Teamgeist als Hauptzutat für das Erfolgsrezept der TSG Backnang
In der Vorsaison beinahe abgestiegen, geht der Fußball-Oberligist in dieser Runde als Siebter ins letzte Duell der Hinserie. Vor der Partie am morgigen Samstag um 14.30 Uhr beim SV Oberachern haben die Roten bereits 26 Punkte – eine starke Bilanz, für die es mehrere Gründe gibt.
Von Steffen Grün
Das war so nicht zu erwarten: Wer im Sommer behauptet hätte, dass die TSG vor dem letzten Vorrundenspiel näher an den Topteams als an der Abstiegszone dran ist, wäre wohl als kühner Optimist abgetan worden. Nun ist es so, wie sechs Punkte Rückstand auf den Tabellenzweiten aus Großaspach im Vergleich zu zehn Zählern Polster auf den Viertletzten aus Reutlingen beweisen. „Das ist absolut bemerkenswert“, sagt Backnangs Trainer Mario Klotz zu der bisherigen Bilanz von 26 Punkten aus 16 Partien, nachdem es zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison neun Zähler weniger waren. Er findet die Ausbeute zugleich allerdings „völlig verdient, weil wir uns das hart erarbeitet haben“. Das Erfolgsrezept hat der 39-Jährige vor allem aus den folgenden vier Zutaten entwickelt:
Die mannschaftliche Geschlossenheit Weil nach der Last-Minute-Rettung im Mai mit Sebastian Gleißner, Mert Tasdelen, Jannik Dannhäußer und Marco Rienhardt wieder mehrere Leistungsträger gingen, konnte einem um die TSG schon angst und bange werden. „Wir waren in der Lage, die Abgänge zu ersetzen, weil alle ihre Aufgabe erfüllen und bereit sind, den Kollegen zu helfen“, freut sich Klotz. Niemand ist sich zu schade für zusätzliche Meter oder Zweikämpfe, um einen Fehler auszubügeln. „Wir profitieren von unserem Teamgeist“, betont der Trainer: „Damit entscheiden wir auch Spiele, die auf der Kippe stehen, oftmals für uns.“
Die gute Stimmung trug zudem dazu bei, dass Ausfälle meist gut kompensiert werden konnten. Spieler, die von der Bank kamen, „wollten ihre Chance nutzen und sind in die Bresche gesprungen“. Lange Anlaufzeit benötigten sie laut Klotz auch deshalb nicht, weil die Trainingsqualität hoch sei: „Keiner schaltet ab oder lässt sich hängen.“ Auch Marcel Knauß verhalte sich vorbildlich, obwohl der bisherige Stammtorwart nach dem Wechselspiel zu Saisonbeginn seit September die Nummer zwei hinter Enrico Caruso ist. „Sie pushen sich gegenseitig“, lobt der Trainer die zwei Keeper für ihren Umgang.
Ein hohes Gut ist die defensive Stabilität, die sich in erst 24 Gegentreffern ausdrückt, dem fünftbesten Wert aller 18 Oberligisten. Das kompakte und disziplinierte Spiel gegen den Ball „macht es den Gegnern schwer, zu Torchancen zu kommen“. Ist die Kugel erobert, geht mit schnellem Umschaltspiel oft die Post ab, doch es gibt ein Manko: „Wir müssen im letzten Drittel teilweise noch etwas konzentrierter spielen, um effektiver zu werden.“ Die mangelnde Durchschlagskraft offenbart sich in erst 23 erzielten Toren.
Der Mix aus Talent und Routine Nach den Führungsspielern gefragt, fallen Mario Klotz vor allem zwei Namen ein: zum einen der des 30-jährigen Abwehrchefs Patrick Tichy, zum anderen der des 27-jährigen Kapitäns Julian Geldner. Letzteren nennt er „unser Zugpferd. Er geht immer voran und trägt nicht umsonst die Binde.“ Nun hat das Urgestein im zentralen Mittelfeld auch noch seine Torjägerqualitäten entdeckt. Mit fünf Treffern führt er die interne Liste an. Zu den Routiniers gehören auch der Innenverteidiger Thomas Doser (34) und Loris Hoffmann (28), der meist als einziger Sechser agiert.
Als Doser zuletzt fehlte, ersetzte ihn Robin Schwemmle, der zur Riege der talentierten Jungspunde zählt. „Er hat seine Sache richtig gut gemacht“, attestiert der TSG-Trainer dem 21-Jährigen. Das gilt seit längerer Zeit auch für Vincent Sadler, der zuletzt im Mittelfeld und davor auch schon als Rechtsverteidiger gefordert war. „Er hat einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gemacht“, sagt Klotz über den 22-Jährigen, um nahtlos mit Flavio Santoro (21) weiterzumachen: „Er reibt sich mit seinem großen Engagement in jedem Spiel auf und hat viele Tore vorbereitet.“ Der neue Linksverteidiger Talha Özen (21) schaffte es, die Lücke nach dem Abgang von Jannik Dannhäußer zu füllen. Im Angriff ist seit dem 1:0-Erfolg in Reutlingen und seinem goldenen Tor vor vier Wochen derzeit Rafael Terpsiadis gesetzt. „Er hatte die Rolle als Joker angenommen und hat die Chance genutzt, als er in die Startformation gerückt ist“, lobt Klotz den gerade einmal 19-Jährigen, dem er eine mannschaftsdienliche Spielweise und mit drei Toren in den vergangenen vier Oberliga-Spielen „eine Topquote“ bescheinigt.
Die Reaktion auf Rückschläge Der Ligaverbleib nach der Zitterpartie in der Vorsaison habe das Team stark zusammengeschweißt, erläutert Backnangs Coach: „Wir haben gelernt, damit umzugehen, wenn es mal nicht so läuft.“ Das half in dieser Runde dabei, nicht in einen längeren Abwärtsstrudel zu geraten. Zweimal gab es zwei Niederlagen nacheinander, nie eine dritte. Nach dem 1:2 in Mannheim sowie dem etwas unglücklichen 0:3 gegen Denzlingen war die Partie in Bissingen „ein Schlüsselspiel und das 4:1 die richtige Reaktion“. So ähnlich war es auch, als die TSG nach dem 0:3 gegen Essingen und dem gebrauchten Tag beim 0:4 in Villingen in Reutlingen gewann.
Die Auswärtsstärke Acht Spiele, sechs Siege, zwei Niederlagen und damit 18 von 26 Punkten auf fremden Plätzen geholt – gegen diese beeindruckende Bilanz hat der Trainer logischerweise nichts einzuwenden. Die eher magere Ausbeute im eigenen Stadion relativiere sich aber ein wenig, wenn man die Gegner betrachte. Fünf Vereine der Top Sechs waren schon in den Etzwiesen. In diesen Duellen holte Backnang immerhin fünf Punkte. Dazu kam das 2:0 gegen Ravensburg, zuletzt gab es den 4:3-Sieg gegen Hollenbach. Zudem hätten auch die WFV-Pokal-Partien gegen Freiberg (2:1) und die Stuttgarter Kickers (1:2 nach Verlängerung) bewiesen, dass von einer grundsätzlichen Heimschwäche nicht die Rede sein kann.
„Für uns zählt nur der Klassenverbleib“, sagt Mario Klotz trotz der bislang starken Saison. Das vorrangige Ziel seien „40 Punkte plus x. Umso früher, desto besser.“ Morgen in Oberachern bietet sich die Möglichkeit, die Vorrunde mit einem Sieg und dann 29 Zählern abzuschließen, doch der Trainer warnt vor dem Spiel beim Elften vor einem „eingespielten Team mit guter Physis und guten Einzelspielern, vor allem in der Offensive“. Auch von der Statistik, fünf der vergangenen sechs Partien gegen diesen Gegner gewonnen zu haben, könne man sich nichts kaufen. David Müller ist nach Rot in Mutschelbach zum letzten Mal gesperrt, dagegen ist Tim Pöhler wieder eine Option.