Als Wolfgang Dauner auf dem Backnanger Straßenfest ein Klavier zertrümmerte
Als Wolfgang Dauner auf dem Backnanger Straßenfest ein Klavier zertrümmerte
Straßenfestgeschichte(n) National und international gefragte Musiker traten schon von Anfang an in Backnang auf. Supercharge, Pur, Anne Haigis, Klaus Lage und Bill Ramsey gehören neben Wolfgang Dauner zu den Straßenfest-Stars.
Von Ingrid Knack
Backnang. Das Backnanger Straßenfest lebt nicht nur vom Rummel, den vielen Ständen mit Ess- und Trinkbarem, dem Nachwuchsfestival, sondern auch ganz wesentlich von den Bands, die dort auf den verschiedenen Bühnen auftreten. Das Musikprogramm allerdings war insbesondere in den ersten Straßenfest-Jahrzehnten etwas ganz Besonderes. Kaum war der unverwechselbare Straßenfest-Flyer im Flower-Power-Design mit Anlehnungen an Pop Art und Jugendstil heraus, sprach sich schnell herum, welche Headliner Straßenfest-Erfinder Klaus Erlekamm diesmal wieder aus dem Hut gezaubert hatte. Viele Backnanger Straßenfest-Besucher machten sich anhand der Programmflyer schon im Vorfeld einen richtigen Plan, um ja kein Konzert der Headliner zu verpassen.
Eigentlich war es eher unwahrscheinlich, dass Hochkaräter in der Musikbranche wie Supercharge aus Liverpool um den Saxofonisten und Sänger Albie Donnelly den Weg ins kleine Backnang finden würden. Doch Erlekamm, der 25 Jahre lang das Fest organisierte und auch das Musikprogramm zusammenstellte, bevor er diese Aufgaben Jürgen M. Häfner übergab, gelang es tatsächlich, Europas führende und prägende Band in Sachen Rhythm’n’Blues, Swing und Good-Time-Rock’n’Roll gleich dreimal zu verpflichten: 1984, 1991 und 1995.
Der Backnanger Hauptamtsleiter und spätere Kulturamtsleiter Klaus Erlekamm hatte nicht zuletzt durch Berater wie den Jazzer und Klarinettisten Hans Kumpf aus Schwäbisch Hall und den Schwabenrocker Wolle Kriwanek gute Kontakte in die Musikbranche. Kriwanek war nach den Worten Erlekamms „in der Bietigheimer Szene sehr verankert“, durch ihn kamen beispielsweise die Kontakte zu Opus und zu der Nachfolgeband Pur zustande. Opus waren 1984 in Backnang, Pur 1988. „Ständig waren wir auf der Suche nach guten, bezahlbaren Bands gewesen“, sagt Erlekamm.
Schnell sprach sich bei den Agenturen herum, dass es sich in Sachen Promotion richtig lohnt, wenn ihre Musiker beim Straßenfest spielen: Tausende von Festgängern konnten zu Fans der Künstler werden, sofern sie es nicht schon waren. So kam es, dass Erlekamm auch Post von Agenturen erhielt, die international angesagte Künstler vertraten. Wenn diese Ende Juni in der Nähe von Backnang ein Engagement hatten, bemühten sich die Agenturen darum, einen Zusatzgig beim Straßenfest in den Tourplan aufzunehmen. Erlekamm erinnert sich: „Die Agenturen haben mir immer die Bude eingerannt. Das Programm konnten wir relativ spät fertig machen, das war mein Glück. Denn manchmal habe ich dann Schnäppchenpreise für ganz berühmte Leute bekommen. Wir hätten das sonst gar nicht bezahlen können. Wenn die Künstler gerade getourt sind wie zum Beispiel die Engländer, und das hat dann reingepasst, konnte man sie auf die Schnelle noch reinnehmen.“ Überdies gab es eine Kooperation mit dem SDR. „Dieser hat uns Bands nach Backnang gebracht, die wir alleine nicht hätten bezahlen können. Die Konzerte wurden zum Teil im Rundfunk übertragen.“
Das Backnanger Straßenfest wurde also zu einem Event für echte musikalische Hochkaräter. Auf der anderen Seite hatte Erlekamm auch ein gutes Händchen für Musiker, die sich erst später einen Namen gemacht haben. Als etwa Klaus Lage 1981 in Backnang auftrat, stand er erst am Anfang seiner Karriere. Der Song „1000 und 1 Nacht (Zoom!)“, mit dem die Klaus-Lage-Band in den deutschen Charts landete, sollte erst drei Jahre später herauskommen. Auch als Ulrich Tukur mit seiner Floyd-Floodlight-Foyer-Band unterm orangefarbenen Segel der Kreissparkassenbühne auftrat, war er noch kein berühmter Schauspieler und Musiker. Dass er öfter in Backnang war, hat mit Ulrich Mayer zu tun, der aus dem Rems-Murr-Kreis stammt. Die beiden lernten sich als Studenten in Tübingen kennen. Auf einem Foto, das in Erlekamms Buch „Backnanger Straßenfest. Erfolgsgeschichte des ersten deutschen Straßenfests“ abgedruckt ist, ist Tukur am Akkordeon zu sehen und Ulrich Mayer am Banjo. „Der Auftritt beim Backnanger Straßenfest war in den frühen 80er-Jahren, 1981 oder 1982, denke ich“, sagt Mayer. „Die Besetzung neben Ulrich Tukur am Akkordeon war ich am Banjo, Stefan Blaich, Geige, und ein Tubaspieler aus Unterweissach mit dem Spitznamen ,Quaddl‘.“ Beim aktuellen Ensemble Ulrich Tukur & Die Rhythmus Boys spielt nur noch Ulrich Mayer mit. „Mit Tukur war dies das einzige Konzert beim Straßenfest. Ich war dann noch einmal mit der Rock’n’Roll-Band Vibrating Vince and the Ventilators dort“, so Mayer.
In den Anfangsjahren des Festes zeigten sich Organisatoren und Musiker überaus experimentierfreudig. Unvergessen ist ein Auftritt von Wolfgang Dauner mit seinem Etcetera-Ensemble. Dazu heißt es in Erlekamms Straßenfest-Buch: „Schon 1972 kam es zu einem sensationellen Auftritt von Wolfgang Dauners ,Etcetera‘, als der große Meister mitten im Konzert (wie geplant) vor erstauntem Publikum mittels Hammer und Axt das Klavier zerlegte. Dieses Happening war vom musikalischen Berater und Musiker Hans Kumpf vermittelt worden.“
Noch viele weitere Künstler haben „als Zugpferde das Straßenfest überregional noch bekannter gemacht, als es eh schon war“, sagt Erlekamm. Anne Haigis (2002), Bill Ramsey (1980), die Pastorin und Gospelsängerin Maxine Howard (1988), das Schnuckenack-Reinhardt-Quintett (1975) gehören dazu. Freilich trat auch die Formation des ersten Nachwuchsfestivalgewinners, die Wolle-Kriwanek-Band mit Gitarrist Paul Vincent, immer wieder beim Straßenfest auf. Noch ein paar Namen gefällig? Die Barrelhouse Jazzband, Deutschlands erfolgreichste Band des traditionellen Jazz (New-Orleans-Stil, Swing), war 1977 da, Oscar Kleins Bluesmen traten 1979 in Backnang auf, Kustbanded aus Schweden spielten 1980 in der Straßenfest-Metropole und das Trevor Richards New Orleans Trio (USA/GB) war 1983 beim Fest mit dabei.
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Der Zapfenstreich gestern Abend hat das Backnanger Straßenfest offiziell beendet, die erste Bilanz zum Fest fällt durchweg positiv aus:Keine größeren Polizeieinsätze, ausverkaufte Stände, gut besuchte Bühnen und vor allem eine gute Stimmung sind das Fazit der Organisatoren.
Der Zapfenstreich gestern Abend hat das Backnanger Straßenfest offiziell beendet, die erste Bilanz zum Fest fällt durchweg positiv aus:Keine größeren Polizeieinsätze, ausverkaufte Stände, gut besuchte Bühnen und vor allem eine gute Stimmung sind das Fazit der Organisatoren.
Wenn die Organisatoren selbst über das Straßenfest laufen, haben sie auf alles einen ganz anderen Blick, als die Besucherinnen und Besucher. Von fehlenden Stromkabeln bis zu Streitigkeiten unter Standbetreibern. Zeit, um das Straßenfest selbst zu genießen, bleibt wenig.
Wenn die Organisatoren selbst über das Straßenfest laufen, haben sie auf alles einen ganz anderen Blick, als die Besucherinnen und Besucher. Von fehlenden Stromkabeln bis zu Streitigkeiten unter Standbetreibern. Zeit, um das Straßenfest selbst zu genießen, bleibt wenig.