Riesiges Losglück: Bauer auf Hawaii dabei
Triathlet aus Backnang peilt beim legendären Ironman-Rennen am kommenden Samstag eine Zeit von etwa zwölf Stunden an
„Das Wetter ist die größte Unbekannte“, sagt Triathlet Jörg Bauer vor seiner Premiere beim legendären Hawaii-Ironman am Samstag und stellt sich wie alle Starter zwei Fragen: „Wie heiß wird es? Und wie windig?“ Sollten nicht allzu extreme Bedingungen herrschen, peilt der Backnanger eine Zeit von etwa zwölf Stunden an: „Mein Ziel ist es, bis Sonnenuntergang anzukommen.“ Dass er überhaupt dabei ist, verdankt er riesigem Losglück.
Von Steffen Grün
Es ist auf mehreren Wegen möglich, einen Startplatz beim ältesten und berühmtesten Langdistanz-Triathlon zu ergattern. Die Hauptrolle spielen bei den Amateuren die Platzierungen bei den weltweit ausgetragenen Ironman-Wettkämpfen im vorangegangenen Jahr, deren 40 waren es 2018: Pro Altersklasse wird anhand der Resultate eine bestimmte Zahl an Tickets an die Athleten verteilt, die tatsächlich zugreifen wollen. Zudem werden laut Bauer zwei Plätze für jeweils etwa 40 000 Dollar verkauft, wobei ein dickes Portemonnaie allein nicht zwingend reicht: „Der saudische Prinz wollte einen, bekam aber keinen.“ Stattdessen könne es zum Beispiel sein, dass einem erkrankten Sportler auf diese Weise sein größter Wunsch erfüllt wird.
Dem Triathleten aus Backnang blieb die Option, auf die Extraportion Dusel zu hoffen. Unter allen, die 2018 bei einem Ironman die Ziellinie passierten, wurden 80 Plätze verlost: Bei etwa 96 000 Namen, die nach Bauers Kenntnis in der Lostrommel lagen, ist es zwar nicht so abwegig wie ein Sechser im Lotto, auf diesem Wege zum Zug zu kommen, aber eben auch alles andere als zu erwarten. Zu den 40 Glücklichen, die noch vor Weihnachten den positiven Bescheid erhielten, zählte der Murrtaler nicht. Der zweite Durchgang neigte sich auch schon seinem Ende entgegen, als es doch noch das Happy End gab. „Meines Wissens war ich der 37., der Ende Januar gezogen wurde“, verrät der Geschäftsführer eines Bauträgerunternehmens, was ein Kollege, der sich die Auslosung online angeschaut hatte, ihm sofort per SMS mitgeteilt hatte. „Ich habe ihm nicht geglaubt“, erinnert sich Bauer. Erst als ihm am 31. Januar diesen Jahres eine E-Mail vom Organisationskomitee ins Haus flatterte, realisierte er, dass er tatsächlich starten darf.
Es ist der bisherige Höhepunkt für den Triathleten, der bis Mai 2011 ein Sportmuffel war und mit 1,75 Metern 104 Kilogramm wog. Die Ironman-Premiere feierte Bauer 2017 in Barcelona, im vergangenen Jahr folgten der Ausstieg beim finalen Marathon in Roth und das erfolgreich beendete Rennen in Vichy, vor einigen Wochen stand der Wettkampf in Kopenhagen auf dem Programm. „Der war eigentlich als Saisonhöhepunkt vorgesehen, wenn es mit Hawaii nicht geklappt hätte“, gewährt der gelernte Maurermeister einen Einblick in seine Planungen. Da es kein Pappenstil ist, innerhalb von knapp zwei Monaten zweimal 3,8 Kilometer zu schwimmen, 180 Kilometer Rad zu fahren und 42,195 Kilometer zu laufen, brach Bauer das Rennen in Dänemarks Hauptstadt schon nach wenigen Kilometern des abschließenden Marathons bewusst ab. Ihm ging es darum, auf Hawaii im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein.
Am Samstag gegen 7 Uhr Ortszeit beginnen für den Backnanger die Strapazen, die Vorbereitungen sind fast beendet. Um genug Zeit zur Akklimatisierung zu haben und das letzte, stets zwei Wochen vor dem Wettkampf geplante große Training auf der Originalstrecke durchziehen zu können, flog Bauer bereits am 25. September über den großen Teich. Gestern feierte er Geburtstag – seinen fünfzigsten, „aber das wird eine trockene Angelegenheit“, hatte er bereits vor seiner Abreise angekündigt: „Einen Monat vor großen Wettkämpfen verzichte ich auf Alkohol und viele kulinarische Leckereien.“ Mit der Zielankunft endet der selbst auferlegte Verzicht jedoch wieder, und zwar sofort: Bauer möchte sich „wie immer“ umgehend ein Weizenbier schmecken lassen – völlig unabhängig davon, welcher Platz für ihn in der M 50 in welcher Zeit auch immer herausspringt.
Der Ironman steigt auf der Hauptinsel Hawaii, einst wollte der Schwabe just in diesen Tagen auf der Nachbarinsel O’ahu sein: „Ich habe als Jugendlicher unter anderem Schiffsmodelle gebaut und hatte da schon im Hinterkopf, zum 50. Geburtstag das Museum in Pearl Harbor anzuschauen.“ Nun schlägt Jörg Bauer zwei Fliegen mit einer Klappe: Er bleibt nach dem Triathlon noch bis zum 21. Oktober auf der Inselgruppe und erfüllt sich auch seinen damaligen Traum. Etwas anderes, was er sich zum Fünfzigsten vorgenommen hatte, muss dafür noch warten: Sein Start beim Norseman Xtreme in Norwegen, der zu den härtesten Triathlon-Wettkämpfen der Welt zählt. „Das bleibt mein Ziel, aber vor den letzten 12 Kilometern mit 1600 Höhenmetern habe ich noch etwas Respekt“, räumt Jörg Bauer ein und fügt hinzu: „In zwei Jahren will ich mich aber anmelden.“ Hawaii zu meistern, würde dem Selbstvertrauen einen weiteren Schub geben.