Football-Team Stuttgart Surge

Quarterback Reilly Hennessey kehrt zurück – weil ihn die Erinnerung quälte

Reilly Hennessey spielt auch nächste Saison für Stuttgart Surge – denn er hat eine offene Rechnung mit sich selbst: Diesmal will der Quarterback den Titel in der European League of Football (ELF) nicht wieder verspielen.

Der Anführer kehrt zurück: Quarterback Reilly Hennessey wird auch 2025 das Trikot von Stuttgart Surge tragen.

© Baumann/Julia Rahn

Der Anführer kehrt zurück: Quarterback Reilly Hennessey wird auch 2025 das Trikot von Stuttgart Surge tragen.

Von Jochen Klingovsky

Derzeit wohnt Reilly Hennessey (29) in Vancouver, einer schönen Stadt im Nordwesten der USA. Dort, im Bundesstaat Washington, arbeitet er in der Werbebranche, und es war sein Plan, den Fokus auch künftig auf seinen Job zu legen. Zugleich ließ ihn ein Gedanke nicht los. Ständig geisterte dieser verflixte 8. September in seinem Kopf herum – der Tag, den er nie vergessen wird. Und der ihn letztlich dazu brachte, mit seinem Boss zu reden, der glücklicherweise verstand, dass es in Deutschland noch etwas zu erledigen gibt. Er versprach Reilly Hennessey, dass ihm sein Arbeitsplatz sicher sei, was dem Quarterback die Möglichkeit gibt, zu Stuttgart Surge zurückzukehren. Mit dem Ziel, den Weg diesmal zu Ende zu gehen.

An dem verregneten Sonntag vor genau fünf Monaten führte das Surge-Team im Halbfinale der European League of Football (ELF) gegen Titelverteidiger Rhein Fire im heimischen Gazi-Stadion dreieinhalb Minuten vor dem Ende mit 23:13. Reilly Hennessey hatte bis dahin eindrucksvoll gezeigt, warum er zu den besten Quarterbacks gehört, die in Europa spielen. Danach jedoch passierte etwas, das ihn seither nicht mehr loslässt: Ein Fehlpass von ihm in der regulären Spielzeit, ein weiterer in der Verlängerung – und die Saison war für Stuttgart Surge beendet. „Anschließend hatte ich eine harte Zeit, so etwas kannte ich bis dahin nicht“, sagt Reilly Hennessey, „ich war sehr enttäuscht über mich selbst, weil ich nicht die Leistung gezeigt habe, die in mir steckt.“

Die Erinnerung an die beiden Interceptions, die durch zwei Absprachefehler zustande gekommen waren, quälte ihn so lange, bis er einen Entschluss fasste: „So will ich meine Karriere nicht beenden.“

Reilly Hennessey ist ein Anführer

Die Verantwortlichen in Stuttgart hatten, um abgesichert zu sein, zu diesem Zeitpunkt schon mit dem einen oder anderen Quarterback über die nächste Saison gesprochen. Doch als sie den entscheidenden Wink von Hennessey bekamen, mussten sie nicht lange überlegen. „Wir haben gemerkt, dass er weiter für das Spiel brennt“, sagt Chefcoach Jordan Neuman, „und weil das so ist, gibt es keinen besseren Quarterback für uns. Er ist nicht nur ein Topspieler, sondern ein echter Anführer – auf und neben dem Feld.“

Was offenbar seine alten und nun auch neuen Teamkollegen genauso sehen. Als Alessandro Vergani, der bei Stuttgart Surge in der Offensive Line steht, von Jordan Neuman erfuhr, dass Reilly Hennessey zurückkehren würde, meinte er strahlend zu seinem Trainer: „Wenn er spielt, ist es so, als würdest Du auf dem Feld stehen.“ Der verlängerte Arm des Chefs – auch das muss ein guter Quarterback sein.

Hohe Ansprüche an sich selbst

Und noch etwas verbindet Neuman und Hennessey: der Anspruch, immer noch mehr erreichen zu wollen. Das Ziel in der neuen Saison, die am 18. Mai beginnt, ist die Stuttgarter MHP-Arena. Dort findet am 7. September das ELF-Finale statt. „Wir wollen dieses Spiel spielen – und gewinnen“, sagt der Coach. Und sein Quarterback erklärt: „Ich komme zurück, um den Titel zu holen.“

Dafür hat Reilly Hennessey das eine oder andere Angebot, das ihm vorlag, ausgeschlagen. „Stuttgart war meine klare Nummer-eins-Option“, sagt er, „ich bin mit dem Ort vertraut, habe eine sehr gute Beziehung zu den Verantwortlichen. Was bei Surge aufgebaut wurde, ist absolut bemerkenswert. Wir haben gezeigt, dass wir reif für die Meisterschaft sind, nun wollen wir sie auch gewinnen – mit einem Team, das definitiv noch einmal stärker sein wird als in der vergangenen Saison.“

Davon ist auch Jordan Neuman überzeugt. 95 Prozent des Kaders stehen, und der Cheftrainer freut sich schon jetzt auf den Beginn der Vorbereitung. „Ich bin sogar ein bisschen aufgeregt“, erklärt Jordan Neuman (41), „wir werden ein paar neue Stärken haben, unser Spiel weiterentwickeln.“ Dank der Neuzugänge in der Offensive soll Reilly Hennessey, so ist zumindest der Plan, ein paar Pässe weniger werfen – denn der Coach ist sich sicher, dass sein Team ein besseres Laufspiel haben wird. „Da gab es ein bisschen Luft nach oben“, sagt er, „künftig werden wir etwas weniger passlastig sein.“ Und damit noch schwerer ausrechenbar.

Jordan Neuman ist aufgeregt

Kurzum: Sportlich wird Stuttgart Surge im Jahr 2025 noch besser aufgestellt sein. Auch dank eines Quarterbacks, der eine Rechnung mit sich selbst offen hat.

Der neue Kader von Stuttgart Surge nimmt Gestalt an

ZielDas komplette Team von Stuttgart Surge wird 2025 in der European League of Football (ELF) ein Ziel verbinden – den Titel zu holen. Alle Neuzugänge sprechen von der Meisterschaft, und die Spieler, die ihren Vertrag beim Finalisten von 2023 und Halbfinalisten von 2024 verlängert haben, erklären unisono: „Der Job ist noch nicht erledigt.“ Bisher stehen 17 Spieler des neuen Kaders fest.

QuarterbackReilly Hennessey (seit 2023 in Stuttgart).

Wide Receiver Jeff Cotton Jr. (früherer NFL-Profi, kommt von den BC Lions aus Vancouver/Kanada).

Tight End Roberto Miranda (neu/Arizona Wildcats).

Runningback Tomiwa Oyewo (neu/Munich Ravens), Kai Hunter (seit 2023 in Stuttgart), Leon Helm (seit 2024 in Stuttgart).

Offensive Line Marvin Biegert, Marlon Werthmann (beide neu/Munich Ravens), Moritz Schreiber (neu/Schwäbisch Hall Unicorns), Jan Steiger (seit 2021 in Stuttgart), Benhur Ayra (seit 2022 in Stuttgart), Emmanuel Häfele, Lukas Maier, Luka Jokiel, Alessandro Vergani, Markos Dubravkic, Sascha Beck, Robert Hager (alle seit 2023 in Stuttgart).

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Erstellt:
7. Februar 2025, 17:16 Uhr

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