Viel Profi-Erfahrung für den Neuling
TSG-Jugendtrainer Darius Pakamanis hat mit 39 Jahren noch Lust auf Basketball und mischt künftig auf dem Spielfeld richtig mit.
Von Uwe Flegel
Darius Pakamanis kann mittlerweile darüber schmunzeln, als er gesteht: „Das hat mich schon ein wenig gewundert.“ Die Einstellung seiner Schützlinge zum Basketball war es, die den 1,92 Meter großen Litauer erstaunte, als er im Sommer vergangenen Jahres das erste Mal als Jugendtrainer der TSG in der Sporthalle stand. Er, der fast 20 Jahre als Profi in seiner Heimat, in Spanien, in der Ukraine und in Deutschland erstklassig gespielt hatte, musste miterleben, wie seine Schützlinge zwar mit viel Spaß bei der Sache waren, in seinen Augen der ganz große Ehrgeiz aber beim einen oder anderen fehlte. Gut zwölf Monate später haben sich die Beteiligten aneinander gewöhnt. Nicht nur weil der Coach seine Ansprüche ein wenig heruntergeschraubt hat und die Jungs aus der Backnanger U 16 im Training und Spiel einen Gang zugelegt haben, sondern auch weil Pakamanis im Murrtal nicht mehr nur als Jugendtrainer überzeugt, sondern auch als Spieler. Schon Ende der vergangenen Saison half er bei Personalknappheit im Herrenteam aus. Nach dem Aufstieg in die Bezirksliga zählt der 39-Jährige fest zum Kader und beweist noch viel Klasse.
Wer verstehen will, wie Pakamanis in Sachen Basketball tickt, der muss wissen, welche Bedeutung diese Sportart in Litauen hat. Unter dem Korb ist der kleine EU-Staat mit nicht einmal drei Millionen Einwohnern eine Großmacht. Zwar sind die vielen Titel und Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- sowie Europameisterschaften zwischenzeitlich etwas angestaubt, doch in der Weltrangliste ist das Land an der Ostsee als Achter einen Platz vor dem großen Nachbarn Russland und zehn Plätze vor Deutschland notiert. König des Teamsports ist zwischen Vilnius und Klaipeda nicht der Fuß-, sondern der Basketball. Sporthelden heißen dort nicht Fritz Walter, Uwe Seeler oder Franz Beckenbauer und treten gegen die Kugel, sondern sind baumlange Kerle wie Arvydas Sabonis, Šarunas Marciulionis oder Šarunas Jasikevicius und haben allerfeinste Händchen.
„Ich liebe Basketball, ich lebe Basketball“, sagt Pakamanis und versucht, das seit etwas mehr als zwölf Monaten seinen Schützlingen weiterzugeben. Deshalb pendelt er mehrmals die Woche zwischen seinem Wohnort Esslingen, seinem Arbeitsort Kornwestheim und seiner neuen Sportheimat Backnang: „Morgens um 6 Uhr geht es an solchen Tagen los, gegen 22 Uhr bin ich dann wieder daheim bei meiner Freundin.“ Warum er das alles auf sich nimmt, ohne groß Geld damit zu verdienen? „Ich will einfach dem Backnanger Basketball helfen.“ Schritt für Schritt soll es vorangehen. Technisch, taktisch und in Sachen Einstellung: „Als ich begonnen habe, sagte ich den Jungs, dass es nicht nur Spaß ist. Sie müssen die Sache auch ernsthaft machen wollen.“ So wie er es aus seiner Heimat kennt. Dort, wo Mädels und Jungs von jung auf den Korb und nicht das Tor zum Ziel haben.
Hierzulande hat es der Basketball deutlich schwerer. Das liegt keineswegs daran, dass sich Pakamanis mangels Deutschkenntnissen nur auf Englisch verständigen kann. Denn wenn sprachlich nichts mehr geht, „dann mache ich es einfach vor“. Kein Problem für einen, der sich als Profi in Spanien mit den Weltklassespielern von Real Madrid und dem FC Barcelona duellierte.
Die große Frage ist da eher, wie so jemand in die Basketballprovinz Backnang gelangt. „Das lief über einen gemeinsamen Bekannten von Jörg Blaetter, dem Trainer der ersten Mannschaft, und von mir“, erzählt Darius Pakamanis vom Sommer 2019, als er nach dem Aufstieg mit Villingen-Schwenningen in Liga zwei seine Karriere als Spieler beendet hatte. „Ich hätte zwar dort noch weitermachen können, doch mit 37 ist auch mal gut“, sagt er. Das Murrtal hingegen passte und passt offenbar immer besser. Erst recht, seitdem Jörg Blaetter nach der Winterpause auf die Idee kam und den Routinier fragte, ob er dem Männerteam im Kampf um den Kreisliga-A-Titel nicht ab und zu aushelfen könne. Konnte er.
In der am 3. Oktober beginnenden Saison nun aber nicht mehr nur in Notsituationen, sondern als festes Kadermitglied. Coach Blaetter ist gottfroh über die Verstärkung durch den defensivstarken Allrounder, der dem TSG-Team zusätzliche Flexibilität bringt. Denn wer mit 1,92 Metern einst als Aufbauspieler und Combo-Guard erstklassig im Basketball unterwegs war, ist für einen Bezirksliga-Neuling eine echte Allzweckwaffe. Auch noch im Alter von 39 Jahren.
Darius Pakamanis wurde am 8. September 1981 in Mažeikiai geboren. Als 20-Jähriger debütierte er bei KK Šiaulia in der ersten Liga Litauens. Hinter den Topklubs Zalgiris Kaunas und BC Rytas Vilnius ist das Team aus dem Norden der wohl erfolgreichste Verein des Landes. Mit Šiaulia spielte Pakamanis zudem in der von Klubs aus Estland, Lettland sowie Litauen gebildeten Baltischen Basketball-Liga und dem FIBA Europe Cup. Bis zum Frühjahr 2016 war Pakamanis vor allem in Litauen in der ersten und zweiten Liga aktiv.
Unterbrochen war diese Zeit von fünf Engagements im Ausland. Höhepunkt war dabei die Saison 2007/2008 bei CB Valladolid in der spanischen ABC, der stärksten Liga Europas. Beim deutschen Erstligisten Eisbären Bremerhaven stand der Litauer von September bis Dezember 2008 unter Vertrag, danach ging es zum ukrainischen Erstligisten Odessa (2009) und gleich zweimal zu dem spanischen Zweitligisten Club Melilla Baloncesto (2010/2011 und 2012/2013).
Im Sommer 2016 wechselte Pakamanis mit 34 Jahren erneut nach Deutschland und spielte für die Wiha Panters Villingen-Schwenningen in der viertklassigen Regionalliga. Dort wurde er zweimal Meister und stieg im zweiten Jahr in die sogenannte Pro B auf. In der gelang in der Saison 2018/2019 der Durchmarsch in Liga zwei, die Pro A.