Sportlicher Umbruch bei den Wolverines

Kreisliga statt Landesliga: Backnangs Footballverein zieht sein Männerteam aus freien Stücken in die niedrigste Spielklasse zurück. Dem neuen Trainerstab und den vielen unerfahrenen Spielern soll die Möglichkeit geboten werden, sich in Ruhe zu entwickeln.

Dennis Rieger (links) und Fabian Lieb bilden das neue Trainerduo. Sie schauen genau hin, wie sich die jungen Spieler entwickeln.Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Dennis Rieger (links) und Fabian Lieb bilden das neue Trainerduo. Sie schauen genau hin, wie sich die jungen Spieler entwickeln.Foto: A. Becher

Von Steffen Grün

Kaum waren die Wolverines im Juli 2018 ohne Punktgewinn aus der Oberliga in die Landesliga abgestiegen, da fasste Wolfram Lederer bereits wieder ehrgeizige Ziele ins Auge. „Ich will, dass der Verein spätestens in drei Jahren in der Oberliga etabliert ist und nicht ums Drinbleiben zittern muss“, sagte der stellvertretende Vorsitzende. Der Blick auf den Kalender verrät: Jetzt hätte es so weit sein müssen, doch davon ist der Klub weit entfernt. Die Realität: Kreisliga, von den Verantwortlichen selbst gewählt.

„Es kam in den vergangenen zwei Jahren vieles zusammen“, begründet Vereinschef Kai-Uwe Westphal, warum die Backnanger mit ihrem Männerteam nicht wenigstens in der Landesliga weitermachen. Begonnen hatte es mit der enttäuschenden Runde nach dem Oberliga-Abstieg. Beinahe wären die Wolverines in die Bezirksliga durchgereicht worden, aufatmen konnten sie im September 2019 erst nach der Relegation gegen Offenburg. 2020 blieb es bei einem Vorbereitungsspiel, ehe die Coronapandemie zunächst einmal alles lahmlegte. Als das Training wieder aufgenommen werden durfte, war es nur in der kontaktlosen Form erlaubt, was für diese körperbetonte Sportart natürlich eine erhebliche Einschränkung bedeutete. „So in eine Saison zu starten, ging aus unserer Sicht einfach nicht“, erklärt Westphal, warum sich die Footballer von der Murr dagegen entschieden, an der vom Verband organisierten Ersatzrunde teilzunehmen: „Uns war das Verletzungsrisiko zu groß.“ Die Mannschaft habe diese Sichtweise komplett geteilt, betont der Vorsitzende, zumal wegen des ausgesetzten Abstiegs eigentlich keine sportlichen Folgen zu befürchten waren.

Vorerst kein neuer Headcoach, aber ein Trainerduo.

Dass die Wolverines ihren Startplatz in der Landesliga nun freiwillig räumten und ganz unten in der Kreisliga wieder einsteigen, hat mit einem personellen Aderlass zu tun. Angefangen beim langjährigen Headcoach: Michael Müller begründete seinen Rückzug mit privaten und zeitlichen Aspekten. Wenn es darum geht, den vakanten Posten neu zu besetzen, verfallen die Macher aber nicht in Hektik. „Wir haben immer Bedarf für einen Headcoach, aber unser Konzept funktioniert derzeit auch so“, verrät Westphal, warum die Suche nur mit gebremstem Schaum vorangetrieben wird. Mit Dennis Rieger (29) als Offensive Coordinator und vielleicht auch als Spielertrainer sowie Fabian Lieb (30) als Defensive Coordinator „sind wir für die vor uns liegende Saison gut aufgestellt“. Beide bringen viel Erfahrung als Spieler mit, die sie seit der Jugendzeit bei den Wolverines gesammelt haben. Lieb war beim zwischenzeitlichen Abstecher zu den Albershausen Crusaders sogar in der Zweiten Bundesliga im Einsatz, ehe er Ende 2018 zu seinem Heimatklub zurückkehrte. „Sie waren bereit, ins kalte Wasser zu springen“, sagt der Vorsitzende über das neue Trainerduo und zieht bereits ein erstes, rundum positives Zwischenfazit: „Es ist gut angelaufen.“

Von Vorteil ist, dass mittlerweile wieder ohne große Einschränkungen an allen Facetten des Footballsports getüftelt werden kann. Es gibt zwar noch ein Hygienekonzept, dass zum Beispiel die Materialdesinfektion oder das Verhalten vor und nach dem Training regelt, aber auf dem Platz ist der Normalbetrieb zurück. Das ist wichtig, denn nach dem personellen Umbruch im Kader gibt’s viel zu tun. Altgediente Spieler hörten auf, treten kürzer oder pausieren. Andere kehrten Backnang den Rücken, weil sie bei höherklassigen Klubs ihre Chance suchen wollen, weil es sie näher zum Wohnort zog oder weil sie mit Freunden im selben Verein spielen möchten. Übrig blieb eine unerfahrene Truppe, der in der Landesliga die Rolle eines Punktelieferanten gedroht hätte. „Wir hätten die Rookies verheizt“, denkt Westphal an die Neueinsteiger, ohne die wenigen Routiniers aus dem Blick zu verlieren: „Sie hätten doppelten, dreifachen Einsatz bringen müssen.“ Mit der zu befürchtenden Folge, dass weitere Spieler abspringen und die Personaldecke zunehmend dünner wird.

Das wollten die Macher der Wolverines unbedingt vermeiden, weshalb sie sich zu einem Neustart in der Kreisliga durchrangen. Einen Daueraufenthalt in der niedrigsten Spielklasse plant der 1985 gegründete Klub, der in den frühen Neunzigern sogar zwei Jahre in der Zweiten Bundesliga mitmischte und nach einer tiefen Krise um die Jahrtausendwende zwischen der Bezirks-, Landes-, Verbands- und Oberliga pendelte, allerdings nicht. „Wir wollen uns mittel- und langfristig wieder in der Landesliga etablieren und schauen, was möglich ist“, kündigt Westphal an. Für die anstehende Spielzeit wird aber überhaupt kein Druck ausgeübt, „die Rookies sollen wertvolle Erfahrungen sammeln. Der Aufstieg ist nicht unser dezidiertes Ziel.“ Wehren würde sich allerdings auch keiner dagegen, wenn es zumindest schnell wieder in die Bezirksliga hinaufgehen würde.

Der Vorsitzende, Stellvertreter Wolfram Lederer, Schriftführer Martin Häuser und Kassenwart Arne Kuhsen richten den Fokus aber nicht allein auf die Aktiven, sondern auch auf den Nachwuchs. „Wir forcieren die Jugendarbeit, so gut es derzeit eben geht“, sagt Westphal. Die Werbetrommel an Schulen zu rühren, scheitert noch immer an der Pandemie, im U-19-Training sind es mit einigen Einsteigern trotzdem bis zu 15 Jungs. Viele Neue machen auch beim Flag Football mit, bei dem ohne heftigen Körperkontakt das Einmaleins der Sportart erlernt wird. Mit dem Ziel, irgendwann das Männerteam zu verstärken und mit den Wolverines wieder den Weg in höhere sportliche Gefilde anzutreten.

In fünf Wochen geht es los

Die Saison in der Kreisliga beginnt für die Footballer der Backnang Wolverines am Samstag, 14. August (15 Uhr, Karl-Euerle-Stadion), mit einem Heimspiel gegen die Pforzheim Wilddogs II. Es folgen die Partien bei den Bondorf Bulls (Samstag, 28. August, 15 Uhr) und bei den Esslingen Raccoons (Sonntag, 12. September, 15 Uhr). Mit dem Heimspiel gegen die Bretten Black Panthers endet die Runde am Samstag, 18. September (15 Uhr), auch schon wieder. Es sei denn, die Wolverines belegen einen der ersten beiden Plätze in der Südstaffel.

In dem Fall geht es mit dem Hin- und Rückspiel im Halbfinale gegen einen Vertreter der Nordstaffel am 16. und 23. Oktober weiter. Das mögliche Finale steigt am 6. November, dessen Sieger steigt direkt auf. Der Verlierer muss in die Relegation.

Zum Artikel

Erstellt:
9. Juli 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen