Tränen nach dem Wettkampf

Mihambo über Corona und Olympia-Silber: „Es war zu viel“

Erst jubelt Weitsprungstar Malaika Mihambo mit der Deutschland-Fahne über ihre Silber-Medaille, dann sitzt sie weinend im Rollstuhl. Sie ist nicht die einzige an diesem Tag.

Malaika Mihambo wird nach ihrem Wettkampf mit einem Rollstuhl aus dem Stade de France gefahren.

© dpa/Kirill Kudryavtsev

Malaika Mihambo wird nach ihrem Wettkampf mit einem Rollstuhl aus dem Stade de France gefahren.

Von dpa/Michael Bosch

Gold erhofft, Silber gewonnen – und am Ende weinend aus dem Stadion gefahren. Im Rollstuhl. So ging der Weitsprung-Abend für Malaika Mihambo zu Ende. Es war ein aufreibender Olympia-Tag für sie gewesen, am Ende konnte die 30-Jährige zumindest schon wieder lächeln und sich über ihre Medaille freuen. Rund zwei Stunden, nachdem sie erst mit der deutschen Fahne gejubelt hatte und dann weinend mit einem Rollstuhl aus dem Innenraum des Stade de France gefahren wurde, erklärte die Weitspringerin, was passiert war.

Die Folgen der Corona-Infektion, die sie schon beim zweiten EM-Titel in Rom vor zwei Monaten gespürt hatte, brachten Mihambo diesmal an ihre körperlichen Grenzen und lösten einen Reizhusten-Anfall aus. „Nach der Ehrenrunde habe ich wirklich keine Luft bekommen, es war zu viel“, sagte sie. „Seit Corona meine Lungen erwischt hat, brauche ich mehr Zeit zur Erholung. Mir fehlt die Luft nach dem Wettkampf.“

Mihambo: „Ich bin müde und erschöpft“

Umso größer war ihr Stolz über das Erreichte, auch wenn sie Gold der amerikanischen Mitfavoritin Tara Davis-Woodhall überlassen musste. Die WM-Zweite sprang mit 7,10 Metern zwölf Zentimeter weiter. Wahnsinnig stolz zeigte sich Mihambo nach dem Wettkampf mit erstmals sechs Sprüngen seit dem Europameistertitel: „Das muss erstmal jemand schaffen, so gehandicapt an den Start zu gehen und da noch eine Silbermedaille rauszuholen.“ Ihr Trainer Ulli Knapp unterstrich: „Malaika hat Silber gewonnen und nicht Gold verloren.“

Der Donnerstagabend in Saint-Denis im Norden von Paris wies große Parallelen zu den Europameisterschaften vor zwei Jahren in München auf. Auch dort hatte sich die kampfstarke Athletin nach einer Corona-Infektion Silber gesichert, auch dort ging nach dem Wettkampf nichts mehr. Mihambo sprach von einer „Grenzerfahrung“. Sie fühle sich „müde und erschöpft“:

Nicht nur Mihambo von Corona betroffen: auch Sprintstar im Rollstuhl

Mihambo war nicht die einzige, die am Donnerstagabend völlig erschöpft war und nicht mehr auf eigenen Beinen aus dem Stadion laufen konnte. Auch 100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles saß völlig entkräftet in einem Rollstuhl. Die Folgen einer am Dienstag festgestellten Infektion brachten den Amerikaner um alle Chancen auf die erhofften vier Goldmedaillen auf der Bahn. Nach Platz drei über 200 Meter und dem Sieg von Letsile Tebogo aus Botswana machte der Favorit öffentlich, was ihn gebremst hatte - und trug dabei im Interview-Bereich eine FFP2-Maske.

 „Ich wollte trotzdem laufen. Sie haben gesagt, das ist unmöglich“, so Lyles. Seine Zeit von 19,70 Sekunden war so gesehen noch überaus respektabel, auch wenn sie fast vier Zehntelsekunden von seiner Bestzeit entfernt war. Der US-Verband hatte den Start genehmigt und war seit dem positiven Test einem Corona-Protokoll gefolgt. „Es hat mich definitiv beeinflusst, aber ehrlich gesagt bin ich so stolz wie irgendwas auf mich, dass ich rausgegangen bin und mit Corona die Bronzemedaille geholt habe“, sagte Lyles.

So verpasste der 27-Jährige wie 2021 den Olympiasieg. Der Unterschied: Bei den Sommerspielen in Tokio waren keine Zuschauer im Stadion und ein Start mit einer Corona-Infektion wäre unmöglich gewesen. In Paris ist das anders, nicht nur in der Leichtathletik.

Drama auch beim Ringen

Die dritte im Bunde, die am Donnerstag im Leichtathletik-Stadion abtransportiert werden musste, war die deutsche Siebenkämpferin Sophie Weißenberg. Die 26-Jährige war bereits am Morgen ebenfalls in Tränen ausgebrochen – vor Schmerzen. Sie hatte sich beim Hürdenlauf die Achillessehne gerissen. Der Wettkampf war für sie bereits nach der ersten Disziplin beendet.

Auch Abseits der Leichtathletik spielten sich am Donnerstag dramatische Szenen ab. Die deutsche Ringerin Annika Wendle verpasste Olympia-Bronze auf tragische Weise. In der Freistilklasse bis 53 Kilogramm verlor die 26-Jährige gegen Choe Hyo Gyong aus Nordkorea mit 0:10. Dass die Freiburgerin bei ihrem Olympiadebüt überhaupt weiterkämpfte, nötigte allen Beteiligten Respekt ab.

Nach nur 19 Sekunden hatte sie sich im Kampf das linke Knie derart verdreht, dass ein Arzt auf die Matte eilte. Der erste Verdacht: Kreuzbandriss. Wendle schrie vor Schmerz, kämpfte aber weiter. Als der Kampf nach 1.36 Minute beendet war, weinte sie bittere Tränen. Ein Betreuer trug sie durch den Kabinentrakt.

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Erstellt:
9. August 2024, 09:56 Uhr
Aktualisiert:
9. August 2024, 10:28 Uhr

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