Wer wird’s?
Der Deutsche Fußball-Bund macht sich auf die Suche nach einem Nachfolger von Reinhard Grindel – Der gehandelte Thomas Hitzlsperger winkt ab
DFB - Viele Namen werden als Nachfolger von Reinhard Grindel gehandelt. Das Anforderungsprofil an einen DFB-Präsidenten ist indes komplex. Vielleicht geht man auch ganz neue Wege.
Stuttgart Es sind hehre Wünsche, die nun geäußert werden. Am Dienstag ist Reinhard Grindel als Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) zurückgetreten, am 27. September soll sein Nachfolger gewählt werden – und natürlich geht es nun um eine zentrale Frage: „Wer macht’s?“
Peter Frymuth versucht dennoch, das Kandidatenkarussell abzubremsen. Der deutsche Fußball brauche jetzt viel, sagt der Vizepräsident für die Bereiche Spielbetrieb und Fußballentwicklung, „aber keine ermüdenden Diskussionen über Namen.“
Im Raum stehen sie jedoch.
Christoph Metzelder, der Ex-Nationalspieler, zum Beispiel. Oder Rudi Völler, der Sportdirektor von Bayer Leverkusen. Auch Thomas de Maizière, der frühere Innenminister. Oder Matthias Sammer, einst Sportdirektor des DFB. Sogar Dieter Zetsche, der am Jahresende scheidende Daimler-Chef. Und auch Thomas Hitzlsperger schlägt die „Bild“ vor. Den Mann also, der gerade erst das Amt des Sportvorstands beim VfB Stuttgart angetreten hat – und der nun abwinkt. Die Aufgabe beim VfB, sagt Hitzlsperger, fülle ihn „voll und ganz aus“. Aber immerhin: Es werden auch Namen ausgeschlossen. Genauer gesagt: ganze 17.
Derart viele Personen umfasst das Präsidium des DFB, in dem sich alleine zehn Vizepräsidenten und eine Vizepräsidentin tummeln. Einst kam stets aus diesem Kreis der Nachfolger eines DFB-Präsidenten, doch nun sagt Rainer Koch, einer von zwei Interimschefs: „Unser Ziel ist es jetzt, einen gemeinsamen Kandidaten von DFB und DFL außerhalb des Präsidiums zu finden.“ Die Suche nach einem geeigneten Kandidaten, der von allen Seiten anerkannt wird, ist eine Mammutaufgabe, denn das Amt stellt hohe Anforderungen.
Akzeptanz von Profis und Amateuren Dieser Spagat ist schon manchem schwergefallen. Ein DFB-Präsident muss das Ohr an der Basis haben sowie Sorgen und Nöte der Amateurvereine ernst nehmen – schließlich ist der Großteil der über sieben Millionen Mitglieder sportlich dort zu Hause. Und auch die Präsidenten der Landesverbände halten die Interessen dieser Sparte hoch. Man suche einen Kandidaten, sagt Koch deshalb, „der die Anliegen des Amateurfußballs ebenso im Blick hat wie den Spitzenfußball“.
Gesellschaftliche Kompetenz Theo Zwanziger, der frühere Chef des Verbands, nennt die Bedeutung des DFB für die Gesellschaft „unfassbar wichtig“. Wie politisch der Fußball werden kann, hat sich unter anderem im vergangenen Jahr gezeigt, als sich aus der Causa Özil/Gündogan/Erdogan eine gesellschaftspolitische Debatte entwickelte. Nicht nur in solchen Fällen sind von einem DFB-Präsidenten klare Worte und kluge Einschätzungen zu gesellschaftlichen und politischen Themen gefordert. Soziales Engagement und politische Kontakte sind daher alles andere als ein Ausschlusskriterium.
Fußballerische KompetenzDass nicht jeder Funktionärsposten im Fußball von einem ehemaligen Profikicker besetzt werden kann, ist klar – zu sehr ist Expertenwissen in unterschiedlichsten Bereichen im modernen Sportbusiness gefragt. Leichter wird die Amtsführung ohne eine vorzeigbare und jahrelange Verbindung zum gehobenen Fußball aber auch nicht. Die Vertreter der Nationalmannschaft oder der Deutschen Fußball-Liga verhandeln gerne auf Augenhöhe. Nicht verwechseln sollte man jene Kompetenz aber mit dem oft beschriebenen Stallgeruch.
Unabhängigkeit „Man sucht einen Menschen von außen, der neutral ist“, weiß Harald Stenger, lange Pressesprecher des DFB. Grabenkämpfe verschiedener Gruppen oder zwischen Profi- und Amateurlager kann der Verband nicht gebrauchen.
Führungsstärke Der Verband möchte sich erneuern, muss alte Zöpfe abschneiden, will eine modernere Struktur. Da nicht alle nötigen Maßnahmen vor der Wahl abgeschlossen sein werden, liegt es am neuen Chef, den angestoßenen Prozess umzusetzen – ohne Rücksicht auf Erbhöfe und alte Seilschaften. Dafür sind Durchsetzungs- und Entscheidungsstärke nötig. Im Idealfall hat der oder die Neue beides schon bewiesen.
So viel zu den notwendigen Fähigkeiten. Auf der anderen Seite steht die Struktur, in der das Oberhaupt des Verbands künftig arbeiten wird. „Wir müssen einen ganz anderen Weg gehen“, sagt Rainer Koch – der das Jobprofil noch vor der Wahl anpassen will: „Wir müssen darangehen, all diese Modernisierungsansätze, die wir seit Monaten diskutieren, umzusetzen.“ Struktur vor Person – so lautet die Marschroute.
Möglich wäre, dass der DFB künftig von einer hauptamtlichen Geschäftsleitung geführt wird, die von einem Aufsichtsrat kontrolliert würde. An der Spitze des Kontrollgremiums könnte der DFB-Präsident oder die -Präsidentin stehen. Dass der Posten künftig als Hauptamt ausgeschrieben wird, ergibt vor allem mit dem Wissen um die Wirren um Grindels Vergütung Sinn.
„Das geht bei dem Aufwand nur als Hauptamt mit entsprechender Bezahlung“, sagt Ex-Boss Theo Zwanziger, „alles andere ist Heuchelei und verführt zur Intransparenz.“ Davon hatte der DFB in den vergangenen Jahren genug.