Beachvolleyball in Paris
Triumph am Turm? Nils Ehlers und Clemens Wickler greifen nach Gold
Erstmals seit 2012 steht wieder ein deutsches Beachvolleyball-Duo im Finale um Olympia-Gold. Damit haben Nils Ehlers und Clemens Wickler ein Ziel bereits erreicht, von dem sie sich vor einigen Wochen bewusst verabschiedet hatten.
Von Dirk Preiß
Das Turnier im Beachvolleyball ist bei Olympischen Spielen ja nicht unbedingt schnell vergängliche Angelegenheit. Und so gab es durchaus die Möglichkeit, Nils Ehlers und Clemens Wickler das eine oder andere Mal im Schatten der Tribüne des Centre Courts am Eiffelturm zu begegnen. Und um zu erkennen: Da werden zwei große Männer, der eine 1,91 Meter groß, der andere gar 2,11 Meter, von Spiel zu Spiel besser, sicherer, selbstbewusster – und glücklicher. Als sie zum bislang letzten Mal dort vorbeikamen, sagte Clemens Wickler, der kleinere der beiden: „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, ein Lebenstraum der in Erfüllung geht.“
Man steht dort, in der Begegnungsstätte von Sportlern und Journalisten, recht idyllisch im Schatten einiger Bäume – doch der Weg, den das Beachvolleyballduo in Paris bislang gegangen ist, führt sie nun direkt in das gleißende Scheinwerferlicht der größtmöglichen Bühne. Ins olympische Finale. Als Protagonisten in einer mehr als nur speziellen Kulisse. Die eigentlich ein gutes Omen darstellen sollte für das deutsche Duo.
Denn wann immer deutsche Beachvolleyball-Teams in den vergangenen Jahren bei Olympia erfolgreich waren, geschah das an durchaus speziellen Orten. Im Jahr 2000 holten Jörg Ahmann und Axel Hager die erste deutsche Medaille in dieser Sportart – Bronze in Sydney, am Bondi Beach.
2012 stand das Beachvolleyball-Stadion am Horse Guard mitten in Londoner Bezirk Westminster – Julius Brink und Jonas Reckermann holten Gold. Und die Copacabana in Rio de Janeiro gilt für Beachvolleyballerinnen und -volleyballer ohnehin als Mekka. Hier gewannen 2016 Laura Ludwig und Kira Walkenhorst die Goldmedaille. Und nun? Wird direkt vor dem Tour Eiffel im Herzen von Paris gespielt – wo Nils Ehlers und Clemens Wickler am späten Samstagabend zu den neuen Königen des olympischen Sandkastens werden können.
Das Ziel musste heruntergeschraubt werden
„Wie geil“, jubelte Nils Ehlers am Donnerstag, als der Sieg gegen die norwegischen Olympiasieger von 2021 vollbracht und das Finalticket gebucht war, „ich bin so unfassbar stolz auf uns.“ Denn: Gegen Anders Mol und Christian Sörum hatte das deutsche Duo bislang noch nie gewonnen. Der Zeitpunkt für diesen ersten Sieg hätte kaum besser gewählt sein können. „Wir werden auf dem Podium stehen“, sagte Ehlers, „egal ob Gold oder Silber, es ist unfassbar.“ Dabei hatten sie sich vor einigen Wochen schon vom Ziel, eine Olympiamedaille gewinnen zu wollen, verabschiedet.
Zwar waren die beiden Ende 2021 neu zusammen gekommen und hatten sich genau das vorgenommen, „auch, wenn einige geschmunzelt haben“, wie Ehlers nun erklärte. Beide hatten zwar schon viel Erfahrung gesammelt auf Topniveau im Sand, mit jeweils unterschiedlichen Partnern hatte es zum ganz großen Wurf aber noch nicht gereicht. Gemeinsam mit ihrem Trainer Thomas Kaczmarek sollte es nun im reifen Sportleralter von 29 (Wickler) und 30 Jahren (Ehlers) doch noch klappen mit dem Sprung nach ganz oben. Und eben mit der Medaille in Paris.
„Das war ein sehr hochgestecktes Ziel“, sagte Nils Ehlers, „aber auch eine riesige Motivation, jeden Tag ins Training zu gehen. An jedem schweren Tag aufzustehen, auch nach bitteren Niederlagen.“ Doch der Mann, den man in der Szene auch „The Giant“ (den Riesen) nennt, erklärte auch: „Vier Wochen vor den Spielen mussten wir uns von diesem Ziel entfernen.“
Nicht, weil sich einer der beiden verletzte und pausieren musste. Sondern: „Weil es zu viel Druck und Nervosität ausgelöst hat.“ Ehlers erklärte weiter: „Wenn man bei Olympia in die Gruppenphase geht und schon an die Medaille denkt, ist der Fokus der Falsche.“ Also gab es eine neue Losung: Einfach jedes Spiel „feiern“. Was bisher so gut klappt, wie es sich die beiden kaum hätten ausmalen können.
Niveau so hoch wie noch nie
Nur Siege in der Vorrunde, drei Topteams in der K.-o.-Runde aus dem Weg geräumt – „wir spielen hier in Paris auf einem so hohen Niveau wie nie zuvor“, freute sich Nils Ehlers. Das allerdings wollen und müssen sie nun noch einmal abrufen. „Der Job ist noch nicht erledigt“, sagte Clemens Wickler – aber er ist eben auch nicht besonders leicht.
Im Finale geht es gegen die Weltranglistenersten aus Schweden. David Ahman und Jonathan Hellvig, die einen unorthodoxen Stil pflegen – oft gehen sie schon mit dem zweiten Kontakt auf den Punktgewinn – reisten als Topfavoriten nach Paris. Allerdings zeigten sie in der Vorrunde Schwächen, erreichten nach zwei Niederlagen und nur einem Sieg gerade so die nächste Runde. Im Finale stehen die Schweden nun dennoch. Und: Die Zahl der Siege von Ehlers und Wickler über sie hält sich in engen Grenzen.
Trotzdem lebt der Traum von Gold. Um ihn umsetzen zu können, setzt das deutsche Duo auch auf mentale Unterstützung. „Wir haben unsere Sportpsychologin dabei“, erzählte Nils Ehlers, „sie hilft uns dabei, ruhig zu bleiben, weil das auch Drucksituationen sind, die wir so noch nie erlebt haben.“
Die unglaubliche Kulisse des Stadions vor dem Eiffelturm dagegen ist mittlerweile nicht mehr neu. Und wie gemacht für einen weiteren deutschen Beachvolleyball-Coup.