Backnang: Neue Ausstellung im Helferhaus
Ab Sonntag ist im Helferhaus in Backnang eine Ausstellung mit Werken des Malers und Architekten Klaus Fischer zu sehen. Sie zeigt Gemälde, in denen das komplexe Spiel von Licht und Schatten auf anonyme Orte und Figuren trifft.
Von Kai Wieland
Backnang. Eine nüchterne Abfolge grauer Stufen, eine Handvoll gesichtsloser Personen – detailüberladen scheinen die Gemälde des in Aalen geborenen Künstlers Klaus Fischer auf den ersten Blick wahrlich nicht zu sein. Je länger man aber vor ihnen steht und sich in den Schattenwürfen verliert, im Glanz des Lichts der Fensterscheiben nächtlich beleuchteter Häuser und im raffinierten Zusammenspiel sich überlagernder Ebenen, desto mehr gewinnen sie an Tiefe und auch an Lebendigkeit. Ab Sonntag sind sie im Rahmen einer Ausstellung im Backnanger Helferhaus zu sehen.
„Ich bin in dieser Hinsicht ein totaler Gegensatz zu den Impressionisten“, erklärt Klaus Fischer. „Die Atmosphäre eines ganz bestimmten Augenblicks, eines ganz bestimmten Ortes in einem ganz bestimmten Licht... das interessiert mich überhaupt nicht.“ Tatsächlich geben seine Darstellungen von Treppen, Straßen und Plätzen nur selten Aufschluss über deren reale Vorbilder – sofern es diese überhaupt gibt. Sie erscheinen reduziert bis auf das Skelett, sind vor allem noch als Formen, Flächen und Strukturen erkennbar.
Häufig handle es sich um Fotocollagen verschiedener Orte und Momente, welche die Grundlage seiner Werke bildeten, verrät der 64-Jährige. Oftmals sind es Ansichten von oben, was den unpersönlichen, bisweilen kühlen Eindruck der Gemälde noch verstärkt. „Es ist wie der distanzierte Blick einer Kamera, mit dem Anonymität hergestellt wird“, sagt Klaus Fischer. „Das ist der Gegenentwurf zum persönlichen Schaffen mit dem Individuum, wie es zum Beispiel bei Porträts der Fall ist.“
Mit diesem nahen, persönlichen Blick hat sich der Künstler zuvor über viele Jahre hinweg intensiv beschäftigt, ehe er sich zunehmend dem Reiz des Distanzierten hingab, der die Ausstellung im Helferhaus dominiert. Seit 20 Jahren ist die Malerei Fischers Metier, zuvor war er nach einem Studium in Stuttgart als Architekt tätig – ein Hintergrund, der mit seinen Bildern gut in Einklang zu bringen ist. „Gewisse strukturale Dinge lassen meinen Werdegang durchscheinen, das kann man bestimmt in Verbindung bringen“, bestätigt er. Allerdings sehe er sich trotzdem viel mehr als Maler, der Farbflächen herausarbeite.
Überlagerung von Ebenen
In der Tat ist es dieser Appetit auf Flächen und Ebenen sowie auf deren Wechselwirkung, der die Gemälde prägt und auch auszeichnet. Es werden Ebenen übereinandergelegt und das komplexe Spiel zwischen diesen ausgearbeitet. Das zeigt sich beispielsweise daran, wie sich der Schatten einer Person an einer Treppe bricht, sich in Teilen mit dem Schatten der Stufe vereint und dadurch dunkler wird. „Dadurch entsteht eine ungeheure Räumlichkeit“, erklärt der Maler.
Dabei gehe es ihm allerdings nicht zwingend darum, ein möglichst wirklichkeitsgetreues Abbild zu erzeugen. „Ich bin kein Fotorealist“, betont Klaus Fischer. „Es wäre für mich reizlos, eine Fotografie möglichst genau nachzumalen. Dieses Spiel zwischen den Ebenen selbst auszuarbeiten ist sehr komplex, aber das macht es eben auch unheimlich spannend und war mir wichtig.“
Manche Elemente sind rein malerischer Natur
Licht und Schatten spielen dabei stets eine zentrale Rolle und bilden gewissermaßen die Kräfte, die Dynamik in die Szenerie bringen. Wer sich allerdings dazu verleiten lässt, darin eine inhaltliche Metaphorik zu sehen, wird mitunter Mühe haben, die ansonsten unverbindlichen Kompositionen zu deuten. Zwar will Klaus Fischer den Spielraum für Interpretation völlig offenhalten, er gibt aber doch zu bedenken, dass es neben einer erzählerischen, inhaltlichen Ebene eben auch ein rein malerische gebe. Und diese ist für den Künstler offenkundig ein wichtiger Orientierungspunkt bei der Suche nach Themen. „Diese reduzierte Farbigkeit bei der Arbeit mit den Schatten hat für mich einen totalen Reiz entwickelt“, erklärt er. „Das hat dann zu den Nachtbildern geführt.“
Der Mensch als Moment der Irritation
Ein Hochhaus bei Dunkelheit mit beleuchteten Fenstern und Balkonen, ein frei stehendes Wohnhaus, einmal bei nachmittäglicher Gewitterstimmung und einmal im Grau einer wolkenverhangenen Nacht: Auch die Serie der Nachtbilder lebt vom Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit.
„Die Bilder sind kompositorisch ähnlich, also in der Art, wie sich Helligkeiten und Schatten verteilen“, erklärt der Künstler, der gerne mit Acrylfarben arbeitet, weil diese schnell trocknen, was beim flächigen Malen von Vorteil ist. Bei diesen Bildern zeige sich ganz deutlich, wie sehr der Eindruck einer Farbe von deren Umgebung abhänge: „Eigentlich ist die Beleuchtung der Fenster ein ganz schmutziges Eierschalengelb, wenn man es vor einer weißen Leinwand sehen würde. In dunkler Umgebung bekommt es aber etwas geradezu Glänzendes.“
Die Serie der Nachtbilder ist ebenso wie die der Treppen und Plätze oder Labyrinthe – surreal anmutende Collagen, in denen sich Personen zwischen containerartigen Gebilden tummeln – nicht abgeschlossen. „Teilweise liegen Jahre zwischen den Werken, darin spiegelt sich auch meine sich kontinuierlich verändernde Herangehensweise“, sagt Klaus Fischer. Lediglich ob eine seiner jüngsten Serien, die Wälder in verschiedenen Jahreszeiten zeigt, eine Fortsetzung findet, vermag er noch nicht zu sagen.
Diese bricht überhaupt etwas aus, zeigt das flächige Weiß von Schnee und das saftige Grün des Frühlings. Zwischen dem Geäst verstecken sich aber auch hier stets anonyme menschliche Figuren, bisweilen erst auf den zweiten Blick erkennbar. „Der Mensch erscheint als Moment der Irritation“, erläutert Fischer. Der Überlagerung von Flächen, Schatten und Formen bleibt er indessen auch im Unterholz treu.
Ausstellung und Termine Die Ausstellung dauert von 15. Oktober bis 19. November, die Vernissage findet am Sonntag um 11.30 Uhr statt. Die Einführung übernimmt Ulrich Olpp. Die Finissage mit Künstlergespräch und Führung beginnt am 19. November um 16 Uhr. Das Helferhaus ist von Dienstag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr, samstags von 11 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt zur Ausstellung und zu den Veranstaltungen ist frei.