Einzelkritik Deutschland gegen Italien
VfB-Profis überzeugen bei verrücktem Remis gegen Italien
Im Nations-League-Viertelfinale hat Deutschland einen 3:0-Vorsprung gegen Italien verspielt. Am Ende reicht es aber fürs Weiterkommen. Wir haben alle mindestens 15 Minuten eingesetzten DFB-Spieler mit einer detaillierten Einzelkritik bewertet.

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Joshua Kimmich freut sich mit VfB-Profi Maxi Mittelstädt über die 1:0-Führung.
Von Marco Seliger/SID
Erst Ultra-Dominanz, dann Mega-Zittern - dennoch steht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nach einem verrückten Klassiker erstmals im Final Four der Nations League. Das phasenweise berauschende, am Ende aber bedenklich wacklige 3:3 (3:0) im Viertelfinal-Rückspiel der Nations League in Dortmund gegen Italien bedeutet das nächste Mini-Sommermärchen. Dort wartet im Halbfinale am 4. Juni in München Portugal oder Dänemark, vier Tage später steigt das Endspiel ebenfalls in der Allianz Arena.
Mittelstädt springt der Ball an den Arm
Der überragende Kapitän Joshua Kimmich (30., Foulelfmeter), Jamal Musiala (36.) in einer grotesken Tiefschlaf-Phase der Gäste-Abwehr und Tim Kleindienst (45.) vertrieben mit ihren Toren das Italien-Trauma - an gleicher Stelle hatte im WM-Halbfinale 2006 das Sommermärchen (0:2 n.V.) geendet. Die bösen Geister kehrten allerdings nach der höchsten Halbzeit-Führung gegen Italien noch einmal zurück. Moise Kean (49./69.) traf doppelt, ein Elfmeter für Italien wurde nach VAR-Check zurückgenommen (74.). Giacomo Raspadori glich nach Maxi Mittelstädts Handspiel per Elfmeter aus (90.+5).
Kimmich initiierte die Führung, nach Goretzkas Traumpass wurde Kleindienst von Alessandro Buongiorno gefoult. Donnarumma streckte sich bei Kimmichs platziertem Elfer vergeblich. Goretzka (32.) hatte die Chance auf das 2:0, es ging weiter nur in eine Richtung.Donnarumma parierte stark gegen Kleindienst (36.), verschlief aber wie die gesamte diskutierende Abwehr, dass Kimmich die folgende Ecke blitzschnell ausführte: Musiala schoss den Ball ins leere Tor. „Ich bin lange dabei, aber sowas habe ich noch nie gesehen“, sagte Matthäus.
Wir haben alle mindestens 15 Minuten eingesetzten Spieler des DFB-Teams mit einer detaillierten Einzelkritik bewertet. Diese lesen Sie in der Bilderstrecke.

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Oliver Baumann (Note 3): Nach seiner überragenden Leistung beim 2:1-Hinspielsieg in Mailand nun in Dortmund zunächst viel weniger gefordert und geprüft. Mit dem Ball am Fuß gewohnt sicher, erlebte Baumann gegen schwache Italiener erstmal einen ruhigen Abend. Bei den Gegentoren nach den satten Schüssen nach der Pause ohne Chance.

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Jonathan Tah (Note 3,5): In Mailand beim Hinspiel noch eher wackelig unterwegs – jetzt zunächst wieder sicherer, aber auch weniger gefordert. Der Innenverteidiger machte seine Sache ruhig und unaufgeregt, bis er gegen stärker werdende Italiener in Hälfte zwei ins Wanken geriet.

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Antonio Rüdiger (Note 2,5): Der deutsche Abwehrchef stand am Sonntagabend sicher und riss die Zuschauer mit seinem aggressiven Spiel mit. In der italienischen Drangphase in der zweiten Halbzeit gefestigter als sein Nebenmann Jonathan Tah. Beim Stand von 3:2 ausgewechselt.

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Nico Schlotterbeck (Note 2): Der BVB-Profi, der einst in der Jugend der Stuttgarter Kickers aktiv war, gab wie in der zweiten Halbzeit in Mailand den linken Part in der Dreierkette und machte seine Sache gut. In der Abwehr sicher, in der Offensive mit einigen starken Pässen und Flanken. Ein starker Auftritt des Dortmunder Abwehrmanns bei seinem Heimspiel am Sonntagabend.

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Joshua Kimmich (Note 2): Seit Wochen ist der Kapitän in starker Form – am Sonntagabend untermauerte Kimmich das in Dortmund mit der nächsten starken Vorstellung. Übernahm zudem beim Elfmetertor zum 1:0 Verantwortung. Und dann ging er in die Länderspielgeschichte ein – mit dem schnell ausgeführten Eckball in die Mitte auf Jamal Musiala, der gegen schlafende Italiener nur noch einschieben musste zum 2:0. Ein klasse Auftritt des Spielführers, auf allen Ebenen. Baute dann aber in der zweiten Hälfte wie einige Teamkollegen etwas ab.

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Leon Goretzka (Note 1,5): Stand nach der fast schon kitschigen Comeback-Geschichte von Mailand mit starker Leistung und Siegtor nun wieder in der deutschen Startelf. Goretzka spielte genauso stark und zupackend wie im Hinspiel. Er war der Aktivposten des deutschen Spiels, auch mit tiefen Läufen - so etwa in der Entstehung des Elfmeters zum 2:0, als der Münchner durchstartete und die Kugel später formidabel.

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Angelo Stiller (Note 2): Der Taktgeber des VfB Stuttgart war beim Hinspiel nur auf der Bank gesessen und rückte nun in Dortmund anstelle des in Mailand schwachen Pascal Groß in die Startelf. Stiller sah in der 23. Minute zu Unrecht die Gelbe Karte, nachdem er klar den Ball gespielt hatte. Der Mittelfeldmann rückte in Ballbesitz oft nach hinten, um den Aufbau mitzugestalten. Stiller war wie beim VfB um Ordnung und Struktur bemüht, was ihm meist gelang. Trieb den Ball vor dem Elfmeter, der zum 1:0 führte nach vorne und spielte in der Vorentscheidung einen kleinen, wichtigen Pass auf Goretzka, der dann durchstarten konnte. Ein in Summer reifer, wacher und abgeklärter Auftritt. Stiller hat in dieser Form gegenüber Groß die Nase vorn – musste aber nach einer guten Stunde raus. Für ihn kam: Groß.

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Maximilian Mittelstädt (Note 2,5): Der Linksverteidiger war neben Stiller der zweite VfB-Profi in der Startelf. Mittelstädt kam anstelle des in Mailand schwachen David Raum zum Zug. In Ballbesitz war ihm eine extrem offensive Rolle zugedacht, der Linksverteidiger war eher ein Linksaußen. Schoss schon nach ein paar Sekunden drüber. Auch in der Folge mit einigen Offensivaktionen und (brauchbaren) Flanken. Und wenn die Italiener den Ball hatten? Stand Mittelstädt meist sicher. In der Nachspielzeit am Ende unglücklich, als er nach einer Ecke die Hand auf der Schulter von Gegenspieler Bastoni liegen hatte und so den Ball spielte. Elfmeter, 3:3.

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Leroy Sané (Note 4): Nach eher schwachem Auftritt im Hinspiel etwas überraschend wieder in der Startelf. Der Offensivmann des FC Bayern rechtfertigte das Vertrauen des Bundestrainers zunächst zumindest teilweise. Mit einigen Offensivkationen, zudem nach hinten engagiert und präsent. Dann aber mit einem extrem schlampigen Zuspiel auf Kimmich kurz nach der Pause – Italien verkürzte in der Folge auf 1:3.

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Tim Kleindienst (Note 2): In Mailand stach der Gladbacher Stürmer als Joker und traf zum 1:1. Jetzt durfte Kleindienst von Beginn an ran und lieferte eine starke Leistung ab. Holte den Elfmeter zum 1:0 heraus, nachdem er steil gegangen war. Scheiterte mit einem Kopfball später an Keeper Donnarumma – und überwand ihn dann wenig später mit dem Kopf zum 3:0. Kleindienst gab eine Empfehlung für weitere Startelfeinsätze ab.

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Jamal Musiala (Note 2): Das Offensivjuwel des deutschen Fußballs lieferte am Sonntagabend in Dortmund eine überzeugende Partie ab. Torschütze zum 2:0, nach der schnell ausgeführten Kimmich-Ecke also hellwach. Was auch sonst immer so galt – Musiala zeigte einige starke Offensivaktionen.

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Pascal Groß (Note 3): Der Mittelfeldmann kam nach einer guten Stunde ins Spiel und fiel weiter nicht groß auf.

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Karim Adeyemi (Note 3): Heimspiel für den Dortmunder Flügelflitzer als Joker, der in der 63. Minute ins Spiel kam – und die Partie eher nicht mehr maßgeblich prägte.

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Nadiem Amiri (Note 3): Der Mainzer wurde ebenfalls nach einer knappen Stunde eingewechselt und konnte keine Akzente mehr setzen.

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Robert Andrich (Note 3): Der Leverkusener Mittelfeldmann kam beim Stand von 3:2 ins Spiel und sollte der deutschen Elf Stabilität verleihen, was meist gelang.

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Yann Aurel Bisseck (Note 3): Der Abwehrspieler kam nach 77 Minuten ins Spiel und feierte sein Debüt in der DFB-Elf. Bisseck hätte per Kopf fast noch das 4:2 erzielt.