Der Verein Kultur in Oppenweiler organisiert Wohnzimmerkonzerte
Wohnzimmerkonzerte bieten die Möglichkeit, Musikerinnen und Musiker einmal ganz nah zu erleben. Der Verein Kultur in Oppenweiler hat im Frühjahr 2023 sein erstes Konzert dieser Art veranstaltet. Am vergangenen Wochenende ist das zweite ausgerichtet worden.
Von Uta Rohrmann und Melanie Maier
Oppenweiler. Der Weg zum Konzertabend ist ungewöhnlich: Der Ort des Geschehens liegt inmitten eines Wohngebiets in Oppenweiler. Das Haus von Gabriele und Hagen Hofmeister, in dessen Wohnzimmer die Gruppe Vocal Affair in Kürze auftreten wird, ist einladend beleuchtet. Rund 40 Gäste erwarten die beiden, darunter auch einige, die sie noch nicht kennen. Wer sich das Konzert anschauen möchte, muss allerdings eine Anmeldung vorweisen. Sonst könnte es passieren, dass kein Platz mehr in dem geräumigen Wohnzimmer ist.
Der Auftritt von Vocal Affair ist bereits das zweite Wohnzimmerkonzert, dass der Verein Kultur in Oppenweiler organisiert hat. Im Frühjahr 2023 trat der Schorndorfer Musiker Dietmar Bärtele unter seinem Künstlernamen Bluebaer im Wohnzimmer von Gert Braunstein auf. Der Vereinsvorsitzende selbst hatte vorher noch nie ein Wohnzimmerkonzert miterlebt, „das gab es nicht bei uns in der Umgebung“. Also wurde er mit dem Verein aktiv. „Wir wollten das einfach mal ausprobieren“, erklärt er. Die Musik von Dietmar Bärtele beschreibt Gert Braunstein als experimentell. Der Musiker improvisiert zu projizierten Videos auf der Gitarre. So entsteht eine von elektronischen Sounds geprägte audio-visuelle Klangreise. Wegen einer Parallelveranstaltung in der Gemeinde seien im vergangenen Jahr zwar nur etwa 15 Besucherinnen und Besucher da gewesen, so Braunstein. Bei ihnen kam das Konzert in kleiner Runde dafür gut an.
Der Flügel wurde frisch gestimmt
Auch an diesem Abend ist die Stimmung sehr gut und das schon vor Veranstaltungsbeginn. Nach einer freundlichen Begrüßung geht es unmittelbar in den Küchen- und Esszimmerbereich, wo Snacks und Getränke vorbereitet sind. Gert Braunstein und seine Frau Verena unterstützen die Gastgeber zum Beispiel, indem sie hinter der Küchentheke stehen und Getränke verkaufen. Denn insbesondere Gabriele Hofmeister ist sehr beschäftigt: Sie ist nicht nur Gastgeberin, sondern auch Teil des Vokalensembles, das gleich auftreten wird. „Ich hätte auch privat ein Wohnzimmerkonzert veranstaltet, aber mit dem Verein ist es natürlich einfacher“, sagt sie. „Die Veranstaltung konnte besser beworben und organisiert werden – zum Beispiel haben wir über den Verein noch viele Stühle bekommen.“ Der Sängerin ist es wichtig, dass die Gruppe Vocal Affair, die wöchentlich in Waiblingen probt und sonst eher im Raum Ludwigsburg auftritt, auch in Oppenweiler und der Umgebung noch ein wenig bekannter wird.
Um ihr Wohnzimmer in einen Konzertsaal zu verwandeln, haben die Hofmeisters eine Woche lang Großputz gemacht. Der Flügel wurde frisch gestimmt und auf der „Bühne“ platziert für die spätere Nutzung. Stühle wurden aufgestellt, die betagteren Gäste dürfen sich aufs Sofa setzen.
Als alle Platz genommen haben, macht sich die achtköpfige Künstlergruppe bereit – in Puschen und Socken. Anders als sonst werden der Gesang und das Gitarrenspiel der fünf Frauen und drei Männer hier nicht elektronisch verstärkt. Doch die Lautstärke ist in dem Raum genau richtig. Mit ihren eindrucksvollen Stimmen erfüllen die Sängerinnen und Sänger das Wohnzimmer. Los geht es schwungvoll mit dem Hit „I’m So Excited“ der Pointer Sisters von 1982. Und auch danach stehen vor allem international bekannte englischsprachige Songs auf dem Programm, zum Beispiel „Heartbreaker“ der Popgruppe Bee Gees oder auch „Dance with Somebody“ von Whitney Houston.
Die Gruppe strahlt pure Lebensfreude aus
„Wir haben immer Spaß“, sagt Gabriele Hofmeister und das glaubt man ihr aufs Wort. Die Gruppe strahlt pure Lebensfreude aus und der Funke springt von Anfang an aufs Publikum über. An wenigen Stellen setzt die Gruppe Requisiten ein. So tragen die Herren bei „Ring of Fire“ von Johnny Cash Cowboyhüte. Fast komödiantisch wird es, als Gabriele Hofmeister mit ihrem begeisterten Gesang bei dem Stadionlied „We Are the Champions“ kein Ende findet – bis ihr Nachbar ihr dezent den Mund zuhält.
Sogar die eigentlich banale Ansage „20 Minuten Pause – bis gleich!“ wird zu einem kleinen musikalischen Highlight – mehrstimmig harmonisch intoniert. Und gleich nach der Pause wartet mit dem Soloauftritt der Gastgeberin mit dem „Problemlied“ eine kleine Überraschung: Sie singt auf Deutsch.
So locker und fröhlich die Songs auch rüberkommen – man ahnt, dass hinter dem Vortrag auf hohem künstlerischen Niveau auch eine ganze Menge Arbeit stecken muss. Für Chorleiter und Pianist Rodolfo Guzmán, der als Musiklehrer am Gottlieb-Daimler-Gymnasium in Cannstatt tätig ist, ist deren Wandlungsfähigkeit ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Lieder. Bevor die Songs den Weg in die Chorprobe finden, setze er sich stets an den Computer, um neue Arrangements zu kreieren, erzählt er. Ein Paradebeispiel dafür sei der Abba-Song „I Have a Dream“, der an diesem Abend schnell und in Moll vorgetragen wurde.
Nicht nur das Publikum ist nach dem Auftritt begeistert, auch Gert Braunstein ist zufrieden. „Die eingängige Musik von Vocal Affair kam gut an“, sagt er. Ob es in diesem Jahr noch weitere Wohnzimmerkonzerte geben wird, das stehe momentan noch nicht fest, berichtet er. Je nach Nachfrage könnten die Konzerte auch im Rentamtskeller in Oppenweiler stattfinden, wo mehr Platz für Publikum ist. Denn auch für diesen Abend gab es schon eine Warteliste. Doch ganz vom Tisch sind die Wohnzimmerkonzerte damit nicht. „Irgendwann wird es bestimmt wieder eines geben“, sagt Gert Braunstein. „Für uns ist das einfach ein weiterer Spielraum in einer vergleichsweise kleinen Gemeinde.“ Den intimen Rahmen könne man dazu nutzen, um noch relativ unbekannte Musikerinnen und Musiker vorzustellen. „Wenn wir wenige Zuschauer erwarten, ist ein großer Spielort auch nicht so sinnvoll“, sagt er. Außerdem bieten die Auftritte vor Sofa und Esszimmertisch den Zuhörerinnen und Zuhörern die seltene Möglichkeit, Bands und Künstler einmal ganz nah zu erleben – ein Erlebnis, das man sicherlich nicht so schnell vergisst.
Verein Der 2015 gegründete Verein Kultur in Oppenweiler veranstaltet Konzerte, Vorträge, Ausstellungen und Events gemeinsam mit örtlichen und regionalen Kunstschaffenden, teilweise in Zusammenarbeit mit anderen lokalen Vereinen.
Ausflug Zudem lädt der Kulturverein zum gemeinsamen Besuch von interessanten regionalen Veranstaltungen ein. Der nächste Ausflug führt in die Ausstellung „Die fabelhaften Abenteuer von Lurchi und Mecki“ im Kleihues-Museum in Kornwestheim (www.museum-kleihues-bau.kornwestheim.de) und findet am Sonntag, 4. Februar, statt. Mehr Informationen findet man unter www.kultur-in-oppenweiler.de. Anmelden kann man sich bei Gert Braunstein unter der Telefonnummer 0170/2122725 oder per E-Mail an mail@kultur-in-oppenweiler.de.