Rettungsparty fällt für TSG Backnang aus

Fußball-Oberligist verliert, die Konkurrenten gewinnen: Der Klassenverbleib der Roten hängt nun an den Blauen aus Stuttgart

Die Zitterpartie für Fußballer, Fans und Funktionäre des Oberligisten TSG Backnang dauert über das Saisonende hinaus an. Weil die Roten ihr finales Heimspiel gegen Ravensburg mit 0:2 verloren, fiel die Rettungsparty aus. Ein Sieg hätte aber auch nichts geholfen, weil die Abstiegsrivalen aus Oberachern und Ilshofen ihre Partien gewannen. Der Viertletzte muss nun auf Stuttgart hoffen: Steigen die Kickers in der Relegation in die Regionalliga auf, bleibt die TSG in der Oberliga.

Was Mario Marinic und seine Teamkollegen auch probierten, sie brachten den Ball einfach nicht im Ravensburger Kasten unter.Foto: A. Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Was Mario Marinic und seine Teamkollegen auch probierten, sie brachten den Ball einfach nicht im Ravensburger Kasten unter.Foto: A. Becher

Von Dieter Gall

Völlig erschöpft sanken Backnangs Spieler nach dem Abpfiff zu Boden. Trotz bester Torchancen, die in Evangelos Sbonias’ Augen „für mindestens drei Partien“ hätten reichen müssen, mussten sie sich dem FV Ravensburg mit 0:2 beugen. Für den Trainer passte der alte Spruch in Kickerkreisen, „dass wir heute noch zwei, drei Stunden hätten spielen können und es wäre wohl keiner reingegangen“. Weil jedoch noch vor dem Spielende in den Etzwiesen die Kunde der Siege der Kontrahenten aus Oberachern (3:1 in Gmünd) und Ilshofen (6:0 gegen Spielberg) durchsickerte, war klar: Es hätte alles nichts mehr geholfen. Trotzdem fand es Sbonias „schade, denn wir hätten uns gerne mit einem Erfolgserlebnis aus der Saison verabschiedet – egal, was auf den anderen Plätzen passiert“.

Um das zu schaffen, hätten die Schützlinge des 36-Jährigen aber viel mehr Zielwasser trinken müssen. Die erste vergebene Torchance war ein Kopfball von Mario Marinic, danach gaben zunächst die Gäste aus Oberschwaben den Ton an. In der 20. Minute vertändelte TSG-Verteidiger Matej Maglica die Kugel in der eigenen Hälfte. Ein Doppelpass hebelte die linke Abwehrseite aus und Bartosz Broniszewski köpfte am langen Eck zum 1:0 für den FVR ein.

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30.05.2019 Die TSG Backnang verliert gegen den FV Ravensburg
Die Fußballer der TSG Backnang kassieren im letzten Oberliga-Saisonspiel gegen den FV Ravensburg eine 0:2-Heimniederlage.

Ein Schock, von dem sich die Einheimischen nur langsam erholten. In der letzten Viertelstunde vor dem Pausenpfiff hatten einmal Marinic (32.) und zweimal Giosue Tolomeo (37./39.) den wichtigen Ausgleich auf dem Fuß, aber der Ball wollte einfach nicht ins Netz. Nach dem Wechsel bliesen die Roten endgültig zur Attacke. In der 57. Minute setzte Loris Maier den Schuss von der Strafraumgrenze ein bisschen zu hoch an. Acht Minuten später hatten die TSG-Fans den Torschrei bereits auf den Lippen. Von links passte der eben eingewechselte Jannik Dannhäußer zentimetergenau auf den im Fünfmeterraum lauernden Marinic, doch der knallte die Kugel an den linken Pfosten. Es war zum Mäusemelken, denn eine solche Möglichkeit versenkt der Torjäger im Normalfall im Schlaf. Den Platzherren lief langsam die Zeit davon. Wieder war es Marinic, der eine Viertelstunde vor dem Ende aus wenigen Metern an einem gegnerischen Abwehrbein scheiterte. Eine Zeigerumdrehung später traf Julian Geldner aus 18 Metern den rechten Pfosten.

Zweimal Aluminium – am Vatertag hatten sich offenbar alle Fußballgötter gegen die Roten verbündet. Den nächsten Beweis lieferte die 79. Minute: Marinic wurde im Ravensburger Strafraum elfmeterreif gefoult, doch die Pfeife des Unparteiischen blieb stumm. Mitsamt den klaren Führungen der Konkurrenten im Tabellenkeller verfestigte sich das Bild: Aus dem Sprung auf den fünftletzten Platz und dem damit verbundenen sicheren Ligaverbleib würde an diesem Nachmittag nichts werden. Daher passte es ins Bild, dass der eingewechselte Rahman Soyudogru mit dem 2:0 (81.) den Backnangern den K.o. versetzte.

Jetzt bleibt den Roten nur noch eines: Sie müssen den Blauen die Daumen drücken. Schaffen die Stuttgarter Kickers gegen Alzenau und Völklingen den Regionalliga-Aufstieg, kann die TSG ihre dritte Oberliga-Saison in Angriff nehmen. Wenn nicht, geht es für Backnang nach zwei Jahren wieder runter in die Verbandsliga.

TSG Backnang: Knauss – Bauer, Doser (62. Varallo), Maglica – Tolomeo, Geldner, Biyik, Kienast (62. Dannhäußer) – Leon Maier (82. Weber) – Loris Maier (66. Wiesheu), Marinic.

FV Ravensburg: Mesic – Boneberger, Altmann, Broniszewski, Strauß (69. Gbadamassi) – Hörger, Jeggle – Zimmermann, Schäch (46. Maier) – Schachtschneider (62. Rahman Soyudogru), Burhan Soyudogru (55. Chrobok).

Tore: 0:1 (20.) Broniszewski, 0:2 (81.) Rahman Soyudogru. – Schiedsrichter: Becker (Höfen an der Enz). – Zuschauer: 700.

Hintergrund
Das Vertrauen der TSG in die Kickers ist für die Relegation stark ausgeprägt

„Ich habe zur Mannschaft vor dem Spiel gesagt: Egal, was heute passiert, wir sind noch nicht abgestiegen“, verriet TSG-Coach Evangelos Sbonias nach dem Schlusspfiff. Das war der eine Grund, warum sich die Enttäuschung im Anschluss an Backnangs 0:2-Niederlage gegen Ravensburg im Rahmen hielt und keineswegs Tränen flossen. Der andere war dem Fakt geschuldet, dass auch ein Sieg nicht zur sofortigen Rettung geführt hätte.

Wohl und Wehe der Roten hängen jetzt an den Blauen. Nur wenn die Kickers, die sich gestern mit einem knappen 4:3-Sieg gegen den Tabellendritten FSV 08 Bissingen vor knapp 5 000 Zuschauern in der Mechatronik-Arena in Großaspach die Oberliga-Vizemeisterschaft sicherten, in der Relegation den Aufstieg in die Regionalliga schaffen, öffnet sich für Backnang das Hintertürchen.

Der Zweite der Oberliga Baden-Württemberg bekommt es mit den Vizemeistern der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar (Völklingen) und der Hessenliga (Alzenau) zu tun. Diese Vereine haben ihr Duell schon gestern absolviert: Sie trennten sich in Völklingen 2:2. „Das ist ein gutes Ergebnis für die Kickers“, freut sich TSG-Vorstandsmitglied Marc Erdmann. Stuttgart greift am Sonntag (14 Uhr, Waldau-Stadion) mit dem Heimspiel gegen Völklingen ins Geschehen ein, das letzte Spiel der Dreier-Runde bestreiten die Kickers am Mittwoch, 5. Juni, um 19 Uhr in Alzenau. Wer die Nase vorne hat, steigt auf. Bei Punktgleichheit entscheidet die Tordifferenz, die weiteren Kriterien sind die erzielten Tore und der direkte Vergleich. Danach zählen die Auswärtstore doppelt für den Direktvergleich. Sollten alle drei Spiele mit einem 2:2 enden, entscheidet das Los.

„Wir müssen abwarten und hoffen“, bringt es TSG-Trainer Sbonias auf den Punkt: „Die Kickers haben die Unterstützung ihrer Fans, die nötigen Strukturen und sie arbeiten unter professionellen Bedingungen. Ich traue ihnen den Aufstieg absolut zu – wenn es darauf ankommt, werden sie da sein.“ Kapitän Oguzhan Biyik beschwört den Fußballgott: Betrachte es dieser realistisch, „schaffen wir es“. In dieselbe Kerbe haut Erdmann: „Unser Team hätte den Klassenverbleib nach der überragenden Rückrunde absolut verdient.“

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Erstellt:
31. Mai 2019, 06:00 Uhr

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