Kajak bei Olympia
Viertes Gold – Rendschmidt führt den deutschen Vierer zum Sieg
Zum dritten Mal in Folge hat der deutsche Kajak-Vierer Gold bei Olympischen Spielen geholt. Einer ragt aus der hoch dekorierten Besatzung noch hervor.
Von Dirk Preiß
Baden gegangen? Ist Max Rendschmidt selten in seiner Karriere. Der 30-Jährige ist schließlich als dreifacher Olympiasieger nach Paris gereist. Nun aber, als sein Rennen im deutschen Kajak-Vierer gerade zu Ende gegangen war, blickte Rendschmidt doch ein wenig bange in Richtung Anzeigetafel. Hat es wieder gereicht? Ist es das vierte Gold? Oder haben die Australier am Ende der 500 Meter doch noch zurückschlagen können?
Das Zielfoto bewies: Konnten sie nicht – und so ging Max Rendschmidt doch noch baden. Vor Freude. Im Glück. Voller Stolz.
Der Mann aus Bonn schlug erst mit der Hand ins Wasser, das wild aufspritzte, dann stand er auf im wackeligen Boot – eher er sich ins Nass am Stade Nautique etwas außerhalb von Paris fallen ließ. Als er zwischen seinen Teamkollegen Max Lemke, Jakob Schopf und Tom Liebscher-Lucz wieder im Boot saß, reckte er einen Arm nach oben – und streckte vier Finger. Für vier olympische Goldmedaillen. „Das“, sagte er später, „ist eine ganz besondere Medaille.“
2016 hatte Max Rendschmidt gleich zweimal triumphiert – jeweils über 1000 Meter im Zweier und Vierer. In Tokio legte der Kanute mit dem Sieg im Vierer über 500 Meter nach. Mit dem er nun wieder erfolgreich war. Die ersten Gratulantinnen? Waren kurz zuvor zur Medaille gepaddelt.
Der Frauen-Vierer holt die Silbermedaille
Der Vierer der Frauen mit Paulina Paszek, Jule Hake, Pauline Jagsch und Sarah Brüßler hatte Silber hinter Neuseeland gewonnen und dann gebannt das Rennen der männlichen Kollegen verfolgt. Im Sprint ging es dann zur Anlegestelle, um gemeinsam zu feiern. „Es spricht für die Arbeit im Verband, und dafür, dass da sehr viel richtig gemacht wurde, wenn die Großboote Gold und Silber holen“, sagte Tim Liebscher-Lucz.
Der Dresdner (31) machte wie Max Rendscheidt das historische deutsche Triple im Vierer perfekt, holte nach 2016 und 2021 seine dritte Goldmedaille. Die zweite nach 2021 war es für Max Lemke (27) – neu war die Medaillenzeremonie zwar auch für Jakob Schopf nicht, der 26-Jährige hatte vor drei Jahren Silber im Zweier gewonnen. Seine Premiere auf dem obersten olympischen Podest geriet zwischen den eher abgeklärt wirkenden Kollegen dann aber zu einer „höchst emotionalen“ Angelegenheit.
„Die goldene Medaille um den Hals gehängt zu bekommen ist der sportliche Traum“, sagte Schopf, der nach Tokio für Ronald Rauhe (Karriereende) neu in den Vierer gekommen war, „den habe ich mir nun erfüllt“. In Tokio vor drei Jahren habe er Gold noch „kurz vor der Ziellinie verloren“. Nun aber fuhr er mit dem deutschen Vierer mit vier Hundertstelsekunden Vorsprung auf dem Goldrang ins Ziel und vergoss danach Tränen der Freude: „Die zeigen, wie stolz man auf das sein kann, was wir geleistet haben.“
Feiern, nach Hause fahren, sich dort feiern lassen – das könnte für das hoch dekorierte Quartett nun folgen. Doch eine große Party nach der Goldfahrt am Donnerstag war weder vorgesehen noch möglich. „Ein kleines Bier an der Bar“ kündigte Tom Liebscher-Lucz zwar als Belohnung an. An diesem Freitag sind die Vier aber gleich wieder im Einsatz. Im Halbfinale und vielleicht im Finale im kleineren Boot – und logischerweise aufgeteilt.
Aus den Kollegen werden Konkurrenten
Schopf und Lemke fahren im ersten Semifinale, Rendschmidt und Liebscher-Lucz im zweiten. Dass aus dem Sieger-Quartett nun Konkurrenten werden, ist für alle vier kein wirkliches Problem. Eher wollen sie die Konkurrenz gleich noch einmal schlecht aussehen lassen. „Unser Hauptziel haben wir erreicht, der Zweier ist die Zugabe“, sagte Jakob Schopf zwar. Die Vorläufe hätten aber schon gezeigt, dass mit den beiden deutschen Boden zu rechnen ist. Zumal die Goldmedaille vom Donnerstag beflügeln könnte.
„Wir haben sie nun schon alle vier auf dem Nachttisch liegen“, sagte Tom Liebscher-Lucz, „die anderen nicht, die haben also mehr Druck als wir.“ So ähnlich wollen es auch die erfolgreichen Frauen angehen.
Aus dem Vierer, der am Donnerstag Silber gewonnen hat, kann sich lediglich Sarah Brüssler nun zurücklehnen. Alle anderen treten ebenfalls am Freitag im Zweier an – weshalb auf das Medaillenkonto der Kanuten sicher noch eingezahlt wird in den nächsten beiden Tagen im Stade Nautique.
Zum Beispiel durch Sebastian Brendel im Canadier-Einer. Der 36-Jährige könnte in Paris seine vierte Goldmedaille holen. Und mit Max Rendschmidt gleichziehen. Wenn der nicht schon vorher – nach dem Rennen im Kajak-Zweier – fünf Finger nach oben streckt.