Reichmann provoziert aus Florida-Urlaub

DHB reagiert gelassen auf Posts des nicht nominierten Rechtsaußen

Stuttgart /TIW - Welche Tücken Social-Media-Kanäle für Profisportler haben können, ist nicht erst seit der unrühmlichen Causa Ribéry bekannt. Der überraschend aus dem Handball-WM-Kader gestrichene Rechtsaußen Tobias Reichmann hat zwar keine Fans beleidigt, aber auch der Deutsche Handballbund (DHB) hat seine „Instagram-Affäre“ – kurz vor Beginn der Handball-WM, also zur Unzeit.

Der 30-jährige Melsunger, der im Falle eines verletzten Spielers von Bundestrainer Christian Prokop nachnominiert werden könnte, postete ein Foto von sich am Flughafen und verabschiedete sich mit der provokanten Aussage „Ich bin dann mal weg. Wieso, weiß ich gar nicht genau . . . Ahhh, doch . . . Spontanurlaub“ in seinen Florida-Urlaub. Ein weiteres Selfie mit den Worten „Tschausen ihr Banausen“ löschte er von seinem Account – nachgelegt hat er aber nur Stunden später doch noch mal: „Berlin äähhh Orlando by night“, schrieb er unter ein Urlaubsbild. In Berlin fand am Donnerstag das Eröffnungsspiel der WM statt.

Beim DHB war man trotz der Provokationen des Europameisters von 2016 bemüht, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen – so wenig wie möglich sollte den WM-Auftakt stören. Konsequenzen? Habe Reichmann keine zu befürchten, sagte DHB-Sportdirektor Axel Kromer im Gespräch mit unserer Zeitung. „Natürlich hätten wir uns gefreut, wenn Tobias ein Urlaubsziel in der Nähe gewählt hätte. Aber es ist auch verständlich, dass ein enttäuschter Spieler erst einmal Abstand gewinnen muss.“ Das sei in Florida eben einfacher, als in der Heimat zu bleiben. „Außerdem können wir einem nicht nominierten Spieler nicht vorschreiben, wo er seinen Urlaub zu verbringen hat“. Mit Reichmann sei vereinbart, dass er „im Falle einer Nachnominierung den ersten Flieger zurück nach Deutschland nimmt.“

Auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning zeigt Verständnis für den 30-jährigen Melsunger: „Tobi wollte einmal ganz raus und abschalten. Die Enttäuschung bei ihm ist riesengroß.“ Etwas verklausuliert, allerdings deutlich kritischer äußerte sich Axel Geerken, Vorstandschef von Reichmanns Heimatclub MT Melsungen: „Ich persönlich hätte in seiner Position ein anderes Urlaubsziel gewählt.“ Dass die Aufregung um die Reichmann-Posts am Tage der WM-Eröffnung zur Unzeit kam, bestreitet auch Kromer nicht: „Natürlich ist diese Debatte kurz vor Turnier-Beginn suboptimal. Aber in der heutigen Zeit lässt sich ein solches Großereignis nur selten ohne Störfeuer über die Bühne bringen.“

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Erstellt:
11. Januar 2019, 03:14 Uhr

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