Mit ehrgeizigen Zielen in die Hauptstadt
TSG-Turnerin Petz greift nach Edelmetall, eine Schwimmstaffel schielt auf einen Spitzenplatz – Auch Uhrich und Hettich dabei
Sechs Schwimmerinnen und eine Turnerin der TSG Backnang, der Triathlet Christopher Hettich und mit Robin Uhrich ein Bogensportler in Diensten der Schützengilde Welzheim: Die Murr-Metropole ist bei den zehn deutschen Meisterschaften, die bis Sonntag allesamt in Berlin stattfinden, ordentlich vertreten. Die ehrgeizigsten Ziele steckt sich Emelie Petz, die längst zu den besten deutschen Turnerinnen zählt. Im Wasser schielt vor allem die Lagenstaffel auf eine Topplatzierung.

© Sportfotografie Alexander Becher
Freuen sich auf Berlin: Sara Mauthe, Chiara Vetter, Laura Manolaras, Emma Schmiedefeld, Cara Möhle und Dilara Gül (von links). Foto: A. Becher
Von Steffen Grün
Die Blicke der Schwimmfans werden sich in Berlin vor allem auf Florian Wellbrock richten, der bei der WM in Südkorea erst vor vier Tagen die Goldmedaille über 1500 Meter Freistil holte und vorher bereits im Freiwasser über 10 Kilometer triumphiert hatte. Auch dessen Freundin Sarah Köhler, die sich in Gwangju im 1500-Meter-Freistilrennen über Silber freuen durfte, steht auf der Meldeliste. Selbiges gilt für sechs Schwimmerinnen der TSG Backnang, die mit dem Kampf um die Edelmetalle allerdings nichts zu tun haben dürften.
Die besten Karten, ein echtes Ausrufezeichen zu setzen, hat die 4-x-100-Meter-Lagenstaffel, die schon heute dran ist und von den 17 qualifizierten Teams die fünftbeste Meldezeit aufweist. Deshalb erscheint es mehr als realistisch, was Trainer Jörg Scheifele von seinem Team erwartet: „Es wäre super, wenn wir unter den ersten acht wären.“ Bewerkstelligen sollen dies Dilara Gül (Schmetterling), Chiara Vetter (Brust) und Emma Schmiedefeld (Rücken), für die Freistil-Distanz fällt die Wahl vermutlich auf Sara Mauthe. Für die 4-x-100- Meter-Freistilstaffel, die ihr Rennen auch am heutigen Donnerstag zu meistern hat, sowie für die 4-x-200-Meter-Freistilstaffel, die am morgigen Freitag im Einsatz sein wird, stehen zudem Cara Möhle und Laura Manolaras parat. „Wir wollen mit allen drei Staffeln in Berlin den Vereinsrekord verbessern“, kündigt Scheifele an, „das ist das Minimalziel“. Für was es dann reichen würde, bleibe abzuwarten: „Die Mädels haben gut trainiert, wollen das im Wettkampf umsetzen und sich danach in den wohlverdienten Urlaub verabschieden.“
Chiara Vetter (50 und 100 Meter Brust) und Emma Schmiedefeld (100 Meter Rücken) sind vor den Ferien am Freitag und Samstag aber auch noch bei Einzelrennen am Start. „Die Krönung wäre es, wenn Chiara in einem der beiden Wettkämpfe unter die ersten 16 kommen würde“, sagt der Trainer, der ansonsten vor allem die separate Juniorenwertung über 100 Meter Brust im Auge hat. Eine solche gibt es über 50 Meter nicht, was insofern schade ist, weil die TSG-Athletin hier im Vorjahr sogar eine Medaille erobert hatte. Derweil sind die Titelkämpfe für Emma Schmiedefeld „eine Zugabe, sie will einfach ihre Bestzeit schwimmen, wie es beim Saisonhöhepunkt praktisch bei allen der Fall ist“.
Völlig anders ist die Situation bei Turnerin Emelie Petz, die sich mit aller Macht für die Turn-WM in Stuttgart (4. bis 13. Oktober) qualifizieren will und zudem die Olympischen Spiele 2020 in Tokio ins Visier nimmt. Sie startet in der Hauptstadt am Samstag (15.05 bis 16.50 Uhr) im Vierkampf in einer Riege mit den anderen WM-Kandidatinnen Elisabeth Seitz, Kim Bui, Sarah Voss, Pauline Schäfer und Sophie Scheder. Für die Frauen geht es zwar alleine um die deutschen Meistertitel, da die WM-Qualifikation erst am 24. August startet, doch das tut dem Ehrgeiz keinen Abbruch. „Es ist für alle alles drin“, sagt Emelie Petz, die nach einem Außenbandanriss im linken Sprunggelenk am Boden noch eine reduzierte Kür turnt, ansonsten aber voll angreifen kann. Die 16-Jährige will zudem am Sonntag ab 11.30 Uhr „in allen Gerätefinals dabei sein, auch wenn das vor allem am Boden schwierig wird“. Klar ist: Kommt Petz fehlerfrei durch, ist sie in allen Disziplinen in der Lage, nach Medaillen zu greifen und ihren Ruf zu festigen, das größte deutsche Talent zu sein.
Bogenschütze Robin Uhrich aus Backnang wird seine Pfeile zum letzten Mal bei den Junioren abfeuern. Ihm ist einiges zuzutrauen, obwohl er das Trainingspensum wegen des Studiums „etwas runterfahren“ musste und die Konkurrenz „sehr stark“ ist. Er will zunächst am Freitag ab 9.30 Uhr die Qualifikation und am Mittag die ersten K.-o.-Runden überstehen, um sein Ziel zu erreichen, am Samstag ab 13 Uhr im kleinen oder im großen Finale schießen zu dürfen. Eine Medaille „wäre das i-Tüpfelchen, aber vor allem will ich einen soliden Wettkampf abliefern“. Letzteres gilt auch für den Triathleten Christopher Hettich, der mit der Vergabe der Edelmetalle kaum etwas zu tun haben dürfte, aber vielleicht im ersten Drittel landen könnte.

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Will nach möglichst vielen Edelmetallen greifen: Turnerin Emelie Petz. Foto: Baumann
Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal haben sich zehn Sportfachverbände darauf verständigt, ihre deutschen Meisterschaften parallel an einem Wochenende in Berlin auszutragen. Bahnradfahren, Bogensport, Boxen, Kanu, Leichtathletik, Moderner Fünfkampf, Schwimmen mitsamt Wasserspringen, Trial-Radfahren, Triathlon, Turnen – ein Hauch von Olympia weht durch die Hauptstadt, wenn über 3300 Frauen und Männer in 155 Disziplinen um die insgesamt 202 Titel sowie zum Teil um WM-, EM- oder gar Olympia-Tickets wetteifern.
ARD und ZDF springen auf das Konzept an: Das Erste überträgt am Samstag von 10 bis 19.50 Uhr, das Zweite am Sonntag von 10.15 bis 19 Uhr. Dazu gibt’s über 40 Stunden Livestreaming auf bis zu acht Kanälen.
Die Mehrzahl der Entscheidungen fällt am Wochenende selbst, wenn auch das Fernsehen am Start ist. Die Boxer sind allerdings zum Beispiel schon seit Dienstagabend im Einsatz, weitere Wettkämpfe – unter anderem auch mit Backnanger Beteiligung – gehen heute und morgen über die Bühne. Die Schauplätze der Titelkämpfe sind das Olympiastadion und der Olympiapark, die Max-Schmeling-Halle, der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, das Velodrom, die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark und der Wannsee.