausgestiegen. Die folgenden zweieinhalb Wochen reichten ihm, um für das Olympia-Rennen auf dem Mountainbike in Form zu kommen. „Den Titel bei den Spielen zu verteidigen ist eine viel größere Herausforderung, als es erstmals zu schaffen“, sagte Tom Pidcock.
Zumal das Rennen für ihn gar nicht gut begonnen hatte. Ein Defekt warf ihn erst einmal zurück. Mit einer bärenstarken Aufholjagd arbeitete er sich dann aber Stück für Stück nach vorne. Zu Beginn der letzten von acht Runden hatte er zu Victor Koretzky aufgeschlossen. Der versuchte noch eine Attacke – den entscheidenden und umstrittenen Schlusspunkt setzte dann aber Tom Pidcock. Ob er das noch einmal schafft – und sogar dreimal Gold in dieser Disziplin holt?
An 2028 zu denken, meinte er, „dafür ist es noch zu früh“.