TSG Backnang Tennis: Eigengewächse schlagen nun anderswo auf

Die Abkehr vom Leistungssport bedeutet für die TSG Backnang Tennis eine Zäsur. Den Weg, statt auf gehobener Verbandsebene auf niedrigem Bezirksniveau um Punkte zu kämpfen, gehen auch selbst ausgebildete Spieler wie Maximilian Hepp nicht mit. Sie haben deshalb neue Vereine.

Für Maximilian Hepp war die Tennisanlage der TSG Backnang rund ein Vierteljahrhundert so etwas wie die zweite Heimat. Foto: Alexander Becher

© Sportfotografie Alexander Becher

Für Maximilian Hepp war die Tennisanlage der TSG Backnang rund ein Vierteljahrhundert so etwas wie die zweite Heimat. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Eigentlich ist Maximilian Hepp eine treue Seele. Er hat bei der TSG Backnang mit drei Jahren erstmals zum Tennisschläger gegriffen und seitdem alle Teams durchlaufen – bei den Knaben, den Junioren, den Aktiven. Als er doch einmal für den benachbarten Verein in Auenwald aufschlug, tat er das fast gezwungenermaßen, weil er sein Talent frühzeitig in Duellen mit den Erwachsenen beweisen wollte, für Einsätze in der ersten oder zweiten Männermannschaft der TSG aber noch nicht infrage kam. „Dafür war ich damals noch zu jung und sie haben zu hoch gespielt“, erinnert sich Hepp, der den Backnangern jedoch auch in dieser Phase nicht völlig untreu wurde, sondern parallel weiter in deren Nachwuchsteams mitmischte. Und mit ihnen Erfolge wie den württembergischen Titelgewinn bei den Knaben oder die Vizemeisterschaft bei den Junioren feierte.

Ein stolzer Moment war es für ihn, als er mit 18 Jahren in die Erste aufrückte und im Team von Trainer Hans-Ulrich Kirmse fortan einen sicheren Platz hatte. „Wir sind in der zweiten Saison von der Oberliga in die Württembergliga aufgestiegen und haben uns dort dann bis zum Ende der vergangenen Runde gehalten“, berichtet Maximilian Hepp. Damit ist der mittlerweile 28-Jährige, der sich ab Februar 2020 auch abseits des Platzes als Sportwart engagiert hatte, aber zugleich an jenem Punkt angelangt, der für ihn und einige andere Eigengewächse sowie für den Verein an sich eine Zäsur bedeutet. Die mit finanziellen Aspekten begründete Entscheidung des Vorstands, bis auf Weiteres keinen Leistungssport mehr im Portfolio haben zu wollen, hatte weitreichende Folgen. Es kam zur Trennung vom jahrzehntelangen Chefcoach Hans-Ulrich Kirmse, zum Rückzug der Teams von der Verbandsebene und dadurch letztlich zum Abgang sämtlicher Spielerinnen und Spieler, denen niedriges Bezirksniveau einfach zu wenig ist.

Das Trommeln für den Leistungssport wird zum Kampf gegen Windmühlen

„Ich habe als Sportwart versucht, für den Leistungssport zu werben, denn das hat die TSG von den umliegenden Vereinen abgehoben“, erläutert Hepp seine Sicht der Dinge, die sich Zug um Zug entwickelt hat: „Ich bin mit Leistungssport aufgewachsen, das hat mich auch fürs Berufsleben geprägt.“ Mit Florian Jakob – seinem Mitspieler in der Ersten, der kein Eigengewächs ist, sich aber trotzdem als Jugendwart engagierte – hatte er im Juni 2022 erstmals die Backnang Open und damit ein Turnier auf DTB-Niveau für Frauen und Männer auf die Beine gestellt. „Die Resonanz war überragend“, findet das Duo. Ein zweites Mal gab es 2023 trotzdem nicht, weil auch diese Veranstaltung nicht zum neuen Kurs des Vereins und zu dessen Fokussierung auf den Breitensport passt.

Maximilian Hepp empfand es zunehmend als Kampf gegen Windmühlen, sich für das leistungsorientierte Tennis bei der TSG einzusetzen. Das Budget, das ihm als Sportwart fürs erste Männerteam in der Oberliga angeboten worden sei, zählt er zu „unrealistischen Rahmenbedingungen“ für eine konkurrenzfähige Mannschaft. Dies und der wachsende Ärger über die laut Hepp immer stärker eingeschränkten Trainingszeiten in der Halle an der Weissacher Straße sowie das Aus für Hans-Ulrich Kirmse führten irgendwann zu der Erkenntnis, „dass es nicht mehr gewünscht ist“. Die doppelte Konsequenz: der Rücktritt als Sportwart und der Wechsel als Spieler zum TC Winnenden.

„Für mich war immer klar, dass ich bei der TSG bleibe“, sagt Maximilian Hepp und klingt dabei mindestens nachdenklich, eher sogar traurig: „Ich hatte öfter Angebote von anderen Vereinen, aber das war eine Herzensangelegenheit.“ Nicht zuletzt deshalb, weil das Team mit den beinahe gleichaltrigen Eigengewächsen, zu denen neben ihm selbst auch noch Gil Uwe Grund und Kay Bartmann zählten, ein verschworener Haufen war und enge Freundschaften entstanden sind. Auch die aus der Region hinzugeholten Spieler wie Florian Jakob, Elmar König und Nils Hoffacker wurden in Backnang praktisch heimisch. Nur die für die Konkurrenzfähigkeit absolut unverzichtbaren Spieler aus dem Ausland – anfangs einer, später zwei – wurden des Öfteren ausgetauscht.

„Ich habe noch Lust, auf hohem Niveau zu spielen“, erläutert Maximilian Hepp, warum ein Verbleib in Backnang keine Option war. Das erste TSG-Männerteam kämpft in der Bezirksklasse 2 um Punkte und damit sechs Etagen tiefer als er selbst beim TC Winnenden in der Württembergliga. „Ich bin hier superhappy und fühle mich megawohl“, sagt der 28-Jährige, obwohl vor den beiden letzten Begegnungen an diesem Wochenende der Abstieg droht und ihn selbst nach zwei Einsätzen ein Bänderriss im rechten Sprunggelenk ausgebremst hat.

Auf Gil Uwe Grund wartet am morgigen Sonntag dagegen mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Meisterfeier. Mit dem TC Bad Friedrichshall führt er, der bislang alle fünf Einzel für sich entschieden hat, die Tabelle der Bezirksoberliga an. Gegen den Verfolger aus Lauffen wäre sogar eine 2:7-Niederlage erlaubt, ohne den Aufstieg in die Verbandsliga zu gefährden. Der 29-Jährige wechselte über einen Kumpel zu dem Verein aus dem Unterland, nachdem ihn die Entwicklung in Backnang „sehr überrascht und auch schockiert hatte. Das Team war immer wie eine zweite Familie und ich bin abends immer gerne zum Training gekommen.“

Ebenso wie bei den Männern gab es auch im Frauenteam der TSG, das in der vergangenen Saison immerhin in der Verbandsliga spielte und Dritter wurde, einige Eigengewächse. Das Paradebeispiel ist Carina Ziegele. „Ich habe mit etwa sieben Jahren angefangen und immer bei der TSG gespielt“, sagt die 23-Jährige, die in Backnang unweit der Anlage wohnt. Die sich manifestierende Tendenz der Vereinsleitung, den Leistungssport nach hinten zu schieben, brachte aber auch sie dazu, sich plötzlich doch mit einem Wechsel anzufreunden. Ihre Wahl fiel auf den Verbandsligisten TEV Fellbach, „weil einige Freundinnen dort spielen. Das hat es etwas einfacher gemacht.“ Elisaveta Bär schloss sich dem TC Waiblingen in der Bezirksoberliga an, auch Marie Hoppe kehrte der TSG nach langer Zeit den Rücken.

Ob es einen Weg zurück zum Heimatverein gibt? „Sag niemals nie“, entgegnet Maximilian Hepp: „Es kommt darauf an, wie die Rahmenbedingungen sind und wie sich alles entwickelt.“ Das kann Carina Ziegele so unterschreiben, aber klar ist auch: Sollte die TSG im Leistungssport wieder angreifen wollen, liegt ein steiniger Weg vor dem Verein. Viele Aufstiege sind nötig, um das bislang gewohnte Niveau wieder zu erreichen.

Die Sommersaison 2023 für die Teams der TSG Backnang

Männer Das einzige Team abseits der Hobbystaffel ist nun in der Bezirksklasse 2 beheimatet, hat bislang alle drei Begegnungen verloren und beendet die Runde morgen (9.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen Rommelshausen. Mit dem Pokal geht es im August weiter.

Frauen Ein Sieg, drei Niederlagen – das ist die Bilanz der verbliebenen Mannschaft in der Kreisklasse 1. Morgen um 9.30 Uhr wird zum Abschluss noch Geradstetten erwartet, ehe im August auch der Pokal folgt.

Jugend Fünf Teams sind auf Bezirksebene, bei der VR-Talentiade und im Pokalwettbewerb im Einsatz. Drei Meistertitel sind eine durchaus respektable Bilanz.

Senioren Zwei Teams bilden in der Regionalliga Südwest so etwas wie den Rest des Leistungssportbereichs. Die Männer 60 wurden Zweiter, die Männer 75 sogar Erster. Dagegen zogen die Männer 70 ihr Team nach drei Spielen zurück. Hinzu kommen weitere Mannschaften auf Bezirks- und Verbandsebene, in der Doppelrunde und im Pokalwettbewerb.

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Erstellt:
22. Juli 2023, 11:30 Uhr

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