Mit Karacho und gegen die Zeit bergab

Der Auenwalder Max Pfeil ist mit seinem Mountainbike in der Disziplin Enduro seit zwei Jahren in der ganzen Welt unterwegs. Vergangene Saison schrammte der 24-Jährige bei der WM in Italien mit der deutschen Mannschaft nur haarscharf an der Bronzemedaille vorbei.

Max Pfeil muss hoch konzentriert sein, wenns auf kurvenreichen Pfaden über Stock und Stein halsbrecherisch runtergeht. Foto: Kike Abelleira

© Kike Abelleira

Max Pfeil muss hoch konzentriert sein, wenns auf kurvenreichen Pfaden über Stock und Stein halsbrecherisch runtergeht. Foto: Kike Abelleira

Von Uwe Flegel

„Eine Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern ist schon viel“, sagt Max Pfeil und muss den Grund dafür nicht groß erklären. Schließlich rast er mit seinem Mountainbike in der Enduro World Series nicht auf irgendeiner schön geteerten Piste eine Steigung runter. Für den Unterbrüdener und die Konkurrenz geht es über steiniges und felsiges Gelände, glitschige Wurzeln und schmale Pfade zwischen Bäumen und in engen Kurven rasant bergab. Nervenkitzel pur – und das immer mit Zeitdruck. Denn wer zu viel und oft bremst, der verliert den Kampf gegen die Uhr und die Konkurrenz.

Dritter der deutschen Meisterschaft und bei der World-Series im ersten Drittel

Mountainbike-Enduro nennt sich der Sport, den der 24-Jährige aus Auenwald betreibt – erfolgreich betreibt. Bei der deutschen Meisterschaft vergangenes Jahr wurde Pfeil Dritter und in der Gesamtwertung der World-Serie, die vor allem in Europa und Amerika zu Hause ist, belegte er in der gerade abgelaufenen Saison Rang 59. Damit zählte er in seinem zweiten Jahr der weltweiten Serie im rund 180 Fahrer großen Gesamtfeld zum vorderen Drittel. Seinen bislang wohl größten Erfolg feierte der Auszubildende im väterlichen Elektrobetrieb mit dem deutschen Team. Das schrammte in der Trophy of Nations genannten Weltmeisterschaft nur knapp am dritten Rang vorbei. Ein unerwartet gutes Ergebnis, zählt Deutschland bei dem Mix aus Mountainbike-Downhill und -Marathon doch nicht zu den führenden Ländern. Deshalb, so Max Pfeil, sei er mit Christian Textor (Burbach) und Torben Drach (Kirchzarten) ohne echte Zielsetzung ins italienische Finale Ligure gereist. Rang vier war für die drei besten Deutschen in der Weltrangliste deshalb nicht undankbar, sondern ein klasse Sache.

Für den Unterbrüdener, der auf dem Mountainbike mit Downhill begann und vor gut drei Jahren zum Enduro wechselte, war das gute Abschneiden nicht die ganz große Überraschung. „Bei uns haben sich in den vergangenen zwei, drei Jahren gute Fahrer entwickelt“, erzählt er und berichtet: „Zudem war das, was wir in Italien gezeigt haben, echtes Teamwork. Du hast einfach gemerkt, dass wir gute Freunde sind. Auch deshalb hat alles optimal funktioniert.“

In engem Abstand und mit Höllentempo hintereinander den Berg runter

Das musste es auch. Die WM ist ein Teamwettbewerb, in dem die Bergaufpassagen zwar jeder für sich erledigen kann, alle aber das dafür vorgegebene Zeitlimit einhalten müssen. Bergab gehts dann mit wenigen Metern Abstand – und es zählt jede Sekunde. Entsprechend spektakulär und schnell fuhr, sprang und kurvte Max Pfeil mit den zwei Mitstreitern in einem wahren Höllentempo nach unten. Und das Ganze nicht nur einmal. Fünfmal gings hoch, fünfmal runter. Und wie auch sonst immer mussten die Radsportler jedesmal einen anderen Kurs bewältigen. Denn Enduro setzt sich stets aus mehreren Läufen zusammen, die nacheinander auf verschiedenen Strecken im wahrsten Sinne des Wortes abzurackern sind. Rund 50 Kilometer und 1000 Höhenmeter legen die Fahrer dabei bei den Wettbewerben im Schnitt zurück. „In der Weltserie sind es zwischen vier und sieben Läufe“, erklärt der junge Auenwalder. Am Ende werden dann die Zeiten zusammengezählt, die die Fahrer bergab benötigt haben.

Im Frühjahr und Sommer dort daheim, wo im Winter Ski und Snowboard gefahren wird

Zwischen drei und sieben Stunden dauert so ein Rennen der Weltserie „und die Strecken sind entsprechend unterschiedlich“, berichtet der Schwabe. Mal seien es richtige Downhillkurse, mal normale Wanderwege, meistens sind sie aber schmal, steil, felsig oder eben aus Erde bestehende Pfade. So wie die Gegend eben in den Bergen Spaniens, Sloweniens, Österreichs, Frankreichs, der Schweiz, Kanadas, in den USA oder irgendwo in Südamerika ist. Denn die Enduro-Mountainbiker sind mit ihren Wettkämpfen in der warmen Jahreszeit sehr oft dort zu Hause, wo im Winter die Ski- und Snowboardszene ihre Heimat hat. Das italienische Finale Ligure mit seinem Kalkgestein als reine Hochburg des Sportkletterns und Mountainbikesports sowie das Tweed Valley in Schottland sind da eher Ausnahme. Ansonsten gings vergangenes Jahr in Orte und Gegenden wie Whistler, die Sugarloaf Mountains (Maine), nach Burke (Vermont), ins Fassatal, nach Crans Montana oder Loudenvielle in die Hochpyrenäen.

Von Ende April bis Oktober dauert eine Saison für einen wie Max Pfeil, der sich über die Enduro-Nachwuchsserie JWS 100 zu den World Series binnen kurzer Zeit hochgefahren hat. Sein Ziel dort fürs neue Jahr auf seinem Renngerät der Firma Madonna namens Raaw: „Ich will in der Gesamtwertung unter die ersten 50“ – und vielleicht möglichst rasch einen Vertrag in einem der Werksteams erhalten. Vor allem finanziell wäre das für den Auenwalder eine riesige Erleichterung. Dann würde er mit seinem Sport zumindest ein paar Euro verdienen und müsste nicht mehr mithilfe von Sponsoren und Familie alles selbst finanzieren. Für einen 24-jährigen Azubi ist das sicher nicht so einfach, selbst wenn er noch so rasant die Berge dieser Welt runterfegt.

Von der Judomatte aufs Bike

Anfänge im Judo Max Pfeil war von klein auf viel auf dem Rad unterwegs, hat zunächst aber auch Judo bei der TSG Backnang gemacht. „Irgendwann musste ich mich dann für einen Sport entscheiden“, sagt der 24-Jährige. Er weiß: „Das beim Judo erlernte gute Körpergefühl hilft mir jetzt allerdings auch auf dem Rad viel weiter.“

Selbst ist der Mann Beim Enduro sind die Fahrer während des Rennens auf sich allein gestellt und dürfen keine Hilfe oder Hilfsmittel von außen annehmen. Hat ein Bike irgendeinen Defekt, muss der selbst behoben werden – entweder direkt an der Piste oder in speziell dafür eingerichteten Zonen. Wer zum Beispiel einen Reifen oder eine gerissene Kette tauscht, bekommt eine Zeitstrafe.

Das Risiko „Bis auf zwei Schulterverletzungen ist mir bei den Rennen noch nichts groß passiert“, erzählt Max Pfeil. Dabei sind die Fahrer nicht riesig geschützt. Der 24-Jährige fährt nur mit Sturzhelm, Rückenprotektor und Gelenkschonern. Wichtig sei eine gute Bewegungsfreiheit, gelte es doch bei Schlägen, Sprüngen und Sonstigem gut zu reagieren, das Gleichgewicht zu bewahren und so Stürze möglichst zu vermeiden, so Pfeil.

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Erstellt:
22. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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