SG Sonnenhof: Schon bereit für große Sprünge?

Vor einem Neustart ins Ungewisse steht die SG Sonnenhof Großaspach nach dem Abstieg aus der Regionalliga. Der einst so erfolgsverwöhnte Verein will oben mitmischen, aber es stellt sich die Frage, ob das auf Anhieb klappt.

Chefcoach Evangelos Sbonias (Mitte) sowie die Assistenten Julian Schieber (links) und Marcel Ivanusa haben mit dem runderneuerten SG-Team noch viel Arbeit vor sich. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Chefcoach Evangelos Sbonias (Mitte) sowie die Assistenten Julian Schieber (links) und Marcel Ivanusa haben mit dem runderneuerten SG-Team noch viel Arbeit vor sich. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Ein gebeutelter Verein, der nach zwei bitteren Abstiegen binnen zwei Jahren sein altes Selbstvertrauen erst wieder zurückgewinnen muss. Ein neuer Trainer, der ohnehin schon einen gewaltigen Umbruch im Mannschaftskader zu bewältigen hat und trotzdem noch mindestens einen weiteren Zugang fordert. Eine äußerst holprige Vorbereitung, die mit dem blamablen Aus in der zweiten WFV-Pokal-Runde beim Landesligisten Bad Boll am vergangenen Wochenende ihren Tiefpunkt erreichte. Obendrein ein Auftaktprogramm, das mit seinen hohen Hürden das Risiko eines Fehlstarts noch zusätzlich vergrößert. Wenn die SG Sonnenhof Großaspach diesen Freitag um 19 Uhr beim FC Nöttingen in die Oberliga-Saison startet, werden viele Fragezeichen nicht ansatzweise beseitigt sein.

Entsprechend schwer fällt die Prognose, was für den ehemaligen Drittligisten in dieser Runde drin ist. Nicht einmal die Verantwortlichen selbst wissen derzeit so richtig, wo ihr Team steht. So ähnlich geht es auch den Kontrahenten – viele von ihnen haben den Klub aus dem Fautenhau trotzdem auf dem Zettel, wenn nach möglichen Verfolgern der Stuttgarter Kickers gefragt wird. Die Blauen gelten als haushoher Favorit. Im Gespräch mit unserer Zeitung hat sich der neue SG-Trainer Evangelos Sbonias zu einigen Punkten geäußert, die im Vorfeld der anstehenden Spielzeit von Bedeutung sind.

Die Rückkehr Zu Drittliga-Zeiten arbeitete der 39-Jährige schon einmal in Großaspach. In der Saison 2016/2017 war das, damals als Assistent von Oliver Zapel. „Viele handelnden Personen sind immer noch da“, stellt Evangelos Sbonias fest und denkt an einige Funktionäre sowie an Leute wie die Betreuer Harry Anders und Andreas Jung: „Das spricht für eine hohe Kontinuität und Identifikation mit dem Verein.“ Neu ist dagegen der Sportliche Leiter Benedikt Röcker, „der eng mit mir zusammenarbeitet“.

Die Infrastruktur und das Drumherum seien noch „ein Stück professioneller“ geworden, betont der Trainer, den es anfangs noch zusammen mit Zapel zu Werder Bremen II gezogen hatte, ehe er bei der TSG Backnang und zuletzt beim SGV Freiberg doch wieder als Chefcoach anheuerte. Eine Erkenntnis, die einerseits erfreulich und andererseits bitter ist, weil es nicht zum sportlichen Abstieg passt. Es sei „fast tragisch“, mit diesen Möglichkeiten nun in der Oberliga zu spielen. Es gehe darum, „das Ruder herumzureißen, um wieder erfolgreichere Zeiten zu erleben. Vielleicht passt am Ende auch die Liga wieder zur Infrastruktur.“

Der Umbruch Nach dem Abstieg sei es absehbar gewesen, dass kaum ein Stein auf dem anderen bleiben würde, aber „wir haben einige Spieler gehalten, die wir halten wollten“. Konkret blieben Torwart Maximilian Reule, Verteidiger Bastian Frölich, der Sechser Manuel Konrad und Stürmer Dominik Salz – also jeweils eine verlässliche Größe pro Mannschaftsteil. Das war es zugleich auch schon, die anderen 19 Akteure aus der Abstiegssaison suchten das Weite. Bereits im März war zudem der Vertrag mit Steven Lewerenz in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst worden. „Reisende soll man nicht aufhalten“, sagt Evangelos Sbonias zu den vielen Abgängen: „Wir wollten nur Jungs bei uns haben, die sich zu 100 Prozent mit dem Verein und der Liga identifizieren.“

Die Neuen Den Abgängen stehen mittlerweile zwölf Verpflichtungen gegenüber. Erst am vergangenen Montag stieß mit Fabian Benko vom Regionalliga-Titelaspiranten SSV Ulm noch ein Offensivspieler dazu. „Wir sind mit allen Zugängen sehr zufrieden, das sind gute Jungs und saubere Charaktere“, lobt der neue SG-Trainer die Einkaufspolitik. Der A-Lizenz-Inhaber gibt allerdings im selben Atemzug zumindest mit Blick auf so manchen Neuen zu bedenken: „Sie brauchen aber auch ihre Zeit, um sich an die Intensität zu gewöhnen, die sie bislang teilweise nicht hatten.“ Darüber hinaus bekamen fünf Talente aus dem eigenen Nachwuchs einen festen Platz im Kader der Ersten. Zwei Jungs, die weiter in der A-Jugend spielen dürfen, schnupperten in der Vorbereitung auch schon einmal mit rein.

Der Kader „Wir haben eine sehr gute Mischung aus jungen, talentierten Spielern und einigen erfahrenen Eckpfeilern“, glaubt Evangelos Sbonias. Trotzdem sei allen Verantwortlichen im Verein klar, „dass wir auf dem Transfermarkt noch nachlegen wollen und auch müssen“. Zumindest eine weitere Verstärkung für die Defensive soll es noch sein. Eventuell tut sich vor dem Hintergrund der enttäuschenden Leistung im Pokal, die einmal mehr im inzwischen fast schon traditionellen frühen Aus gipfelte, sogar noch mehr. Aus den wenigen verbliebenen Spielern und den vielen Zugängen eine funktionierende Einheit zu basteln ist auf alle Fälle „eine große Herausforderung“, weiß der Trainer, der wohl nicht zuletzt deshalb auch noch „nullkommanull“ über die bevorzugte Grundordnung verraten kann. Ohnehin gehe es aber um hohe Flexibilität und darum, sich an den Gegner anzupassen, um Stärken zu bekämpfen und Schwächen zu nutzen.

Die Führungsspieler Volkan Celiktas und Hakan Kutlu „sind absolut gestandene Oberliga-Spieler“, ordnet Evangelos Sbonias das Duo ein, das er schon zuletzt in Freiberg trainierte: „Wir hoffen, dass sie tragende Rollen übernehmen.“ Dass Celiktas auf Anhieb auch zum ersten Stellvertreter des neu gewählten Kapitäns Manuel Konrad gekürt wurde, „unterstreicht seine Wichtigkeit“. Zu der Achse, die das SG-Team führen soll, gehören außerdem der zweite Kapitänsstellvertreter Maximilian Reule, Bastian Frölich und Dominik Salz. Insgesamt sechs Spieler also, die mit ihrer Erfahrung und Qualität vorangehen sollen – nicht zuletzt, wenn es einmal nicht so laufen sollte und es bittere Rückschläge wie etwa das Pokal-Aus setzt.

Der Nachwuchs „Sie kriegen von mir eine faire Chance“, verspricht Großaspachs Trainer den aufgerückten Talenten aus der eigenen A-Jugend und verrät, was er von ihnen verlangt: „Sie müssen mir im Training zeigen, dass sie Alternativen sind und den etablierten Spielern den Platz streitig machen wollen.“ Tun sie das, haben sie beste Karten, ins kalte Wasser geworfen zu werden. Derartige Versuche scheute Evangelos Sbonias bereits bei seinen vorherigen Stationen nicht. Dass sogar Niklas Mohr und Nico Engel, die noch in der A-Jugend spielen dürfen, im WFV-Pokal in beiden Begegnungen zum Einsatz kamen, „ist ein klares Zeichen“. Der eine oder andere habe durchaus „Startelfpotenzial“, unterstreicht Evangelos Sbonias, ohne Namen nennen zu wollen.

Die Vorbereitung Erst vier Partien, darunter die zwei Duelle im WFV-Pokal, weil zwei Testspiele kurzfristig ausfielen, eine böse Verletzung mit dem doppelten Schlüsselbeinbruch von Dominik Beisswenger, dazu einige kleinere und größere Zipperlein, ein wenig Corona und andere Krankheiten – optimal ist anders. „Es war eine seltsame Vorbereitung, mit Herausforderungen gespickt – das muss man ganz ehrlich sagen“, räumt der SG-Coach ein. Mit Stürmer Bleart Dautaj und Mittelfeldspieler Luca Wöhrle verpassten beide Zugänge vom SSV Reutlingen nahezu die komplette Vorbereitung. Im vermaledeiten und mit 2:3 verlorenen Testspiel gegen den Verbandsligisten Fellbach verletzten sich neben Dominik Beisswenger auch Sasha Diakiese und Burak Alabas.

Der Saisonstart Zum Auftakt am Freitag in Nöttingen, genau eine Woche später zu Hause gegen den FSV 08 Bissingen mit Großaspachs Ex-Coach Markus Lang – „höher könnten die Trauben an den ersten beiden Spieltagen nicht hängen“, meint Evangelos Sbonias und sieht in diesen Kontrahenten „zwei gestandene Oberligisten mit sehr viel Erfahrung, obwohl Bissingen auch einen mittelgroßen Umbruch hinter sich hat“. Bei Nöttingen verweist der SG-Trainer auf die gefährliche Offensive mit Niko Dobros, Niklas Hecht-Zirpel, Jimmy Marton und insbesondere Ex-Profi Anton Fink, der in diesem Sommer vom SSV Ulm kam. Sein Gesamtfazit: „Wir müssen uns extrem strecken, um erfolgreich zu sein.“ Was erfolgreich wäre, ist die nächste Frage. Zwei bis drei Punkte sollten schon herausspringen.

Das Nachbarschaftsduell Schon am Mittwoch, 17. August, ist es so weit. Für Großaspach geht es das erste Mal seit etwa 18 Jahren wieder gegen die TSG Backnang um Punkte. Und das in den Etzwiesen, der Heimat des Ex-Klubs von Evangelos Sbonias. „Es ist, wie es ist“, sagt der 39-Jährige, der die Roten ab November 2018 unter seinen Fittichen hatte und sie nach dem aus beinahe aussichtsloser Position fast noch abgewendeten Abstieg in die Verbandsliga sofort wieder in die Oberliga zurückführte. „Ich habe mir noch keine großen Gedanken über dieses Spiel gemacht“, sagt Sbonias: „Sobald wir die ersten zwei Spiele abgehakt haben, wissen wir ein Stück weit mehr, wo wir stehen. Dann können wir uns in Ruhe um diese Partie kümmern.“ Weil das Nachbarschaftsduell wohl an einem herrlichen Sommerabend steigt und viele Fans auf beiden Seiten ohnehin heiß darauf sind, „hoffe ich auf eine hohe Zuschauerzahl“.

Das Saisonziel Rang eins sollte vergeben sein, deshalb nennt Michael Ferber die Plätze zwei bis fünf. Realistisch? „Wenn der Meister am Ende nicht Stuttgarter Kickers heißt, muss sehr viel passiert sein“, meint Sbonias. Dem vom Sportvorstand ausgegebenen Ziel, zum Verfolgerfeld zu gehören, „stellen wir uns. Man muss ehrlich sagen, dass das nach diesem Umbruch, dieser Vorbereitung und dem Negativstrudel, in dem sich der Verein in den letzten Jahren befunden hat, ein ambitioniertes Ziel ist. Aber ich bin ein Trainer, der ungern um die goldene Ananas spielt, maximale Ziele hat und sehr ehrgeizig ist. Deshalb ist das absolut deckungsgleich mit meinen Zielen.“

Die Hauptrivalen Im Rennen um die Plätze hinter den klar favorisierten Kickers rechnet Sbonias vor allem mit Villingen und Pforzheim. Darüber hinaus gebe es „einen Pool von Mannschaften“, zu dem für den SG-Coach neben Göppingen, Nöttingen und Bissingen sein eigenes Team gehört.

Die komplette Sonderveröffentlichung unserer Zeitung ist hier zu sehen.

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Erstellt:
3. August 2022, 11:30 Uhr

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