Tim Freihöfer von den Füchsen Berlin

Schwäbisches Handball-Juwel feiert Debüt im Nationalteam

Er steht für Effizienz statt Spektakel: Der gebürtige Reutlinger Tim Freihöfer (22) von den Füchsen Berlin ist der Senkrechtstarter in der Handball-Bundesliga und feiert am Donnerstag sein Debüt in der Nationalmannschaft.

Eiskalter Vollstrecker: Tim Freihöfer ist der erfolgreichste und mit Abstand treffsicherste  deutsche Linksaußen in  dieser Bundesligasaison.

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Eiskalter Vollstrecker: Tim Freihöfer ist der erfolgreichste und mit Abstand treffsicherste deutsche Linksaußen in dieser Bundesligasaison.

Von Jürgen Frey

Kein anderer hat die Karriere von Tim Freihöfer so geprägt wie Bob Hanning. Kein anderer kennt seine Qualitäten so gut wie er. Deshalb verwundert es wenig, dass der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten Füchse Berlin den Linksaußen schon gerne viel früher in der deutschen A-Nationalmannschaft gesehen hätte. „Man hat’s lange genug verhindert“, sagt Hanning mit süffisantem Unterton.

Zweimal gegen Österreich

Nun aber ist es so weit. Der 22-Jährige feiert an diesem Donnerstag um 18 Uhr in Wien im EM-Qualifaktionsspiel gegen Österreich (Rückspiel am Sonntag, 16.30 Uhr, in Hannover/jeweils ZDF Livestream) sein Debüt im Team von Bundestrainer Alfred Gislason. „Ich spiele diese Saison erstmals in der Champions League. Nun geht ein zweiter Traum von mir in Erfüllung“, sagt Freihöfer. Der 1,74 Meter große Rechtshänder spielt eine überragende Runde beim aktuellen Bundesliga-Zweiten. Mit seinen 143 Toren und einer Quote von über 78 Prozent ist er der mit Abstand treffsicherste deutsche Linksaußen. Nur der dänische Weltklassemann Emil Jakobsen von der SG Flensburg-Handewitt hat 13 Tore mehr erzielt.

Hang zum einfachen Tor

Freihöfer ist kein Typ für Drama, Show und Spektakel. Er ist ein Spieler, der die klare Chance sieht und den Ball effizient, gradlinig und ohne Schnörkel im Netz versenkt. Ein wenig spiegelt das auch seinen Charakter wider: „Tim ist für mich der Inbegriff für Bodenständigkeit und Ehrlichkeit. Was Charakter und Professionalität betrifft, ist er eine glatte Eins“, lobt ihn Hanning.

Das alles konnte der Handball-Macher aus der Bundeshauptstadt im besten Fall nur erahnen, als ihm der Spieler 2017 bei Länderpokal-Auftritten für den Handballverband Württemberg (HVW) aufgefallen war. Hanning lud den damals 14 Jahre jungen Nachwuchsspieler der HSG Echaz/Erms, der schon im Alter von vier Jahren bei der SG Oberhausen/Unterhausen das Handball-ABC begann zu erlernen, nach Berlin ein. Nach vier Probetagen im Trainingszentrum „Füchse Town“ stand fest: Der junge Mann darf bleiben. Doch Freihöfer entschied sich, erst seinen Realschulabschluss im gewohnten schwäbischen Umfeld zu machen.

Lange plagte das Heimweh

Nach dem Motto aufgeschoben ist nicht aufgehoben, holte er den Schritt ein Jahr später nach. „Im Nachhinein war es das Beste für mich, dass ich nicht früher nach Berlin gewechselt bin“, sagt Freihöfer. Er kann das deshalb so gut beurteilen, weil er selbst im zweiten Anlauf, mit einem Jahr mehr auf dem Buckel, große Anlaufschwierigen hatte. Ihn plagte das Heimweh, Tränen flossen. „Ich habe das Ganze unterschätzt und war kurz davor, alles abzubrechen“, erinnert er sich.

Papa, Mama und Mentor Hanning mussten hart kämpfen, viele Gespräche führen, Perspektiven aufzeigen, um ihn davon zu überzeugen, dass die schwierige Zeit vorübergeht. Sie sollten Recht behalten. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit lief dann doch alles glatt. Auf und neben dem Platz, wo Freihöfer das Fachabitur absolvierte und eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann abschloss.

Mit zur erfolgreichen Integration im neuen Umfeld beigetragen hatten auch seine Mitstreiter im Füchse-Internat. „Die Jungs nahmen mich in tristen Zeiten in den Arm“, lobt Freihöfer den Zusammenhalt, der durch viele Vereinsaktivitäten gefördert wurde. Dazu zählten die Teilnahme an Benimm-Kursen, die Arbeit bei der Müllabfuhr oder gemeinsames Kochen. Der Schwabe steuerte standesgemäß handgeschabte Spätzle bei, die Zubereitung hatte ihm sein Vater vor dem Umzug beigebracht.

U-21-Weltmeister 2023

Wie konsequent und erfolgreich die Nachwuchsarbeit im Fuchsbau betrieben wird, belegt auch die Tatsache, dass Freihöfer gemeinsam mit den Berliner Eigengewächsen Lasse Ludwig, Matthes Langhoff, Max Beneke und Nils Lichtlein die U-21-Weltmeisterschaft 2023 feierte, zwei Jahre davor gewann er die U-19-EM sowie 2020 und 2021 jeweils die deutsche A-Junioren-Meisterschaft. Lichtlein und Beneke sind nun auch für die anstehenden A-Länderspiele gegen Österreich nominiert.

Am meisten zu verdanken sei das Ganze laut Freihöfer vor allem einem Mann: Bob Hanning. „Er denkt und lebt Tag und Nacht Füchse Berlin.“ Dabei sei es egal, ob es darum geht, sich um Welthandballer Mathias Gidsel zu kümmern oder um einen Jugendspieler. „Beide sind ihm gleich wichtig, weil beide voneinander profitieren.“

Fernziel Heim-WM 2027

Von Freihöfers Qualitäten soll nun die deutsche A-Nationalmannschaft profitieren, in den Qualifikationsspielen für die EM 2026. Danach folgt ein Jahr später die Heim-WM. „Das war immer mein Fernziel, da habe ich mega Bock drauf“, sagt das schwäbische Handball-Juwel, das als eiskalter Vollstrecker weiter auf Effizienz statt Spektakel setzt.

EM-Qualispiel am 11. Mai in Stuttgart

Qualifikation Das DHB-Tema ist mit Erfolgen gegen die Schweiz (35:26) und in der Türkei (36:29) optimal in die EM-Qualifikation gestartet und führt die Tabelle an. Die ersten beiden Teams der Vierergruppe sind sicher für die Euro vom 13. Januar bis zum 1. Februar qualifiziert. Auch die vier besten Drittplatzierten aus den insgesamt acht Qualifikationsgruppen sind beim Turnier in Dänemark, Norwegen und Schweden dabei.

Termine Nach den beiden Spielen gegen Österreich folgen in der EM-Qualifikation die Partien gegen die Schweiz in Zürich (7. Mai, 19 Uhr) und das Heimspiel gegen die Türkei am 11. Mai (18 Uhr) in der Stuttgarter Porsche-Arena. (jüf)

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Erstellt:
11. März 2025, 11:32 Uhr

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