Motivationstipps vom Ringerweltmeister Frank Stäbler

Frank Stäbler auf Stippvisite im Weissacher Bildungszentrum: Im Rahmen des Projekts „Be Ready!“ spricht der Olympiadritte der Spiele in Tokio vor 250 Schülern über seinen Umgang mit Druck, Ängsten und Rückschlägen, aber auch über die vielen Erfolge und den erfüllten Medaillentraum.

Frank Stäblers Rat an die Schüler: Stark bleiben und für das große Ziel kämpfen, auch wenn es einmal Rückschläge gibt. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Frank Stäblers Rat an die Schüler: Stark bleiben und für das große Ziel kämpfen, auch wenn es einmal Rückschläge gibt. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Rund eine Stunde haben die Realschüler der Klassenstufen 5 bis 7 dem dreimaligen Ringerweltmeister nun schon zugehört. Meistens mucksmäuschenstill und sehr interessiert. Als die Aufmerksamkeit langsam nachlässt, hat Frank Stäbler noch ein Ass im Ärmel. Nein, in der Hosentasche. Er zieht die olympische Bronzemedaille heraus, mit der sich am 4. August 2021 in Tokio im letzten Kampf seiner langen, erfolgreichen internationalen Karriere sein größter Traum doch noch erfüllt hat. Spätestens in diesem Moment wird aus dem Respekt für den Stargast in der Seeguthalle, der im Vorfeld wohl nur den besonders sportbegeisterten Mädchen und Jungen ein Begriff war, echte Bewunderung. Applaus brandet auf und als er sich wieder legt, kann Frank Stäbler seinen Vortrag in aller Ruhe zu Ende bringen.

Der 33-Jährige, der sich mit einer Ringershow der Superlative in Ludwigsburg vor einigen Monaten endgültig von der Matte verabschiedet hat, erzählt zum Abschluss von den nervenaufreibenden Minuten vor dem kleinen Finale bei den Olympischen Spielen. Ihn habe die Angst beschlichen, nach den verpassten Medaillen in London 2012 und in Rio de Janeiro 2016 „für immer unvollendet zu bleiben“, wenn er dieses Duell nicht gewinnen sollte. Dann habe er diesen Druck in einen Ansporn umgemünzt: „Ich wollte der Welt noch ein letztes Mal den besten Frank Stäbler aller Zeiten zeigen.“ Den, der das Kunststück geschafft hatte, in drei verschiedenen Gewichtsklassen den Weltmeistertitel zu holen. Den, der zweimal Europameister, siebenmal deutscher Meister und siebenmal Ringer des Jahres geworden war. „Ich bin mit einem Lächeln hinaus auf die Matte“, erinnert sich der gebürtige Böblinger – und nach dem Sieg gegen den Georgier Ramas Soidse mit der Gewissheit wieder zurück in die Kabine, in Kürze das ersehnte Edelmetall um den Hals baumeln zu haben.

Frank Stäbler: „Jeder kann die beste Version von sich selbst werden“

Wertvolle Erfahrungen fürs gesamte Leben, auch abseits des Sports. Frank Stäbler will sie mit Schülern teilen, ihnen Tipps für den Umgang mit Herausforderungen, Druck, Ängsten und Rückschlägen mit auf den Weg geben. Das ist das Ziel von „Be Ready!“, dem von ihm selbst sowie dem baden-württembergischen Kultusministerium und der Stiftung Sport in der Schule initiierten Projekt. „Nicht jeder kann Weltmeister werden“, betont der Mann, der es gleich dreimal hingekriegt hat, „aber jeder kann die beste Version von sich selbst werden. Das Beste aus sich herauszuholen, ist der Weg zum eigenen Glück. Darin versuche ich die Kinder zu bestärken.“ Sein Ratschlag: „Schwächt eure Schwächen, stärkt eure Stärken. Macht das, wofür ihr eine Leidenschaft habt, was auch glücklich macht.“ Dann stelle sich der Erfolg irgendwann beinahe automatisch ein.

Frank Stäbler packt in seinen Vorträgen manchmal auch die Klassiker der Motivationssprüche aus. Dann ist davon die Rede, dass Hinfallen keine Schande ist, dass man aber wieder aufstehen muss. Oder dass man mit Fleiß und Zielstrebigkeit alles erreichen kann, dass auch eine noch so kleine Chance eben eine Chance ist. In die Gefahr, lediglich Plattitüden von sich zu geben und das Publikum zu langweilen, gerät der Spezialist für den griechisch-römischen Ringerstil aber nicht. Das liegt an seiner begeisternden und mitreißenden Art, am freien Referat ohne irgendein Manuskript und an den Beispielen aus der eigenen Karriere, die ihm eine große Glaubwürdigkeit verleihen.

Von der Angst, das Duell um Bronze in Tokio zu verlieren und auch von den letzten Olympischen Spielen ohne Medaille zurückzukehren, war bereits die Rede. Damit verbindet sich ein Druck, den Stäbler während des gesamten Sportlerdaseins verspürt hat, denn „ Weltmeister zu werden ist viel einfacher als Weltmeister zu bleiben. Umso erfolgreicher ich geworden bin, desto intensiver wurde der Druck.“ Und dann waren da noch die Rückschläge, die sich zwischen die vielen Erfolge mischten. Es begann bereits 2013, als er bei der WM in Budapest Dritter wurde, ihn die Entscheidungen von korrupten und danach gesperrten Mattenrichtern aber um die Titelchance brachten. Nachdem sich der Schwabe 2015 zu Deutschlands erstem Weltmeister im griechisch-römischen Stil seit über zwei Jahrzehnten gekrönt hatte, begleiteten ihn im folgenden Olympiajahr langwierige Verletzungen. Eine intensive Vorbereitung auf den Wettkampf in der brasilianischen Metropole war beinahe unmöglich, das Abtrainieren für die Klasse bis 66 Kilogramm verlangte Frank Stäbler alles ab. Nach dem schnellen Aus habe er sich „noch in der Kabine in Rio selbst ein Versprechen gegeben. Das hat mich am stärksten angetrieben, mir meinen Traum von der olympischen Medaille noch zu erfüllen.“

Vor den Olympischen Spielen 2021 mit Folgen einer Coronainfektion gekämpft

Wie steinig der Weg werden würde, ahnte er damals noch nicht. Weil sich der TSV Musberg und der neu gegründete KSV Musberg, zu dem viele Ringer mitsamt dem großen Aushängeschild gewechselt waren, ab 2017 heftig zankten, musste Stäbler fortan oft im umgebauten Hühnerstall der Eltern trainieren, weil auch ihm als Weltmeister der Zutritt zur örtlichen Halle verwehrt wurde. Als die Vorbereitung auf die Spiele von Tokio bereits auf Hochtouren lief, brach die Pandemie aus und das weltgrößte Sportereignis wurde auf 2021 verschoben. Für den Medaillenjäger aus Musberg bedeutete das, sein Karriereende ebenfalls hinauszögern zu müssen. Im Herbst 2020 und damit vor der Zulassung der ersten Impfstoffe erwischte das Coronavirus den Spitzenathleten, der monatelang mit den Spätfolgen zu kämpfen und zeitweise 20 Prozent seines Lungenvolumens verloren hatte. Umso höher ist einzuschätzen, dass es mit dem olympischen Edelmetall trotzdem klappte. Eine Willensleistung von Frank Stäbler, der damit auch den Bize-Schülern zum Vorbild taugt.

Bewerbung Schulvertreter, die mehr über das Projekt „Be Ready!“ von Frank Stäbler, dem Kultusministerium und der Stiftung Sport in der Schule erfahren wollen, finden Infos unter www.ssids.de/schulsport-in-bw/ projekte/gefoerderte/be-ready. Dort sind auch Bewerbungen für einen Besuch des Ringerweltmeisters möglich. Als Zielgruppe werden die Schülerinnen und Schüler aller Schularten und Klassenstufen genannt.

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Erstellt:
10. November 2022, 06:00 Uhr

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