Taina Griem: Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn

Die 23-jährige TSG-Turnerin hört nach zwölf Jahren in der Backnanger Regionalliga-Riege auf, weil sie nach Amrum zieht. Doch schon jetzt ist für sie klar, dass sie ins Murrtal und zu ihrem Heimatklub zurückkehrt.

Präsentierte zum letzten Mal ihr Können am Schwebebalken: Taina Griem. Foto: Mechthild Spreter

© Mechthild Spreter

Präsentierte zum letzten Mal ihr Können am Schwebebalken: Taina Griem. Foto: Mechthild Spreter

Von Uwe Flegel

„Jetzt wird es gleich ein wenig emotional“, kündigte die Hallensprecherin in Nürtingen an und machte klar, dass die gerade absolvierte Bodenübung nicht nur für die Turnerin selbst eine Zäsur in ihrem Leben ist. Auch die Regionalliga-Verantwortlichen hatten registriert, dass Taina Griem soeben ihre letzte Kür hinter sich gebracht hatte. 9,15 Punkte steuerte die Backnangerin zum starken Abschlussergebnis der TSG-Riege bei. Gefeiert von ihren Teamkolleginnen geht sie nun mit dem Wissen in den turnerischen Ruhestand, „dass der Wettkampf in Nürtingen für mich das perfekte Ende war, da ich am Schwebebalken und am Boden noch einmal zeigen konnte, was ich kann“.

Nicht gut geschlafen in der Nacht vor dem letzten Wettkampf

Zumindest vorläufig ist nun aber erst einmal Schluss mit dem, „was für mich ein Lebensmittelpunkt war“, erzählt die 23-Jährige und gesteht, „dass mich das bereits einige Zeit beschäftigt“. Nicht nur die letzte Regionalliga-Übung ihres Lebens, sondern auch das Abschlusstraining vor dem Wettkampf in Nürtingen sei sehr emotional gewesen, erzählt die Studentin und sagt: „Ich habe auch nicht gut geschlafen.“

Berufliche und private Gründe führen erst einmal hoch in den hohen Norden

Da stellt sich die Frage: Weshalb dann der Abschied? Mit 23 ist Taina Griem ja noch nicht zu alt fürs Turnen und gesundheitlich hat sie auch keine Probleme. „Ich ziehe mit meinem Freund Luis Ertel Ende März nach Amrum“, lautet die Antwort. Ihr Lebenspartner, der bis vor einem Jahr ebenfalls bei der TSG turnte und dort unter anderem zur Drittliga-Riege zählte, hat seine Prüfung zum Zimmermannsmeister hinter sich gebracht. Sie ist gerade dran, ihre Bachelorarbeit fertigzustellen. Nachdem sie die Ausbildung zur Sportlehrerin bereits hinter sich gebracht hat, ist die Backnangerin dann auch noch Sport- und Bewegungstherapeutin. Und in diesem Beruf tritt sie auf der nordfriesischen Urlaubsinsel ihre erste Arbeitsstelle an. „Der Vater meines Freundes lebt dort“, erzählt Griem und sagt: „Deshalb haben wir uns entschlossen, jetzt mal ein Jahr dorthin zu gehen.“

Der Weg zurück war schon einmal richtig schwer

Eine Entscheidung, die für die dreimalige deutsche Altersklassenmeisterin im Jahnkampf (ein Mehrkampf mit Gerätturnen. Leichtathletikdisziplinen und Schwimmen) auch bedeutet, das Leistungsturnen zu beenden. „Dort gibt es keine Möglichkeit“, erzählt die gebürtige Waiblingerin. Die Möglichkeit, nur einfach erst einmal eine längere Pause einzulegen, war für sie kein Thema, obwohl „wir schon irgendwann nach Backnang zurückkommen wollen und eventuell nur ein Jahr auf Amrum bleiben“. Aber selbst dann gibt es für sie als aktive Turnerin keinen Weg zurück an die Geräte. „Ich hatte mich vergangenes Jahr verletzt und es war schwer genug, es danach noch einmal zu schaffen“, erklärt Taina Griem.

Die TSG-Turner sind wie eine zweite Familie

Wobei das nicht bedeutet, dass sie deshalb der TSG Backnang für immer verloren geht: „Wenn wir zurück sind, werde ich im Verein sicher wieder was machen. Bei der TSG habe ich eine Familie, hier habe ich meine Freunde und stets einen Ort, an dem ich daheim bin.“ Das auch, weil sie in der Turnabteilung nicht nur zwölf Jahre lang ein Mitglied der Regionalliga-Riege und bei 36 von insgesamt 40 Wettkämpfen in dieser Zeit am Start war, sondern weil sie sich seit acht Jahren zudem als Trainerin engagiert. „Einige, die ich in meiner Anfangszeit als junge Mädchen betreut habe, turnen mittlerweile mit mir in der Regionalliga“, erzählt Griem. Dabei ist sie mit 23 Jahren selbst noch recht jung. Die Trainertätigkeit macht ihr trotzdem viel Spaß. Deshalb steht für sie bereits fest, dass sie sich in dem Bereich in Backnang wieder engagieren will, wenn Amrum dann wieder Geschichte ist.

Um den einen Traum zu leben, findet der andere ein Ende

Zunächst geht es in gut vier Monaten aber erst einmal hoch in den hohen Norden. Um sich diesen Traum mit ihrem Freund zu erfüllen, beendet sie einen anderen. Einen, den Taina Griem mehr als ihr halbes Leben verwirklicht und umgesetzt hat. Kein Wunder, dass der Abschied entsprechend emotional war. Schließlich hat sich eine Turnerin verabschiedet, die mehr als ein Jahrzehnt fester Bestandteil der Regionalliga war. Bleibt noch die Frage, was für sie das wichtigste Erlebnis oder der vielleicht größte Erfolg war. Immerhin hat es die Backnangerin als Turnerin seit 2008 zu neun Einzel- und acht Mannschaftstiteln bei Gaumeisterschaften gebracht, hat vier Einzel- und einen Mannschaftsmeisterschaft bei Landesfinalen gefeiert. „Diese Turnkarriere ist ein großes Geschenk“, lautet Teil eins der Antwort und dann folgt der Satz: „Das Beste aber war meine Mannschaft und dass ich bei der TSG meine zweite Familie hatte.“

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Erstellt:
21. November 2023, 06:00 Uhr

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